Jean Paul
Der Komet
Jean Paul

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zweite Gang.

Residenzbau – Sitzungen über das zu nehmende Inkognito des Fürstapothekers

Es waren zwei ganz andere Gründe, als die Welt bei ihrem flüchtigen Wesen herausbringt, warum Nikolaus so nahe, gerade vor den Augen einer Residenzstadt, wieder eine neue aufbaute, da es viel bequemer gewesen wäre, mit dieser auf der Achse in jene einzuziehen. Der erste, doch schwächere Beweggrund war freilich der, den Lukas-Städtern einen kleinen Begriff von der fürstlichen Macht dadurch zu geben, daß er vor ihren Augen eine Stadt von zwölf Häusern – die Vorstadt und Sackgasse aus Zelten sind gar nicht anzuschlagen – so leicht aus dem Boden aufgehen ließ wie Amphion durch seine Leierhand Städte, oder Pompejus durch den Stampffuß ein Heer, oder Kinder durch Spiele eine Kartenhäuserstraße. Sogar wer sich lieber in einer Judengasse aufhielt – und dies wollten die mitreisenden Juden –, der zog nur in die Gasse hinein, sobald sie aus den abgepackten Zeltpflöcken und Zeltstangen und Leinwandmauern ordentlich aufgerichtet und hingestellt worden. Das Oberhofbauamt hielt ja der Bauten wegen still, und die Bauräte setzten sich in Bewegung und alles in baulichen Stand.

Abends sah man den glänzenden Erfolg: Leute jedes Standes kamen aus der Residenz Lukas-Stadt in die Residenz Nikolopolis gewallfahrtet und bewunderten unaufhörlich. Worble, der als Freimäuerer (wie er längst in Rom hieß) wissen mußte, was er sagte, erklärte öffentlich den Bau für geheime Arbeiten der Zimmerleute und seinen Nikolaus für den schottischen Meister vom Stuhl, und dessen Häuschen sei die Meisterloge zum hohen Lichte; – er, Worble selber, habe die höhern Grade und schweige über das meiste, wie schon die Rosen auf den Ordenschürzen ansagten. – Sonst zwar, fuhr er fort, nehmen Logen keine Juden auf, aber der Hofbankier Hoseas könne halb und halb als ein Hiram oder Salomon betrachtet werden, von welchen beiden Juden sich ja alle Mäuerer herschreiben. – Was die Logenreden anlange, so werde in allen zwölf Häuschen geredet, und das Trinken der Arbeiter sei ja so gut da als in den Tafellogen, nur daß diese (nach Sarsenna) die Gläser Kanonen hießen und das Trinken Feuern, wiewohl es eigentlich mehr Anfeuern als Abfeuern zu nennen.

Wir kehren zur Geschichte zurück. Einer der wichtigsten Gründe – kein einziger Leser dachte daran – nötigte zum Aufbau der Kantonierquartiere: nämlich in Lukas-Stadt waren vorher die nötigen künftigen zu bestellen, aber zum Einlaß in diese gehörte für so viel Volk wieder ein Einlaß in die Stadt selber. Konnte denn der Fürst als ein Fürst einziehen; zumal da er nicht einmal den fürstlichen Namen seines Herrn Vaters angeben konnte oder wollte? – Das war offenbar unmöglich. Und wie stand es mit den sämtlichen Pässen? Wie viele führte Nikolaus bei sich und andere für sich?

Er hatte keinen einzigen überhaupt.

