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Pasquale Paoli.
Il cittadin non la città son io. |
Timoleon des Alfieri. |
Nachdem Pasquale mit seinem Bruder Clemens und seinen Genossen Corsica verlassen hatte, bemächtigten sich die Franzosen leicht der ganzen Insel. Nur einzelne Guerillabanden setzten in den Bergen den Kampf fort. Unter ihnen verdient ein edler Kämpfer für die Freiheit die Bewunderung der Nachwelt. Es war der arme Pfarrer von Guagno, Domenico Leca, aus der alten Familie Giampolo's. Er hatte auf das Evangelium geschworen der Freiheit treu zu bleiben und eher zu sterben als vom Kampf zu lassen. Wie nun alles Land sich unterworfen hatte und der Feind ihn aufforderte, die Waffen niederzulegen, erklärte er, daß er an seinem Eide sich nicht versündigen könne. Er entließ diejenigen von seiner Gemeinde, welche ihm nicht länger folgen wollten, und warf sich mit seinen Treuen in die Berge. Noch Monate hindurch kämpfte er hier, doch nur wenn man ihn angriff, und so oft verwundete Feinde in seine Hände fielen, pflegte er sie aus christlicher Barmherzigkeit. Nie that er jemand ein Leid anders als im ehrlichen Kampf. Die Franzosen forderten ihn auf, herabzukommen, daß er ungekränkt in seinem Dorf leben möge. Der Pfarrer von Guagno aber irrte in den Bergen, denn er wollte frei sein, und nachdem er von allen verlassen war, fristeten ihm Ziegenhirten das Leben. Eines Tags fand man ihn todt in einer Höle, wo er zu seinem Herrn eingegangen war, müde und kummervoll und als ein freier Mann. – Ein Blutsverwandter Paoli's und Freund Alfieri's, Giuseppe Ottaviano Savelli hat das Andenken des Pfarrers von Guagno in einem lateinischen Gedicht verherrlicht, welches heißt Vir nemoris der Mann vom Walde.
Auch andere Corsen, welche in die Verbannung nach Italien gegangen waren, landeten hie und da, und versuchten wie ihre Väter Vincentello, Renuccio, Giampolo und Sampiero in alten Zeiten gethan, die Insel zu befreien. Es gelang ihnen nimmer. Viele Corsen schleppte man in die Kerker, viele warf man in die Galeren zu Toulon. als wären diese Männer Heloten, die sich gegen ihre Herren empört hatten. Abbatucci, einer der letzten, welche in Waffen geblieben waren, durch falsche Anklagen des Hochverrats geziehen, wurde in Bastia zur Brandmarkung verurteilt. Als er auf dem Hochgerüst saß, wagte der Henker nicht ihm das glühende Eisen anzulegen. Thue deine Pflicht! rief ein französischer Richter – der Henker kehrte sich zu diesem und streckte das Eisen gegen ihn aus, als wollte er den Richter brandmarken. Später ward Abbatucci freigesprochen.
Unterdeß war auf den Grafen de Vaux im Commando Corsica's Marbeuf gefolgt. Seine Verwaltung war wolthätig; die bürgerlichen Gesetze der Corsen, ihre Statuten, blieben bestehn, die Zwölfmänner wurden wieder eingesetzt und für eine bessere Gerichtsbarkeit gesorgt. Auch suchte man Industrie und Ackerbau im ganz verarmten Lande zu heben. Nachdem Marbeuf 16 Jahre lang Corsica regiert hatte, starb er in Bastia im Jahre 1786.
