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Ein König hatte einen Sohn,
Den schickt er in die Welt auf Reisen,
Damit er, eh die Zeit entflohn,
Sich unterrichte bei den Weisen.
Er zog nach Süd, Nord, West und Ost,
Er stand vor manchem Meisterstuhle,
Und probte jeder Schule
Verdauungsfertige Kost.
Doch ach, Genügen fand er nicht,
Und tappte nach wie vor im dunkeln;
Der Weisheit allerhellstes Licht
Wollt seiner Sehnsucht nirgend funkeln.
Ob ihn die Meister hier und dort
Auch längst als reif erklärt und mündig,
Ihm fehlte kurz und bündig
Der Weisheit letztes Wort!
Den Heimweg trat er traurig an –
Da zwang ihn Wettersturm und Regen,
Bei einem armen Köhlersmann
Sich in das Nachtquartier zu legen.
Der Mann schien Philosoph zu sein,
War stets gefaßt und guter Dinge
Und achtete geringe
Was andern deuchte Pein.
Da sprach der Prinz: Du hast so viel,
Wie du erzählt, an Leid erfahren;
Wie machst dus nur, im Trauerspiel
Des Lebens dir Humor zu wahren?
Da sprach der Alte wohlgemut:
Ich denke mir bei allen Sachen
»Man muß sich nichts draus machen,
wer weiß, wozu es gut?«
Ei! rief der Prinz – das nenn ich mir
Ein wacker Sprüchlein sonder Frage.
Ich schreib es gleich auf mein Panier,
Es hilft und stärkt in jeder Lage.
Was einem auch das Schicksal tut,
Sei's noch so bös, man sprech mit Lachen:
»Man muß sich nichts draus machen,
Wer weiß, wozu es gut!« – –
Und als die Sonne stieg empor,
Ritt unser Prinz zufrieden weiter.
Da sieh! vor seiner Hauptstadt Tor
Kommt auf ihn zugesprengt ein Reiter:
O Prinz, kehr um! Dein Vater tot!
Das Reich in Usurpators Händen!
Aufruhr an allen Enden!
Du selber arg bedroht! –
Da rief der Prinz: Den Königshof
Vertausch ich mit des Waldes Räumen! –
Er ging und ward ein Philosoph,
Man sah ihn grübeln, sinnen, träumen.
Er lehrte: daß Gleichgültigkeit
Das beste Mittel sei auf Erden,
Des Glücks teilhaft zu werden
Und der
Zufriedenheit!
So lebt er viele Jahre lang
Als Eremit in Waldesmitte;
Es zog sein Ruhm, der laut erklang,
Manch weisen Mann zu seiner Hütte,
Von Jüngern eine ganze Flut
Rief bald wie er mit frohem Lachen:
»Man muß sich nichts draus machen,
Wer weiß, wozu es gut!«
Humpen her! und eingeschenkt,
So lang noch voll die Fässer!
Fröhlich Glas an Glas geschwenkt,
Beim Klingen schmeckt es besser!
Schlürft den Wein, genießt den Duft
Der goldnen Rebenblüte;
Lieblich schwängert sie die Luft
Und hebt uns das Gemüte!
Lockt zum Trinken nicht der Wein?
Zum Kusse nicht die Lippe?
Doch recht herzhaft mußt du sein,
Nicht scheu und zaghaft nippe!
Vollen Anteil jedem gib,
Abwechselnd küß und trinke;
Hält die rechte Hand dein Lieb,
Nimms Glas in deine Linke!
Darum schlürft bis auf den Grund
Die Gläser und die Lippen,
Dann, an Leib und Seel' gesund,
Umsegelt ihr die Klippen,
Die der lustgen Lebensfahrt
Sonst oft ein Ende machen –
Während ihr, eh ihr's gewahrt,
Vorüber fliegt mit Lachen!
Dem alten Geizhals Krall starb seine Frau
Im heißen Bad am Herzschlag jäh dahin.
Auch gut, sprach er und blinzte dabei schlau:
Jetzt spar ich doch die Leichenwäscherin!
Es rühmt sich Doktor Sichel stolz und frei,
Daß noch kein Kranker ihm gestorben sei!
Recht hat er, sprach sein Freund und lachte laut:
Weil noch kein Kranker sich ihm anvertraut!