So seh' ich wahrhaftig denn wieder, daß der Fürstapotheker einigen hundert Feuerfrauen gleicht, welche sich eine Handel- und Wandelzukunft wählen, die ihnen bloß als ein ferner Berg vorliegt, woran sie aus der Ferne sich leicht gerade grüne Steinwege hinaufziehen, weil erst die Nähe die Schluchten und Hügel und Gebüsche bei jedem Schritte entwickelt. Hüte sich doch jeder vor dem Gesamt- oder Klumpkauf der Zukunft, deren Auseinandergehen in einzelne mehre Stunden den dunkeln Plan einer zusammenmischenden Minute Lügen straft und täuscht. Niemand entwerfe nach einer Generalkarte seinen Postenlauf, den sein Leben ja nach einer Spezialkarte nehmen muß. Wie erbärmlich fahren deshalb nicht schon – desto mehr spiegle sich das Leben selber daran – in der Phantasie die Romanschreiber, welche oft in den ersten Kapiteln keck und leicht auf irgendeinen Vorfall in spätern Kapiteln auf geradewohl losborgen und Wechsel – der Begebenheiten – ausstellen, ohne vorauszuwissen, woher sie, wenn der Verfalltag, nämlich das Kapitel, kommt, den Vorfall nehmen und erstatten sollen! Die Schreiber wissen dann im Kummer weder aus noch ein.

Aber wahrlich um kein Haar besser war Nikolaus sogar in seiner Wirklichkeit daran, als die so wichtige Sache seines Einzugs in Lukas-Stadt, so wie die der Züge in alle künftigen Residenzen, näher vor das Auge genommen wurde. Was aber anzufangen? –

Gewiß am zweckmäßigsten eine Sitzung; – und diese setzten auch wirklich die vier Hofherren zusammen, und sich um Nikolaus herum. Aber hier zeigte der Reisemarschall, daß er unter allen Herren am ersten verdiene, nach Lukas-Stadt zu reiten und da sämtliche Quartiere zu bestellen, so glänzend und gewandt erschien sein Hofverstand. Erst nachdem er Marggrafen absichtlich recht lange über die deutliche Erklärung, unter welchem fürstlichen Geschlechtnamen und Wappen er aufzutreten gesonnen sei, abgequält hatte: so kam er näher und setzte vor dem Fürsten, der auf alles keinen rechten, nur einen verworrenen Bescheid wußte, die unendlichen Vorteile auseinander, welche von jeher reisende Fürsten vom Inkognito gezogen; daher sogar völlige Kaiser, wie Joseph, als bloßer Falkensteinischer Graf in Frankreich und überall herumgefahren. »Bei dem Inkognito«, sagt' er, »gewinnen Durchlaucht wenigstens dies in jeder Stadt, daß Sie nicht solenn empfangen werden, keine langweiligen militärischen Ehrenbezeigungen, keine fatalen hohen Visiten, auf die wieder die Gegenvisiten abzustatten sind, zu erwarten haben; alles verdrießliche Zeremoniell und Ausförscheln und Schleichen und Schwitzen fällt weg. Durchlaucht können in der Residenz den Niedrigen zuerst besuchen, ohne dadurch im geringsten bei den Höhern anzustoßen. Und dies, eine solche himmlische Freiheit, macht es eben, daß von jeher sich die größten Kaiser bis herunter zu den kleinsten, fast schon inkognito gebornen Fürsten dieses köstliche Privilegium nie nehmen ließen, sondern sich mit ihrer Größe hinter einen gemeinen Edelmann verbargen, wie etwan ein Fixstern mit aller seiner Sonnengröße sich vom Erden-Mond bedecken läßt. Dabei bleibt der Herr doch, wer er ist; die Welt kennt ihn ganz gut, und die Dienerschaft können Durchlaucht ohnehin nicht abhalten, den Stand aus Prahlerei auszuplaudern.«

In Rom – oder zwei Tage nach dem Diamantfunde, oder auch vorher – hätte niemand weniger eingewilligt ins Inkognito als Nikolaus; – aber hier unterwegs und unweit von Lukas-Stadt erwog er hundert Dinge – und tausend Hindernisse – und alle Dreh kreuze, Demarkationlinien und lebendige Zäune in den vielen Residenzen der Zukunft; und zwar mit solcher Scharfsicht sah Nikolaus alle diese Hemmungen und Stemmungen voraus an, daß er vor der Sitzung der Hofherren sich erklärte, er sei entschlossen, einen bloßen adeligen Namen anzunehmen, nur sei er über die Wahl des adeligen Geschlechts noch uneins.

