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Otto Sommerstorff (Müller: geb. 1859)

1. Elegie.

O Knopf des Hemdes! Lebensluftvergifter,
Ursache stillen Grams und lauter Wut,
Du Urquell alles Übels, Unheilstifter,
Du unverbesserlicher Tunichtgut!

Niemals verstummen wird das Weheklagen
Der Menschheit, die du tausendfach gequält,
Wo immer sich ein neu gestärkter Kragen
Dem unschuldvollen Oberhemd vermählt.

Ja, könnten sich die Seufzer all vereinen,
Die deinethalb die Menschenbrust durchbebt,
Ein Sturm entstünde, wie die Welt noch keinen,
Seit sie dem Chaos sich entrang, erlebt!

Denk ich an alle Pein und allen Jammer,
Den du mir zugefügt, verruchter Knopf,
Dann dünkt die Welt mich eine Folterkammer,
Und siedendheiß steigt mir das Blut zu Kopf.

Wie oft, wenn ich dabei war, mich zu schmücken
Zum Gang zur Kirche oder in das Amt,
Hast du mit deinen unerhörten Tücken
Mein sanftes Herz zur Raserei entflammt!

Wie oft, wenn ich das Tanzbein froh geschwungen,
Entzogst du dich verrätrisch deiner Pflicht,
Und ach! mein Kragen, seiner Haft entsprungen,
Er schnellte jählings mir ins Angesicht!

Ich habe immer deinen Druck empfunden,
Vergeblich mich dagegen aufgebäumt,
Und habe oft in schicksalsschweren Stunden
Durch dich den rechten Augenblick versäumt.

Ich habe nie das Glück beim Schopf genommen,
Es war entschwunden, eh' es mir gelacht,
Denn überall bin ich zu spät gekommen
Durch deine Bosheit, deine Niedertracht. –

Jedoch genug des Jammers und der Klage!
Die Saiten meiner Leier sind verstimmt, –
Ich schweige still, ich leide und ertrage,
Solange noch die Lebensfackel glimmt ...

Und geh' ich einst am Ende meiner Tage
Ins Land der körperlichen Schatten ein,
Dann wird für mich die Toilettenfrage
Für alle Ewigkeit erledigt sein.

Und dieser Spruch soll meine Grabschrift bilden:
Er hat »gelebt, gelitten und geliebt,
Nun wandelt er in seligen Gefilden,
Wo's keinen Schmerz und keinen Hemdknopf gibt.«

2. 's Marterl.

Im Mühlbachgraben bei der Wehr, –
A Marterl steht daneb'n, –
Da hat mir – funfzehn Jahr' is 's her –
Die Lies ihr Jawort geb'n.

I war verliabt bis über d' Ohr'n
Und glückli wie a Narr ...
Wie's aber dann mei Weib is word'n,
War's mit mein Frieden gar. –

Das Marterl, das steht heut no dort,
Verwischt von Reg'n und Schnee,
Kein Mensch weiß, wer am selbig'n Ort
Verunglückt is voreh.

Mir aber, wann i 's Marterl schau,
Gibt's allemal an Riß,
Denn i, i weiß jetzt ganz genau,
Wer dort verunglückt is! ...

3. Liebesidyll.

Im Park sitzt Kunigunde
Mit Eduard allein –
Am hohen Himmelsrunde
Erglänzt des Mondes Schein.

Die Blätter rings erbeben
Im linden Abendhauch –
Er spricht: »Mein teures Leben
O sag, liebst du mich auch?«

Es duftet süß der Flieder
So sinnberückend nah –
Sie schlägt die Augen nieder
Und flüstert: »Ja, ach ja!«

Der Nachtigallen Schlagen
Tönt durch den stillen Park –
Er spricht nach ein'gem Zagen:
»Dann – leih mir hundert Mark!«

Sie springt in jähem Grimme
Von ihrem Sitz empor
Und spricht mit heisrer Stimme:
»Wie kommen Sie mir vor!« ...

Er drauf: »Warum denn grollen
Mein Lieb, was fällt dir ein?
Sieh dort den Mond, den vollen,
Mit seinem Silberschein.

Schaust du ihm nicht voll Wonne
Ins leuchtende Gesicht? ...
Auch er hat seine Sonne
Und – pumpt von ihr sein Licht!«


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