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Nachschrift des guten Rezepts zu echten Diamanten
Ich schäme mich nicht, zu bekennen, daß ich aus Marggrafs Baurede über seinen ersten Diamanten wenig Haltbares zum Nachmachen zu ziehen vermocht und eher dadurch dümmer geworden als klüger. So hole doch der Henker seinen Schlüssel zu seinem alchemischen Schatz- und Schmuckkästchen, wenn dieses mit einem Vexier- und Kombinierschlosse zugeriegelt ist! – Auch der gute Leser wird ebensowenig als ich nach dem längsten Studium des Marggrafschen Rezeptes weder durch Kochen noch durch Rösten auch nur einen Diamanten für eine Glasermeister-Faust, geschweige für einen Fürstenringfinger zur Welt fördern. – Und dieser Umstand ist um so betrübter, da dem Leser selber schon so viele vom Apotheker zustand gebrachte Diamanten wirklich durch die Hand gelaufen, und zwar in den Jahren 1789 und 90; denn die damalige auffallende Menge von Steinen, welche man für Einfuhr der französischen Auswanderer zum Teil ansehen wollte, ist jetzo leicht erklärt, da, wie der Leser von mir weiß, der Anfang der marggrafschen Geschichte gerade in jene Jahre gefallen.
Dazu kommt noch etwas, das noch weit mehr auffallen und kränken kann. Nämlich mehre Jahre später nach dem Kirmesgastmahl – so daß folglich Marggraf seine frühere Erfindung mußte selber gemacht und nirgend gestohlen haben – behauptete Davy in England, Kohlen zu Diamanten, nur daß die Edelsteine etwas gelblicht und dunkel ausfielen, versteinert zu haben durch die voltaische Säule; was freilich hinterher gar darauf hinausgelaufenFlörkes Repertorium des Wissenswürdigsten etc. etc. B. 1., daß er die Kohle bloß zu einem Körper abgehärtet, den wir in der Chemie gewöhnlich Anthrazit oder Kohlenblende nennen. Aber auffallend genug ist, daß der spätere Brite so sichtbar mit dem frühern Deutschen zusammentrifft, und man kann sich kaum der Vermutung erwehren, daß etwas Ähnliches, wie zwischen Leibniz und Newton in Rücksicht der Erfindung der höhern Analysis, hier zwischen Marggraf und Davy in Beziehung auf die des Diamanten, der gegen Metalle auch eine unendliche Größe ist, obwalte, besonders da das Tischgespräch schon durch den aufmerksamen Goldarbeiter konnte verbreitet worden sein. Auch die voltaische Säule Davys unterstützt mich; denn der Turm neben dem faulen Heinze war vermutlich eine und sie die wahre Mutter des Edelsteins, der Heinz aber nur der Brütofen für dieses Ei.
Um indes chemischen Laien – besonders weiblichen Geschlechts – in einer so wichtigen Sache doch einiges Licht mehr zu geben, als der Apotheker angezündet, hab' ich über das Verhältnis zwischen Kohle und Diamant mit unsäglicher achttägiger Mühe (denn Chemie versteh' ich nicht) folgende chemische Tabellen entworfen:
100 Teile kohlensaueres Gas | 100 Teile kohlensaueres Gas | ||||
17 T. Diamant | 83 T. Oxygene | 28 Kohle | 17 Diam. 11 Oxyg. ———— 28 |
82 Oxyg. | Nach Guyton. |
Nach Biot und Arago besteht der Diamant aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Verbrennt jener: so bildet der Kohlenstoff mit dem Oxygene kohlensaueres Gas und der Wasserstoff mit dem Oxygene Wasser, wie folgendes Schema zeigt:
Diamant | |||
Kohlensaueres Gas |
Kohlenstoff | Wasserstoff | Wasser |
Oxygene | Oxygene |
Nur wollte im Diamant der Wasserstoff und folglich bei dem Verbrennen das Wasser sich noch nicht finden lassen; aber vermutet ist der Stoff längst geworden aus des Steins großer Brechkraft des Lichts.
Wenn ich jetzo dazusetze, daß nach Pepys und Allens Versuchen die Kohle so viel Oxygen zur Verbrennung bedarf als der Diamant – denn es geben 28,46 Kohle oder Diamant mit 71,54 Oxygen 100 Teile kohlensaueres Gas (fixe Luft): so sieht schon ein scheidekünstlerischer Laie, daß diese Versuche ungemein mit den marggrafschen übereintreffen, hingegen mit denen von Biot und Arago weit weniger. Die Zeit muß freilich zwischen beiden entscheiden; nur nimmt sie sich immer so gar viel Zeit zu allem.