»Und ein erloschnes«, sagte Worble, »schickt sich am besten; aber ein Pitschaft des Geschlechts müßte man den Augenblick doch dazu haben in der Hand. Ich selber führe seit Jahren ein gutes seltenes an der Uhrkette – Durchlaucht kennen es.« (Nikolaus schüttelte und konnte sich der Kleinigkeit nicht entsinnen.) »Es ist das alte mit den drei Hasenköpfen,« (fuhr er unter dem Abdrehen desselben von der Kette fort) – »ich wollte und durfte aber mit solchem als bloßer Bürgerlicher nicht eher zu siegeln mich unterfangen, als bis ich in den Adelstand erhoben worden. Die Hasenköpfe sind ein altes mecklenburgisches Geschlecht, das längst ausgestorben, und Paschedag Hasencop, der zwischen 1466 und 1498 lebte, war der letzte; mein Pitschaft aber ist das von Bolto de Hasencop, der drei solche Köpfe geführt, nicht aber zwei, wie die von Malzahn. Da ich einmal das so rare Pitschaft hatte: so schrieb ich mir aus Herrn von Medings NachrichtenDas aus drei Bänden bestehende Werk hat den Titel: Nachrichten von adelichen Wappen, gesammlet und mit einer Vorrede des Herrn Professoris Gebhardi begleitet, herausgegeben von Christian Friedrich August von Meding, Erbherrn auf Schnellenberg, Capitularn und Scholastico zu Naumburg, Königl. Großbritann. Kurfürstl. Braunschw. Lüneburg. Land-Commissario. Hamburg, gedruckt zum Besten des Freyheit-Naumburgschen Waysenhauses, bey Johann Philipp Christian Reuß. 1786. von adelichen Wappen die Notizen über die von Hasenkopff (336ter Paragraphus, im 1ten Band) ab, ein Blättchen, das ich da habe.«

Hier las Worble nun den Paragraphen der Seite 230 wörtlich vor:

Hasenkopff.

Ein Mecklenburgisches, Geschlecht, welches sich auch Hasencop, Hasecop, Hazenkoppen, Hacenkop geschrieben findet. Ob dasselbe mit denen von Moltzahn einerlei Abkunft habe oder nicht, darüber sind die Gelehrten ungewiß. Latomus im MS. vom Mecklenburgischen Adel verneint es, unter andern auch wegen Verschiedenheit des Wappens, da die von Hasenkopff ohne Helm zwei Hasenköpfe im Schilde geführt. Diejenigen, welche die Abstammung bejahen, sagen: daß der Schild, den Otto de Hasencop 1316 gebraucht, mit dem Siegel Heinrichs von Moltzahn 1370 ganz gleichförmig gewesen, auch daß Bolto de Hasencop nicht zwei, sondern drei Hasenköpfe geführt.

Fridericus de Hasencop lebte 1221, und Paschedag Hasencop, der letzte dieses Geschlechts, + zwischen 1466 und 1498.

MS. abgegangner Mecklenb. Familien.

Man siehet hieraus wenigstens so viel, daß die von Hasenkopff zwei oder drei Hasenköpfe in ihrem Schilde gehabt. Wenn ich aber das Moltzahnsche Wappen mit obiger Angabe vergleiche, so halte ich dafür, Latomus sowohl als seine Gegner haben sich in ihren Beweisen widersprochen, denn im ersten Felde des Moltzahnischen Wappens sind zwei Hasenköpfe; ich sehe also nicht ab, wie Latomus die Verschiedenheit damit beweisen will, daß die von Hasenkopff sich zweier Hasenköpfe bedienet, oder seine Gegner damit, daß Bolto Hasenkopff drei Hasenköpfe geführet haben soll, eine Gleichheit beider Wappen behaupten können. –