Sobald nun die französische Revolution ausgebrochen war, verschlang die ungeheure Bewegung alle besonderen Angelegenheiten der Corsen, und diese freiheitsliebenden Männer warfen sich mit Begeisterung in den Strom der neuen Zeit. Der Abgeordnete Saliceti hatte den Vorschlag gemacht die Insel Frankreich einzuverleiben, daß sie an seiner Verfassung Teil nähme. Das geschah durch Decret der gesetzgebenden Versammlung vom 30. November 1789, und allgemeine Freude erhob sich darüber in Corsica. Verwundersam war der Umschlag und der Widerspruch der Dinge. Dasselbe Frankreich, welches 20 Jahre früher seine Heere ausgesendet hatte, um die Freiheit der Corsen zu vernichten, hatte jetzt deren Verfassung auf den Tron erhoben.
Die Revolution traf Pasquale noch im Exil. Er war nämlich zuerst nach Toscana gegangen und von dort nach London, wo er mit Ehren empfangen ward. Paoli kam nach England geräuschlos; der edle Bürger, welcher Europa auf der neuen Bahn vorangeschritten war, verlor sich still in seinem Haus in der Oxfordstraße. Er hielt keinerlei pomphafte Declamationen. Er wußte nur als Mann zu handeln, und wenn er es nicht mehr durfte, in stolzer Würde zu schweigen. Hatte doch selbst ein Schüler in Corte einmal von ihm gesagt: »Wenn man die Freiheit durch bloße Reden gewönne, so wäre alle Welt frei.« Als Napoleon vom Bord des Bellerophon das Gastrecht Englands anrief, als ächter Corse seine letzte Zuflucht in der Gastlichkeit suchend, verglich er sich mit dem Schutz suchenden Themistocles. Er hatte nicht das Recht sich mit dem großen Bürger Griechenlands zu vergleichen; jener Themistocles in der Fremde war Pasquale Paoli.
Hier sind ein paar Briefe aus jener Zeit.
Paoli an seinen Bruder Clemens
(welcher in Toscana geblieben war).
London, 3. October 1769. Ich habe keine Briefe von dir erhalten. Ich fürchte, sie sind unterschlagen, denn die Feinde sind dabei flink . . . Ich bin vom König und von der Königin wol empfangen. Die Minister haben mich besucht. Diese Aufnahme hat einigen fremden Botschaftern mißfallen: ich höre, daß sie bei diesem Hof reclamirt haben. Ich habe versprochen Sonntag aufs Land zu gehen den Herzog von Glocester zu besuchen, welcher uns sehr zugethan ist. Ich hoffe für den Unterhalt der Unsrigen dahier etwas zu erlangen, wenn Wien nichts thut. Diesen gehn jetzt die Augen auf, sie erkennen die Wichtigkeit Corsica's. Der König hat mit mir angelegentlich von der Sache gesprochen: meine Person selbst betreffend hat mich seine Güte verwirrt. Der Empfang bei Hof hat mir fast den Unwillen der Opposition zugezogen, so daß einige von ihnen angefangen haben, Satiren gegen mich zu schleudern. Die Feinde suchten sie zu ermutigen, indem sie mit geheimnißvoller Miene aussprengten, daß ich das Vaterland verkauft habe; daß ich mit französischem Geld ein Gut in der Schweiz erworben habe, daß unsere Güter von den Franzosen nicht angetastet würden; daß sie mit diesen Ministern im Einverständniß seien, weil auch sie an Frankreich verkauft wären. Doch glaube ich, daß jetzt jeder aufgeklärt sein wird; und jeder billigt meinen Entschluß in kein Parteigetriebe mich einzulassen; aber wol das zu fördern was mir geziemt, und worin sich alle in Einklang setzen können ohne Einbuße an ihren persönlichen Rücksichten.
Schicke mir ein genaues Verzeichniß von allen Unsern, die in die Verbannung gegangen sind; man muß nicht Kosten scheuen: und schicke mir Nachrichten von Corsica. Die Briefe müssen unter der Zuschrift an Privatfreunde gehen, sonst erreichen sie mich nicht. Ich erfreue mich einer vollkommenen Gesundheit. Dieses Clima scheint mir bis jetzt sehr gelinde.
