Ferdinand Gregorovius
Corsica
Ferdinand Gregorovius

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Text des zweiten Vôcero in dieser Reihe.

        Eo partu dalle Calanche
Circa quattr' ore di notte:
Mi ne falgu cu la teda
A circà per tutte l'orte,
Per truvallu lu mio vabu:
Ma li avianu datu morte.

Cullatevene più in su,
Chi truvarete a Matteju;
Perchè questu è lu mio vabu.
E l'aghiu da pienghie eju.

Via, pigliatemi u scuzzale
La cazzola e lu martellu.
Nun ci vulete anda, vabu,
A tvavaglià a San Marcellu?
Tombu m'hann lu mio vabu,
E feritu u mio fratellu.

Or circatemi e trisore,
E qui prestu ne venite:
Vogliu tondemi i capelli
Per tuppalli le ferite;
Chi di lu sangue di vabu
N'achiu carcu le mio dite.

Di lu vostru sangue, o vabu,
Bogliu tinghiemi un mandile;
Lu mi vogliu mette a collu
Quandu avrachiu oziu di ride.

Eo collu per le Calanche
Falgu per la Santa Croce,
Sempre chiamanduvi, vabu:
Rispunditemi una voce.
Mi l'hann crucifissatu
Cume Ghesù Cristu in croce.

Ich habe den Text dieses Vôcero mitgeteilt, damit sich aus einem Ganzen ein Urteil über den corsischen Dialekt bilden lasse und der Kundige im Stande sei, ihn mit dem Italienischen zu vergleichen. Ich finde eine nicht geringe Aehnlichkeit zwischen dem Dialekte Corsica's und dem römischen, wie er in Trastevere gesprochen wird. Aber überhaupt ist den italienischen Volksmundarten die Eigenschaft gemein, die Verbalendungen are und ire abzuschleifen oder abzuplatten, ferner oft das l in r zu verwandeln. Der Corse sagt auch soretra statt sorella. Durchgehend ist die Neigung der corsischen Mundart, den Vocal o in das u abzudämpfen. Sprachkenner haben es ausgesprochen, daß der corsische Dialekt einer der reinsten unter denen Italiens sei, und besonders rühmt ihn Tommaseo in seiner Sammlung toscanischer, corsischer und griechischer Volkslieder, in welcher er auch die Vôceri, aber ziemlich verstümmelt, aufgenommen und erläutert hat. Er nennt in diesem Buch das Corsische eine mächtige Sprache und einen der am meisten italienischen Dialekte Italiens. Mich dünkt sie ächtes Gold gegen das Patois der Piemontesen und Lombarden und die Mundarten von Parma und Bologna. Schon aus dem mitgeteilten Klageliede wird man erkannt haben, daß die corsische Sprache, wiewol eine platte Mundart, doch weich und graziös ist.


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