»So heißt es wirklich« – setzte Worble dazu; – »den Paragraphus aber über die Herren von Molt- oder Malzahn (es ist wahrscheinlich der 555te) hab' ich, ob sie gleich das Landmarschall-Amt im Herzogtum Güstrow erblich bekleideten, nicht abgeschrieben, da sie nur zwei Hasenköpfe führen, ich auch das Pitschaft nicht besitze. Übrigens unterschreib' ich mit Freuden jedes Wort in der Vorrede, welches Herr Professor Gebhardi zum Lobe des Domherrn von Meding vorbringt, so wie das zweite Lob, das wieder dieser in seiner Vorrede jenem erteilt. Auch muß an einem Werke etwas sein, auf welches (wie ich aus dem Pränumeranten-Verzeichnis sehe) beinahe lauter Edele von Deutschland, nämlich unsere adelige Bank, als Nobel-Parterre vorausbezahlet, wenn ich einige wenige Niedrige, wie den Kandidat Vulpius in Weimar, einige Buchhändler und ritterschaftliche Leihbibliotheken ausnehme.«

Hier legte er nun das abgeschraubte hasenköpfige Pitschaft dem aufmerksamen Marggraf hin und versicherte, mit dem größten Vergnügen überlass' ers ihm, wenn er es zu seinem Inkognito gebrauchen und als bloßer Graf von Hazenkoppen oder Hacenkop oder Hasecop oder Hasencopp oder Hasenkopff reisen wollte. –

»Besser wär' es wohl,« – versetzte Nikolaus – »wenn bloß zwei Hasenköpfe auf dem Wappen ständen; man könnte dann füglich als Graf von Moltzahn reisen.« – »Indes zwei oder drei Köpfe macht nicht viel Unterschied«, fiel auf einmal der Hofmaler Renovanz, vielleicht mit hoher Freude ein, daß er sich nicht mehr mit der Umgehung von Marggrafs Fürstentitel abzumüden brauche. Der einfältige Kandidat Richter fand, vor lauter Liebe für den weit- und weichherzigen Marggraf verblüfft, gar nichts Arges, sondern recht etwas Schönes in dem grotesken Inkognito-Namen. Auffallendes, Fremdartiges war dem jungen Menschen gerade Hausmannskost, und einen Kometenschwanz trug er als einen ehrenden Bassaroßschweif, wie wir ja bald im Weiterlesen sehen können.

Der einzige Hofprediger Süptitz erklärte sich gegen die Hasenköpfe: »Ich stoße mich etwas an dem zu gemeinen Namen der Wappentiere, von deren Köpfen die Rede war, und noch mancher wird sich daran stoßen. Wenn einmal unser vortrefflicher Herr Marggraf sich unter fremdem Titel zeigen und verbergen wollen: so würd' ich wohl geraten finden, da man ja nach Gefallen wählen kann – ich sehe aber dabei vom Pitschaft ab –, daß lieber ein einnehmender, ja prächtiger Name angenommen würde, indem man zuverlässig unter so vielen Glanzgeschlechtern aussuchen kann, wie z. B. Falkenstein ..... oder ..... oder ...« (aber hier vermochte er mit allem innern peinlichen Herumspringen auf keinen zweiten Glanznamen zu kommen, etwan auf Ostheim, Westerhold, Spangenberg, Plotho, Sonnenfels, Löwenstern etc.) – »Es ist ein Leiden ohnegleichen,« fuhr er fort, »daß ich oft gerade solche Namen, die ich am nötigsten habe, auf keine Weise, und brächt' ich mich um, erwischen kann, ob ich sie gleich in meinen vier Gehirnkammern gewiß sitzen habe und sie ordentlich von weitem vernehme.«