Die Campagna ist immer ganz grün. Wer sie nicht sieht kann keine Vorstellung von Frühling und Lieblichkeit haben: der Boden Englands ist gekräuselt wie die Meereswellen, wenn der Wind sie leicht bewegt. Die Männer leben hier, obschon sie von politischen Parteien erregt sind, was Händel anbetrifft, als wären sie die innigsten Freunde: sie sind menschenfreundlich, verständig, groß in allen Dingen; und sie sind glücklich unter einer Verfassung, welche nicht besser sein kann. Diese Stadt ist eine Welt; und sie ist ohne Zweifel die schönste von allen zusammengenommen. Durch ihren Fluß scheint jeden Augenblick eine Flotte einzulaufen: ich glaube daß Rom weder größer noch reicher war. Aber was bei uns nach Paoli gerechnet wird, wird hier nach Guineen, das ist Louisdor's gerechnet. Ich habe nach einem Wechsel geschrieben, ich habe nichts von Unterstützungen für mich hören wollen, bevor ich nicht weiß was sie über die Andern beschlossen haben; aber ich weiß daß sie gute Absichten hegen. Im Fall daß man laviren muß wenn sie jetzt nicht können, wollen sie beim ersten Kriege bereit sein. Ich grüße alle; lebt glücklich und denkt nicht an mich.«
Catharina von Rußland an Pasquale Paoli.
Mein Herr General von Paoli!
St. Petersburg, 27. April 1770. Ich habe Ihren Brief aus London vom 15. Februar erhalten. Alles was der Graf Alexis Orlofs Sie von meinen guten Absichten für Sie mein Herr hat wissen lassen, ist eine Folge der Gefühle, welche mir Ihre Seelengröße und die hochherzig edle Weise eingeflößt haben, mit der Sie Ihr Vaterland verteidigten. Das Einzelne Ihres Aufenthaltes in Pisa ist mir bekannt. Es enthält unter andern auch die Achtung aller derer, welche Gelegenheit hatten Sie kennen zu lernen. Das ist der Lohn der Tugend, in welcher Lage immer sie sich finden mag. Seien Sie versichert, daß ich stets die lebhafteste Teilname für die Ihrige empfinden werde.
Der Grund Ihrer Reise nach England war eine natürliche Folge Ihrer Grundsätze gegen Ihr Vaterland. Es mangelt Ihrer guten Sache nichts als die günstigen Umstände. Die natürlichen Vorteile unseres Reiches mit denen von Großbritannien so verbunden wie sie sind, die wechselseitige Freundschaft der beiden Nationen, die daraus folgt; die Aufnahme, welche meinen Flotten deshalb geworden ist; die welche meine Schiffe im Mittelmeer und der Handel Rußlands von einem freien Volk, das dem meinigen befreundet ist, würden zu erwarten haben, sind Beweggründe, welche Ihnen nur günstig sein können. Also können Sie mein Herr versichert sein, daß ich die Gelegenheiten nicht außer Acht lassen werde, welche sich darbieten können, um Ihnen alle die guten Dienste zu leisten, welche die Umstände erlauben werden.
Die Türken haben mir den ungerechtesten Krieg erklärt, der vielleicht je ist erklärt worden. Ich kann mich in diesem Augenblick nur verteidigen. Der Segen des Himmels, welcher bis jetzt meine gute Sache begleitet hat, und welchen mir zu erhalten ich Gott bitte, zeigt hinlänglich, daß die Gerechtigkeit nicht für lange unterliegt, und daß die Geduld, die Hoffnung und der Mut in der Welt voll schwierigster Lebenslagen zum Ziele kommen. Ich empfange mit Vergnügen mein Herr die Versicherungen der Anhänglichkeit, welche Sie mir schenken wollen, und ich bitte Sie der Achtung versichert zu sein, mit welcher ich bin
Catharina.
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Zwanzig lange Jahre hatte Paoli in London als Verbannter gelebt, da rief man ihn in sein Vaterland zurück. Die Corsen schickten ihm Abgeordnete, und die französische Nationalversammlung lud ihn durch ein Schreiben zur Rückkehr ein.
