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Friedrich (von) Schiller (1759-1805)

1. Pegasus im Joche.

Auf einem Pferdemarkt – vielleicht zu Haymarket,
Wo andre Dinge noch in Ware sich verwandeln,
Bracht einst ein hungriger Poet
Der Musen Roß, es zu verhandeln.

Hell wieherte der Hippogryph
Und bäumte sich in prächtiger Parade;
Erstaunt blieb jeder stehn und rief:
Das edle, königliche Tier! Nur schade,
Daß seinen schlanken Wuchs ein häßlich Flügelpaar
Entstellt! Den schönsten Postzug würd es zieren,
Die Rasse, sagen sie, sei rar,
Doch wer wird durch die Luft kutschieren?
Und keiner will sein Geld verlieren.
Ein Pachter endlich faßte Mut.
Die Flügel zwar, spricht er, die schaffen keinen Nutzen;
Doch die kann man ja binden oder stutzen,
Dann ist das Pferd zum Ziehen immer gut.
Ein zwanzig Pfund, die will ich wohl dran wagen;
Der Täuscher, hoch vergnügt, die Ware loszuschlagen,
Schlägt hurtig ein. »Ein Mann, ein Wort!«
Und Hans trabt frisch mit seiner Beute fort.

Das edle Tier wird eingespannt;
Doch fühlt es kaum die ungewohnte Bürde,
So rennt es fort mit wilder Flugbegierde
Und wirft, von edlem Grimm entbrannt,
Den Karren um an eines Abgrunds Rand.
Schon gut, denkt Hans. Allein darf ich dem tollen Tiere
Kein Fuhrwerk mehr vertraun. Erfahrung macht schon klug.
Doch morgen fahr ich Passagiere,
Da stell ich es als Vorspann in den Zug.
Die muntre Krabbe soll zwei Pferde mir ersparen;
Der Koller gibt sich mit den Jahren.

Der Anfang ging ganz gut. Das leichtbeschwingte Pferd
Belebt der Klepper Schritt, und pfeilschnell fliegt der Wagen.
Doch was geschieht? Den Blick den Wolken zugekehrt,
Und ungewohnt, den Grund mit festem Huf zu schlagen,
Verläßt es bald der Räder sichre Spur,
Und treu der stärkeren Natur,
Durchrennt es Sumpf und Moor, geackert Feld und Hecken.
Der gleiche Taumel faßt das ganze Postgespann,
Kein Rufen hilft, kein Zügel hält es an,
Bis endlich, zu der Wandrer Schrecken,
Der Wagen, wohlgerüttelt und zerschellt,
Auf eines Berges steilem Gipfel hält.

2. Bittschrift eines niedergeschlagenen Trauerspieldichters an die Körnersche Waschdeputation.

Dumm ist mein Kopf und schwer wie Blei,
Die Tabakdose ledig,
Der Magen leer – der Himmel sei
Dem Trauerspiele gnädig!

Feu'r soll ich gießen aufs Papier
Mit angefror'nem Finger;
O Phöbus, hassest du Geschmier,
So wärm auch deine Jünger.

Die Wäsche klatscht vor meiner Tür,
Es scharrt die Küchenzofe.
Und mich – mich ruft das Flügeltier
Nach König Philipps Hofe.

Ich steige mutig auf das Roß:
In wenigen Sekunden
Seh ich Madrid, am Königsschloß
Hab' ich es angebunden.

Ich eile durch die Galerie
Und siehe da! Belausche
Die junge Fürstin Eboli
In süßem Liebesrausche.

Jetzt sinkt sie an des Prinzen Brust
Mit wonnevollem Schauer,
In ihrem Auge Götterlust
Und in dem seinen Trauer.

Schon ruft das schöne Weib Triumph!
Schon hör' ich – Tod und Hölle!
Was hör' ich – einen nassen Strumpf
Geworfen in die Welle.

Und hin ist Traum und Feerei.
Prinzessin, Gott befohlen!
Der Henker mag die Dichterei
Beim Hemdenwaschen holen.

Schiller, Haus- und Wirtschaftsdichter.

3. Das Spiel des Lebens.

Wollt ihr meinen Kasten sehn?
Des Lebens Spiel, die Welt im kleinen,
Gleich soll sie eurem Aug erscheinen,
Nur müßt ihr nicht zu nahe stehn,
Ihr müßt sie bei der Liebe Kerzen
Und nur bei Amors Fackel sehn.

Schaut her! Nie wird die Bühne leer;
Dort bringen sie das Kind getragen,
Der Knabe hüpft, der Jüngling stürmt einher,
Es kämpft der Mann, und alles will er wagen.

Ein jeglicher versucht sein Glück,
Doch schmal nur ist die Bahn zum Rennen;
Der Wagen rollt, die Achsen brennen,
Der Held dringt kühn voran, der Schwächling bleibt zurück.
Der Stolze fällt mit lächerlichem Falle,
Der Kluge überholt sie alle.
Die Frauen seht ihr an den Schranken stehn,
Mit holdem Blick, mit schönen Händen
Den Dank dem Sieger auszuspenden.


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