»Das ist recht,« – sagte Worble – »ist aber eben ein Beweis, wie wenig glänzende Namen es im Adel gibt; auch schon darum würd' ich keinen zum Inkognito wählen, weil ich fürchtete, mich damit des bloßen Scheinens verdächtig zu machen. – Aber, Himmel, Herr Hofprediger, ist denn nicht die Sache ganz anders und umgekehrt zu nehmen? Hase, Hasenkopf, besorgen Sie, sei als adeliger Titel nicht edel genug? – Himmel! ich flehe Sie an, sind denn Ochs, Esel, Bock, Schwein, Gans, Schaf, Teufel so plötzlich und auf einmal als keine alten mehr anerkannt, welche von Geschlecht zu Geschlecht forterben? Es führen die Herren von Biberern, ein fränkisches Geschlecht, im silbernen Felde einen EselkopfMedings Nachrichten, Teil 3. § 56. – die Herren von Sackesel oder GartenT. 2. § 746. einen ganzen beladenen Esel – die von Riedheim gar einen springenden mit dem Schwanze zwischen den BeinenT. 2. § 712.; der berühmten Riedesel und ihres Wappens gedenk' ich kaum. Nicht anders ist es mit den heraldischen Ochsen des Adels; wovon ich nur den bloßen Ochsenkopf der ausgestorbnen von OslevessenT. 3. § 589. und den ganzen Ochsen der Grafen von SprinzensteinT. 3. § 801. aufführe. – Nun kommen mir noch die Herren von Schaf, die Herren von Schwein und von SchweinichenT. 1. § 793., die Herren Gans von Puttlitz, die von Hund, die von Bock, alle mit ihrem verschiedenen Gevattervieh auf den Helmen, zu Hülfe, und die Freiherren Teuffel von Gunderstorff gar mit dem Teufel selber, und was eben das Stärkste, alle mit redenden WappenRedende Wappen nennt man solche, welche mit den Namen derer, die sie führen, einerlei sind., wie wir es in der Wappenkunde nennen.

Aber ist denn diese Wildbahn oder dieser adelige Tiervorspann etwas anderes als der heraldische Tierkreis, worin die Adelsonne mit andern Sternen geht und steht? – Und selber ein Bürgerlicher findet sich leicht in diesem ägyptischen oder heraldischen Tierdienst zurecht, wenn er bedenken will, daß die Ägypter gerade unter den Tiergestalten ihre darein verwandelten Götter wiedergefunden und angebetet.«

»Fällt mir hier, Herr Reisemarschall, das Geschlecht der Närringer ein,« bemerkte der Kandidat, »welche in ihrem Wappen einen leibhaften Harlekin führen«Meding, T. 2. § 590. ...... Unglücklicherweise schaltete Richter dies ein, aber ich versichere in seinem Namen, daß er damit nicht auf Worbles Harlekinaden anzuspielen dachte; und doch nahm es der Hofstallmaler Renovanz für einen Ausfall – denn so gings dem friedfertigen, nie auf einen Gegenwärtigen abschießenden Manne sein Leben lang – und sagte zum Marschall »Ein hübscher Stich!«

»Sitzt doch«, fuhr Worble ohne Antwort darauf fort, »unser Wetterprophet und Kandidat Richter leibhaftig hier und unterschreibt als Bürgerlicher sich von freien Stücken, ohne Anspruch auf Inkognito, unter der Vorrede seiner herrlichen ›Auswahl aus des Teufels Papieren‹: J. P. F. Hasus.«Diesen Namen Hasus, welchem aller Geschmack nicht abzusprechen ist, gab sich derselbe Verfasser damals auch in seinen Aufsätzen für Archenholz' Literatur- und Völkerkunde und im deutschen Museum; – wie im »Conversationslexikon« unter dessen Namen das weitere zu lesen. –

– »Erst viel später« – fiel Richter ein – »las ich in einem alten Buche, Facetiae Facetiarum, sogenannte theses de hasione et hasibili qualitate, auch das Wort hasibilitas; aber wahrlich ich erinnere mich nicht des geringsten Spaßes daraus und weiß kaum, warum ichs nur hier anführe.«Ich bin ganz im nämlichen Falle. Als Werkchen gehört es unter die libri rariores und ist 1645 gedruckt.