Am 3. April 1790 kam er zum ersten Mal nach Paris. Als der Washington Europa's wurde er hier gefeiert, Lafayette war stets an seiner Seite. Mit stürmischem Zuruf und prächtigen Reden empfing ihn die Nationalversammlung, in deren Mitte er sich begab. Er sprach zu ihr diese Worte:
»Meine Herren, dieser Tag ist der schönste und glücklichste meines Lebens. Ich habe es hingebracht im Streben nach der Freiheit, und ihr edelstes Schauspiel finde ich hier. Ich habe mein Vaterland in der Sclaverei gelassen, jetzt finde ich es in der Freiheit. Was bleibt mir noch zu begehren übrig? Nach einer Abwesenheit von zwanzig Jahren weiß ich nicht, welche Veränderung die Unterdrückung unter meinen Landsleuten wird hervorgebracht haben: ach! sie hat nicht anders als verhängnißvoll sein können, weil Unterdrückung schlecht macht. Aber da ihr, wie ihr gethan habt, den Corsen die Ketten nahmt, habt ihr ihnen die alte Tugend wieder gegeben. Indem ich in mein Vaterland zurückkehre dürft ihr an meinen Gesinnungen nicht zweifeln. Ihr seid hochherzig gegen mich gewesen und ich war niemals ein Sclave. Meine vergangene Handlungsweise, welche ihr durch eure Billigung geehrt habt, bürgt auch für mein zukünftiges Handeln: mein ganzes Leben, ich darf es sagen, ist ein unverbrochner Schwur an die Freiheit gewesen: es ist darum als hätte ich schon der Verfassung geschworen, welche ihr aufgestellt habt; aber mir bleibt noch übrig ihn der Nation zu leisten, die mich zu ihrem Sohn erklärt, und dem Monarchen, den ich nun anerkenne. Das ist die Gunst, welche ich von der hohen Versammlung begehre.«
In dem Club der Constitutionsfreunde sprach Robespierre zu Paoli: »Ach! es gab eine Zeit wo wir die Freiheit in ihren letzten Asilen zu unterdrücken suchten. Doch nein! dies war das Verbrechen des Despotismus . . . das französische Volk hat es getilgt. Welche große Sühne für das eroberte Corsica und für die beleidigte Menschheit! Edle Bürger, ihr habt die Freiheit in einer Zeit verteidigt, in welcher wir nicht einmal wagten sie zu hoffen. Ihr habt für sie geduldet; ihr triumfirt mit ihr, und euer Triumf ist der unsrige. Vereinigen wir uns sie für immer zu wahren, und mögen ihre feilen Gegner bei dem Anblick dieses unseres heiligen Bundes vor Furcht erblassen.«
Noch ahnte Paoli nicht, in welche Stellung der Gang der Ereignisse ihn zu diesem Frankreich bringen würde, und daß er noch einmal als Feind ihm gegenüberstehen sollte. Er reiste nach Corsica ab. In Marseille empfing ihn wieder eine corsische Gesandtschaft, unter ihr die beiden jungen Clubführer Ajaccio's Joseph und Napoleon Bonaparte. Unter Tränen stieg er auf dem Cap Corso ans Land und küßte die väterliche Erde; im Triumf führte man ihn von Canton zu Canton. Im ganzen Lande sang man das Te Deum.
Seitdem widmete sich Paoli ganz den Angelegenheiten seines Landes als Präsident der Landesversammlung und als Generalleutnant der corsischen Nationalgarde; im Jahre 1791 übernahm er auch den Oberbefehl der Division und der Insel selbst. Obwol die französische Revolution die besondern Angelegenheiten der Corsen verstummen gemacht hatte, fingen sie sich doch zu regen an, und zumeist mußten sie es in der Seele Paoli's, dessen oberste Tugend der Patriotismus war. Er konnte nimmer in einen Franzosen sich verwandeln, noch es je vergessen, daß sein Volk seine Selbständigkeit und eigene Verfassung gehabt hatte. Es bildete sich bald eine Spannung zwischen ihm und einigen Parteien; die einen waren aristokratisch und französisch gesinnt, wie Gaffori, Rossi, Peretti und Buttafuoco; die anderen waren leidenschaftliche Demokraten, welche das Glück der Welt nur in dem Strudel der französischen Revolution sahen, wie die Bonaparte, Saliceti und Arena.
