Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Dritter Teil.
Neunzehntes Jahrhundert.

Franz Freiherr von Gaudy (1800-1840)

Wo bleibts?

Wo bleibt mein Geld? So ruf ich alle Tage,
Vergeblich sinnend kehr ich spät nach Haus.
Wo bleibt mein Geld? Mit dieser ewgen Frage
Schütt ich den Rest von meiner Börse aus.
Die Tasche hat kein Loch. Die harten Taler,
Wo sind sie hin? Gott weiß. In alle Welt.
Des Morgens noch ein Rothschild – abends kahler
Als eine Kirchenmaus. – Wo bleibt mein Geld?

Im Buche steht es, was ich eingenommen – –
Denn in der Ordnung treib ichs fast zu weit.
Wüßt ich nur, wie ich um mein Geld gekommen –
Und alles – in so kurzer Spanne Zeit?
Der Onkel ist splendid. Die Redakteure
Bezahlen prompt – vernimms, ungläubige Welt! –
Buchhändler zahlen mehr als ich begehre –
Ich schreibe viel – und doch: wo bleibt mein Geld?

Ich bin solide, lebe wie der Weise
Von Sanssouci – und immer sans six sous!
Ja, schweift ich dann und wann noch aus dem Gleise,
Dann trüg ich mein Geschick mit Seelenruh.
Doch so – –? Mein Zimmer ist auf gleicher Erde,
Den will ich sehn, der sich zu Hause hält
Gleich mir – wenn ich nicht just verleitet werde.
Frag nicht mit Recht ich da: wo bleibt mein Geld?

Ich spiele nie! – Dem Faro – Gott bewahre! –
Ich opfern? Nein, die Zeiten sind vorbei.
Und bieg ich nun auch ein paarmal im Jahre
Mein Kärtchen – 's ist 'ne Lumperei.
Zwar leugn' ich nicht, daß mein Gewinn nur spärlich –
Im Gegenteile: meine Karte fällt
Stets linker Hand – doch der Bankier ist ehrlich.
Das löst die Frage nicht: wo bleibt mein Geld?

Ich trinke nicht! – Eß ich auch mal einhundert
Stück Austern – nun, dafür ists Januar,
Ists Austernzeit. Und wird dazu burgundert,
Nur zur Verdauung tu ichs, das ist klar.
Daß man die Austern nicht im Mühlenbache
Kann fischen, daß ihr Preis so hoch gestellt –
's ist hart – allein das ist nicht meine Sache.
Das einz'ge frag ich nur: Wo bleibt mein Geld?

Daß ich für Mädchen mich in Schulden stürze
Fällt mir nicht ein. Sich Lieb erkaufen? Pfui!
Schenk ich Mathilde auch einmal 'ne Schürze,
'nen neuen Seidenhut, ein Parapluie,
'ne Damenuhr, 'nen echten Blondenkragen,
Und was den jungen Mädchen sonst gefällt –
Was wollen solche Lappereien sagen?
Da frag ich immer noch: Wo bleibt mein Geld?


 << zurück weiter >>