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Paul Albert Bartholomé (Geboren 1848)

Wir hatten in Paris auf dem Friedhof Père Lachaise das Denkmal mit der Inschrift ›Aux Morts‹ von Bartholomé gesehen und waren davon so ergriffen worden, daß wir dem Künstler unsre Bewunderung mündlich darbringen wollten. Er lud uns auf eine Anfrage freundlich ein, und wir genossen das Glück, nahezu zwei Stunden in seiner Werkstatt zu verweilen.

Den echten und innerlich großen Meister erkannten wir, außer an seinem Werk, an seiner vornehmen Bescheidenheit. Er hatte Freude an unsrer, nicht wortreichen, Begeisterung, doch er lenkte sogleich ab auf andre Dinge der Kunst: auf die Seelenverfassung, aus der sein Werk hervorgegangen; auf die Mühe, die er sich um das Finden des geeignetsten Steines gegeben. Er hatte der Trauer um seine verlorene Gattin den höchsten ihm erreichbaren kunstverklärten Ausdruck schaffen wollen: so war ihm der Gedanke gekommen an die unwiderstehliche Gewalt des Todes und die den Tod überwindende Hoffnung auf ein Erstehen aus dem Sarge.

Man kennt Bartholomés erschütterndes und erhebendes Bildwerk, das die Stadt Paris aus edlem Sinn grade am Eingang zur Abteilung der Gräber der Armen errichtet hat, und das ohne Widerrede eins der schönsten Denkmäler neuzeitlicher Kunst ist.

Bartholomé hatte es nicht aus schimmernd weißem Marmor bilden wollen, sondern aus einem ganz schlichten, doch kunstadligen grauen festen Stein, und hatte zu diesem Zweck ganz Frankreich durchreist. Mit tiefbewegter Stimme sagte er, während der Arbeit habe er gefühlt, wie ihn der Anhauch, das verklärte Wesen seiner verstorbenen Gattin umschwebte, und wie er bei jedem Meißelschlage den heiligen Trieb empfunden habe, um ihretwillen sein Allerbestes zu geben.

Kurz vor unsrer Reise nach Paris hatte in Berlin eine Bartholomé-Ausstellung stattgefunden, und wir konnten ihm berichten, daß sie auf alle Besucher tiefen, weihevollen Eindruck gemacht habe. Was er über Deutsche Kunst und Deutsches Kunstverständnis sagte, klang so unbefangen, so frei von jeder nicht reinkünstlerischen Nebenempfindung, daß wir uns in dieser Werkstatt wie in einer entrückten Geisteswelt fühlten. Leider behält man nicht alles, was ein solcher Künstler von seiner Kunst sagt; das aber weiß ich, es war wertvoller als alles, was in den tiefgründigsten Kunstgeschichten und Ästhetiken steht.

Zum Andenken schenkte er uns ein Lichtbild seines Meisterwerks und ehrte uns durch eine liebevolle Widmung. Noch wandelt Bartholomé im Licht; wir gedenken seiner, so oft wir es anblicken, mit Liebe und Verehrung.

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