Die Hinrichtung des Königs und das wilde Treiben der Volksmänner verwundete den Humanisten Paoli. Allmälig brach er mit der Revolution, und dieser Bruch ward offen sichtbar, nach der verunglückten Unternehmung, welche Frankreich von Corsica aus gegen Sardinien machte und deren Scheitern man ihm zur Last legte. Seine Gegner hatten ihn und Pozzo di Borgo, den Generalprocurator, angeklagt, daß er die Insel von Frankreich losreißen wolle.
Der Convent lud ihn vor, aber Paoli gehorchte nicht dem Decret, sondern er wies in einem würdigen Schreiben die Beschuldigungen zurück und beklagte sich, daß man einen hochbejahrten Mann und einen Märtirer der Freiheit vor Gericht lade. Schreiern und Schauspielern sollte ein Paoli sich stellen, um dann sein greises Heldenhaupt unter das Messer der Guillotine zu legen? sollte dies das Ende eines so thatenreichen und edeln Lebens sein?
Seine Weigerung führte nun wirklich den Abfall Paoli's und der Paolisten von Frankreich herbei. Die Commissäre reisten ab, und auf ihre Berichte erklärte der Convent Paoli des Hochverrates schuldig und stellte ihn außerhalb des Gesetzes. Die Insel spaltete sich in zwei feindliche Heerlager, Patrioten und Republikaner, und es kam bereits zum Kampf.
Unterdeß hatte Paoli den Plan gefaßt die Insel unter den Schutz Englands zu stellen – nichts konnte ihm näher liegen – er hatte mit dem Admiral, welcher vor Toulon lag, Abrede getroffen, und Hood machte sich mit seinen Schiffen gegen Corsica auf. Er landete bei S. Fiorenzo am 2. Februar 1794. Diese Festung fiel nach einer heftigen Beschießung, und ebenso ward Bastia eingenommen, nachdem der General Antonio Gentili sich ergeben hatte.
Nur Calvi, das so viele Stürme in so vielen Jahrhunderten ausgehalten, widerstand; schrecklich wüteten die englischen Bomben in der kleinen Stadt, welche fast ganz in Ruinen sank. Am 20. Juli 1794 ergab sich die Festung, ihr Oberst Casabianca schiffte sich mit seinen Truppen nach Frankreich ein. Da Bonifazio und Ajaccio schon in den Händen der Paolisten waren, so hatten die Republikaner keinen Haltpunkt auf der Insel mehr. Sie wanderten aus; Paoli und die Engländer waren Gebieter Corsica's.
Eine Landesversammlung sprach hierauf die Trennung der Insel von Frankreich aus und stellte sie unter den Schutz Englands. Aber dieses begehrte die Herrschaft. Daraus entstand ein Bruch zwischen Paoli und Pozzo di Borgo, welchen Sir Gilbert Elliot für sich gewonnen hatte. Am 10. Juni 1794 erklärten die Corsen, daß sie ihr Land mit Großbritannien vereinigen wollten, daß es aber selbständig bleiben und von einem Vicekönig regiert werden solle nach der Landesverfassung.
Paoli hatte darauf gerechnet, daß man ihn zum Vicekönig machen werde, aber er täuschte sich, denn Elliot wurde in dieser Eigenschaft nach Corsica gesandt – ein großer Mißgriff, weil dieser Mann mit dem Zustand der Insel unbekannt war, und weil man Paoli tief verwundete.
