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'S Büebli und der Mond.

(Idyll.)

De Mond schynt hell i d'Maienacht. Es Büebli ist na wach
Und rüeft: »Chumm, Mueter, gschau de Mond det über 's Nachbers Dach!«
Und d' Mueter chunnt und nimmt de Schatz uf d' Schooß und chüßt em druuf
Sis herzig Gsicht und lueget au zum Mond am Himel uuf.
De gaht so lys, so müüslistill sin Weg dur 's Sternfäld hy,
Und Wülchli, wullig wyß wie Schaaf, ziend sachti dra verby.
Und still wird 's au i Berg und Tal, es rüst si Alls zur Rue.
Der Abigwind ellei no weht dur 's Bluest hi ab und zue.
Da fragt das Büebli eismals dänn: »Säg, Müeterli, wer znacht
De Mond an Himmel stellt, und säg mer au, wer hät en gmacht?«
Und d' Mueter seit: »Min liebe Schatz, de Herrgott schickt en uus.
Er hät en gmachet, daß er znacht erlüüchti Hof und Huus!«
»Säg, Müeterli,« fahrt 's Büebli furt, »was hät de Mond na z'tue,
Wänn Alli schlafe ggange sind und d' Äugli schlüüßed zue?
Er bruucht ja nümme z'schyne dänn, wänn Alli schlafe tüend,
Und 's ist ja wider heiter, wenn 's am Morgen ufstah müend.«
»Wänn Alli schlafe ggange sind, dänn styged d' Ängel lys
Uf d' Erde und si schryted still dur Wald und Fäld und Wis
Und wäbed dänn ganz hübscheli es Gwand us luuter Duft
Und sticked Diamante dry und Chralle chlar wie Luft,
Und leged dänn das prächtig Gwand de Pflanzen allen a,
Und jedes Blüemli, jede Halm mues sini Chralle ha.
Drum daß si ordli wäbed, luegt de Mond vom Himmel zue
Und seit, wänn s' fertig sind: Nu gönd ihr Ängel au zur Rue.
Und staht am Morge d' Sunnen uf und gugget über d' Au,
So blitzt's und glitzert's überal vom chlare Morgetau.«
»I möcht emal so Ängel gseh,« seit 's Büebli. »Schatzechind,
Me cha s' halt nid wie d' Mänsche gseh, wil's nid wie Mensche sind.
Und doch sind s' da. Vil chömed au zu guete Chinde znacht
Und halted, schlafed d' Chinde, still an irem Bettli Wacht.
Und wird eis chrank, so hälfed s' gern den Eltere i der Not,
Und mues eis sterbe, träged s' es dänn hei zum liebe Gott.
Und daß si besser wache chönd und nüd versuumed, staht
De Mond am Himel znacht und luegt, daß Alles richtig gaht.«
»Säg, Müeterli, wird dänn de Mond nüd schüüli müed dernah?«
»Wowol, min Liebe, au de Mond will öppe Schlafzyt ha.
Dänn zieht er d' Chappe über 's Gsicht und seit: Ihr Lüüt, guet Nacht!
Und seit zun Sterne: Liebi Fründ, händ ihr iez für mich Wacht.
Und wenn er 's gern, wien öppe mir, so rächt bumadig hett,
So macht er si us Wulchefluum e rächt behaglis Bett.«
»Da hät er rächt,« seit 's Büebli gschwind, »de Mond ist gschyd und guet,
Jez aber säg mer na, worum er öppe schile tuet?
Und gspäßig dunkt's mi, daß er chan an allen Orten sy:
Me mag nu laufe, wo me will, so ist de Mond deby.
Weist, wo mer furt vom Ätti sind, so hämm mer'n det ja gseh,
Und iezed simm mer ja diheim, und schynt er nu na meh.«
Da lachet d' Mueter: »Liebe Schatz, i mein, du bist nit gschyd.
Was du nüd alls im Niggel häst! De Mond, de schilet nid.
Doch luegt er d' Lüüt au öppedie es bitzeli bös a,
Und bsunders au di chlyne Chind, händ s' öppis Urächts ta.
Los nu, min Schatz: Es ist emal es Läckersbüebli gsy,
Das hät gern Obs im Bungert gfickt, hät 's Niemert gseh deby,
Und au emal na zabig spat schlycht 's furt, go Birre neh,
Und wott mit volle Secke hei, und meint, 's heb 's Niemert gseh.
Doch Öpper hät 's wol gseh – de Mond, wo just ufggange ist;
De dänkt: Wart nu, du chlyne Schölm, hüt nützt der nüt di List.
Das Büebli rännt, so vil's nu mag, es wird em angst und weh,
Und ränkt 's um d' Eggen au, 's hilft nüt, es mues de Mond doch gseh.
Und luegt 's en a, so chunnt 's em vor, er gsäch ganz füürig uus
Und wink em zue. Dem Büebli wird 's ganz süttigheiß vor Gruus,
Und alli Birre wirft 's eweg vor Angst und rännt devo,
Als rüefti luut de Mond em nah: Schölm, Schölm, ich känn di scho!
Und wo 's so spat erst hei cho ist, voll Angst na und erhitzt,
Da hät 's sin Vatter na zum Loh es bitzli duregfizt.
Jetzt weist, min Schatz, worum de Mond chan überal hy gah;
'S ist drum, daß Kein, wo bosge tuet, der Straf etrünne cha. –
Säg, häst du öppen au scho gfeckt?« fragt d' Mueter zletste do;
Und 's Büebli schwiget, luegt in Mond, und d' Tränli wend em cho.
Dänn seit 's: »I ha na nüt so ta, und will nie derigs tue.«
»Se, las mi luege,« d' Mueter seit, »was meint de Mond dezue?
Wowol, 's ist guet. Er gugget ja mis Büebli früntli a,
Und drum, wil d' au so brav gsy bist, muest morn en Batze ha.
Jezt aber isch es Zyt i's Bett, bätt na und dänn: Guet Nacht!
Ihr Ängel und du liebe Mond, händ bi mim Schatz guet Wacht.«
Und 's gaht nid lang, so schläflet scho das Büebli glückli y,
Und dur sis Chöpfli schwäbed Träum so zart wie Vollmondschy.

Otto Haggenmacher (Zürich).

*

 


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