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IV

Schneesturm und Kälte ... Gelber Himmel ... Grauwetter ... Blizzards, die tagelang anhielten ... Klärte sich's eines Nachmittags wirklich auf, so war eine Nebensonne am Himmel zu sehen – und jeder wußte, was das Zeichen zu bedeuten hatte!

Der Winterweizen, den die Neusiedler im Sommer aus der Stadt heimgebracht hatten, schmolz zusammen wie Schnee in kräftiger Frühlingssonne. –

Der Hans Olsen erfand eine neue Art Brennwerk, das gute Dienste tat, als der Holzvorrat einschrumpfte. – Als er nämlich eines Tages das grobe Heu, das die Kuh verschmähte, aus der Krippe herausnahm, kam ihm plötzlich in den Sinn, daß das am Ende doch noch zu etwas zu gebrauchen sei. Hans Olsen hatte sich bei allem, was er sich ins Haus geholt, als vorbedachter Mann erwiesen. Ging es wohl an, mit dem Abfall das Feuer zu schüren ?

Damit es nicht zuviel Spreu in die Stube brächte, drehte er das Heu zu festen Wischen zusammen, ehe er es hineintrug. Und es gab gutes Brennwerk ab. Lockeres Zeug war es zwar; aber es brannte wie Birkenborke und wärmte vortrefflich. – Er erzählte den Nachbarn von der Erfindung, und sie machten es ihm nach. Doch auch hier hieß es sparen; denn zog sich die Frühjahrsknappheit sehr lange hin, konnte Futtermangel böse Folgen nach sich ziehen, –

Als der Februar herankam, blieb kein anderer Rat, als daß die Männer nach Osten in den Wald am Sioux River fuhren.

Da gab es viel vorzubereiten. Aber der Henry durfte sich darum nicht stören lassen. Es gehe nicht an, die Weiberleut hier ohne Mannshilfe zu lassen, und es passe gut, daß er die Schule halte; da könne er in Abwesenheit der andern alles betreuen.

Tönset'n wie auch Hans Olsen waren der Meinung, daß es für den Per Hansen untunlich sei, um diese Jahreszeit eine solche Fahrt mit seinen Ochsen zu wagen; er solle sich mit einem von ihnen zusammentun; dann arbeiteten sie alle vier gemeinsam und bekämen gleichen Anteil an dem, was sie heimbrachten.

Das war ein verständiger Rat. Doch der Per Hansen äußerte sich nicht sogleich dazu. Er grübelte erst einen Tag lang darüber. Einen Schlitten hatte er sich vor Weihnachten, so gut es ging, gezimmert.

Als die Buben eines Tages aus der Schule kamen, nahm er sie mit hinaus, zog die Ochsen aus dem Stall und begann, sie mit Trense und Zügel einzufahren; bisher hatte er sie im Joch geführt und mit Zuruf angetrieben, wie alle andern, die Ochsen als Zugtiere benutzten.

Das Ochsengespann hatte er letzten Winter in Ost-Minnesota einem Schweden abgekauft, der sich statt dessen gern Pferde hatte zulegen wollen. Der Schwede hatte sich die Ochsen von einem Iren in Süd-Iowa eingetauscht, und der Himmel mochte wissen, wieviel Eigentümer sie bereits erlebt hatten. Der Schwede hatte sie Tom und Buck genannt; aber diese Namen gefielen dem Per Hansen nicht. Wollte er die Ochsen auf Langfahrt brauchen, so mußte er für seine Boote passendere Namen finden. Nach einigem Nachdenken taufte er sie in Sören und Perkel um. Das Umtaufen glückte; denn die neuen Eigentümer waren von einer den Tieren bisher ungewohnten Gemütsart. Daß die Ochsen vorher nicht verwöhnt gewesen, erzählte das Fell auf ihren Hinterschenkeln mit aller nur erdenklichen Deutlichkeit. Die Buben und die Ochsen freundeten sich sofort innig miteinander an; der Große-Hans bevorzugte den einen, der Ole den andern; sie kraulten die Ochsen vorne, und sie kraulten sie hinten; sie hängten sich ihnen um den Nacken, und sie ritten auf ihren Rücken; die Ochsen trabten bald hinter den Buben her, sobald sie sie erblickten. Da die Buben sie um den Nacken faßten und streichelten und Sören zu dem einen und Perkel zu dem andern sagten, waren die Tiere wohl dahinter gekommen, diese Laute mit ihren neuen Eigentümern zu verbinden; kurz und gut: die Ochsen hörten stets auf ihre Namen.

Als der Per Hansen sie jetzt zottig und struppig im Winterpelz zum Einfahren aus dem Stall holte, standen sie dösig vor dem Schlitten im Schnee und blinzelten über die stiebende weiße Prärie. Sie benahmen sich höchst ungebärdig im neuen Geschirr; es ging vielleicht eine Strecke erträglich; aber dann setzten sie plötzlich in weiten Sprüngen in eine Schneewehe und standen still, streckten nur die Zungen heraus und schleckten Schnee. Das war nichts! – Der Ole lief nach vorn und kraulte den einen, der Große-Hans tat das gleiche mit dem andern; und wenn die Ochsen sich dann lange genug besonnen hatten, und in den Zuruf des Per Hansen jenes dunkle Etwas kam, legten sie sich in die Stränge und zogen den Schlitten wieder heraus, selbst wenn sie sich Gott weiß wie tief in den Schnee eingewühlt hatten.

Das Einexerzieren der Ochsen wurde fortgesetzt und machte viel Spaß, – und zu guter Letzt ging es so gut, daß der Per Hansen eines Abends beim Ausspannen zu den Buben sagte:

»Jetzt geht's wie geschmiert. – Wenn ihr was taugtet, führet ihr mit diesem Gespann und Gefährt stracks zur pazifischen Küste und holtet für mich und die Mutter eine Fuhre Fisch!«

Die Buben grinsten still dazu.

Jetzt aber stand Per Hansens Entschluß, die Fahrt zum Sioux mit den Ochsen durchzuführen, fest. Und an dem Abend war er höchst aufgeräumt und munter.

Als sie sich aber legen wollten und die Beret beim Herde das Jüngste für die Nacht besorgte, sagte sie:

»Du mußt diese Fahrt wohl unternehmen, kann ich recht verstehen?«

»Ja, das muß ich wohl, sollen nicht du und das Jüngste zuschanden frieren.«

Mehr wurde zwischen ihnen davon nicht geredet. Aber die Beret lag wieder lange wach und wandte die Gedanken hin und her.

Das war entsetzlich, das Leben hier! –


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