Der greise Patriot zog sich in das Privatleben zurück, und Elliot schrieb sogar an Georg III., man müsse Pasquale entfernen. So geschah es. Der König lud ihn ein, sich nach London zu begeben, um den Rest seiner Tage in Ehren am Hof zuzubringen. Paoli war in seinem Hause zu Morosaglia, als er dies Schreiben empfing. Traurig machte er sich nach S. Fiorenzo auf, schiffte sich hier ein und verließ so zum dritten und zum letzten Mal sein Vaterland, im October 1795. Der große Bürger teilte dasselbe Schicksal mit den meisten Gesetzgebern des Altertums: er starb mit Undank belohnt, unglücklich und in der Fremde. Die größten Männer Corsica's, Pasquale und Napoleon, beide sich feind, sollten auf britannischem Gebiete sterben und begraben werden.
Die Herrschaft der Engländer in Corsica, aus Landesunkenntniß verkehrt und schlimm, dauerte übrigens nicht lange. Denn sobald Napoleon in Italien Sieger geworden war, schickte er die Generale Gentili und Casalta mit Truppen ab, und kaum erschienen diese, als die Corsen, ohnehin erbittert über die Verbannung Paoli's, sich gegen die Engländer erhoben. Diese gaben in fast unerklärlicher Hast die Insel auf, von deren Volk sie eine unausfüllbare Kluft nationalen Widerspruches trennte. Schon im November 1796 war kein Engländer mehr in Corsica. So kehrte die Insel unter Frankreichs Herrschaft zurück.
Pasquale erlebte noch das Napoleonische Kaisertum. Diese Genugthuung wenigstens, einen Landsmann an der Spitze Europa's stehen zu sehn, vergönnte ihm das Schicksal. Nachdem er nochmals zwölf Jahre im Exil zu London gelebt hatte, starb er am 5. Februar 1807, im Alter von 82 Jahren, einen ruhigen Tod, einschlafend in Gedanken an sein Volk, das er so heiß geliebt hatte. Er war der älteste Gesetzgeber der europäischen Freiheit und ihr Patriarch. In seinem letzten Brief an seinen Freund Padovani sagte der edle Greis seine Laufbahn überblickend in Demut: »Ich habe genug gelebt, und wenn es mir vergönnt wäre, mein Leben noch einmal zu beginnen, würde ich das Geschenk ausschlagen, wenn es nicht begleitet wäre von der vernünftigen Erkenntniß der Vergangenheit, um die Irrtümer und Torheiten zu verbessern, die mich begleitet haben.«
Seinen Tod meldete einer der corsischen Exilirten in diesem Brief nach der Heimat:
Giacomorsi an den Herrn Padovani.
London, 2. Juni 1807. Es ist leider wahr, daß die öffentlichen Blätter nicht die Unwahrheit sagten in Betreff des Todes des armen Generals. Er legte sich nieder am 2. Februar, Montags, um 8½ Uhr Abends; und um 11½ Uhr Nachts am Donnerstage starb er in meinen Armen. Er hinterläßt für die Schule zu Corte oder für die Universität, für vier Professoren eine Besoldung von 50 Pfund Sterling aufs Jahr für jeden; und eine andere Lehrstelle für die Schule in Rostino, welche zu Morosaglia soll gegründet werden.
Am 13. Februar wurde er in S. Pancraz begraben, wohin man fast alle Katholiken bringt. Sein Leichenbegängniß wird nahe an 500 Pfund gekostet haben. Gegen die Mitte des vergangnen April ging ich und der Doctor Barnabi nach der Westmünster-Abtei um dort eine Stelle auszusuchen, wo wir ihm ein Denkmal mit seiner Büste setzen werden. –
Sterbend sagte Paoli: Meine Neffen haben wenig zu hoffen, aber ich will ihnen zum Gedächtniß und zum Trost diesen Bibelspruch vermachen: »Niemals sah ich einen Gerechten verlassen, noch seine Kinder bitten um Brod.«