»Alles spricht ja«, fuhr Worble fort, »von Wort zu Wort immer mehr für den Hasen, der sogar – wenn ich ihn gegen den Bock, Esel, Teufel halte – sich unter die glänzenderen ›Wappen‹ einreiht, da er ebenso schlau gegen die Jäger ist als lernfähig bei ihnen, und immer offene Augen, erstlich schon bei der Geburt, und dann auch im Schlafe hat, und viel leichter bergauf – was jedem zu seinem Aufkommen zu wünschen wäre – läuft als bergab. Ein Wappenwesen überhaupt, das tapfer ist und die Trommel nicht scheuet, sondern selber rührt, und das sich keck gegen seinesgleichen mit den Vorderläuften (wie wir Menschen ja auch mit den unsrigen) so laut herumschlägt, daß es nach Bechstein verschiedene Fuß weit zu hören ist ..... aber übergenug, und ich möchte doch wissen: was geht denn dergleichen alles Ihre Durchlaucht oder das hasenköpfige Pitschaft an, das ich aus so guten Gründen zum Inkognito vorgeschlagen und angeboten?« –

Nikolaus Marggraf genehmigte Inkognito samt Pitschaft – und ich darf sagen, mehr als einer freuete sich darüber – jedoch gab der Fürst, recht vernünftig, vor dem zu modernen Wappentitel von Hasenkopf mit allgemeinem Einklang dem älteren, ehrwürdigen Titel Hacencoppen den Vorzug.

Sofort wurde der Reisemarschall beordert, aus Nikolopel noch diesen Nachmittag nach Lukas-Stadt abzureiten und für den Grafen und sein Gefolg ein Hotel zu mieten, was es auch koste. Er brauchte gewöhnlich alles mitgegebene Geld nur auszugeben, niemal vorzuberechnen.

Wenn ich dabei mit Wohlgefallen bemerke, daß er, bei aller seiner Vorliebe für Gerichte, Getränke und Gesichter, nie den Fürsten nur um einen Heller betrog: so werden viele Reisemarschälle sich verwundern und dabei sagen: ein seltsamer Mensch!

Er mietete nun in dem römischen Hof – dem größten, aber teuersten Gasthofe der Stadt – alle Zimmer dieses Vatikans. So nenn' ich den Gasthof zum Teil im Ernste; denn der Besitzer führte wirklich den Namen Papst und hatte deshalb den heiligen Ochsen – so hieß das frühere Gasthofschild, nach dem Stadtwappen, das den Ochsen des Evangelisten Lukas führte – zum römischen Hofe erhoben.

Der überraschte Papst nahm die Nachricht von einem einkehrenden Grafen von Hacencoppen und die starke Vorausbezahlung mit einer reinen Freude an, welche der Himmel seinem Herzen lange nicht gegönnt; denn seit Jahren waren alle hohen Häupter vorübergefahren, welche sonst, als Gegenspiel der otaheitischen KönigeTurnbulls Reisen um die Welt., deren Eintritt in ein fremdes Haus, nach den otaheitischen Reichsgesetzen, die Niederreißung desselben nach sich zieht, seinen römischen Hof gerade mit ihren eigenen Händen größer aufbauen halfen, sobald er in diese seine Wirts- oder Dataria-Zettel gelegt und sie damit gleichsam beflügelt hatte auf eine Weise, welche wohl nur der allergemeinste Sprachgebrauch Prellen, Schnellen, Rupfen nennen kann. Freilich blieben die Fürsten, die der gute Papst auf solche Weise heimschickte, dann auch daheim.

Desto begieriger bin ich, wie jeder, auf alle die Weltgeschichten, welche Hacencoppen im römischen Hofe erlebt.

Aber vorher hatte Worble eine härtere, ganz grüne Nuß für Nikolaus aufzubeißen – jedoch hatt' er zum Glück Zahnlade und Nußknacker dazu mitgebracht.

Der Paß war die Nuß.


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