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Die Beret rang mit vielen Gedanken.
War es nicht merkwürdig, wie das Schicksal alles so sinnreich gefügt? –
Am Ende der Welt hatte die Strafe sie jetzt ereilt. Und das stand jetzt endlich sonnenklar vor ihr: niemals werde sie aus dem Bett aufstehen, in das sie sich bald legen mußte. Es war für sie zu Ende.
Sie mußte so oft an den Kirchhof daheim denken. – Rings um den lief eine breite, steinerne Mauer. Man konnte sich nichts Verläßlicheres denken. Als sie noch Vaters kleine Dirn gewesen, hatte sie oft auf ihr gesessen. – Inmitten des Kirchhofs stand die Kirche, und alles in ihrer Nähe war in Schutz und in Sicherheit. Dort herrschte kein Grauen. Sie besann sich noch gut, wie die kleinen Buben über die Gräber zu hüpfen pflegten, und es war so lustig gewesen, daß sie selber mittat. – – Innerhalb dieser Mauer schliefen viele von ihren Angehörigen: zwei ihrer Brüder, auf die sie sich eben noch besann, ein Schwesterlein, dessen sie sich sehr gut erinnerte, obwohl es doch so lange, lange her war. Und alle vier Großeltern ruhten hier, auch der Urgroßvater. Hier lag ihr Geschlecht von Glied zu Glied bis tief in die Vergangenheit hinein vereint, – mehr Anverwandte, als ihr bekannt waren. Um den Kirchhof stand eine Reihe alter ehrwürdiger Bäume und blickte schweigend in den stillen Frieden. – Die schenkten guten Schutz, die Bäume! –
Nein, sie konnte sich nicht denken, wo er sie hier eingraben könne? Und noch dazu jetzt mitten im Winter, wo die Erde gefroren war? – – Wenn er sich nur Zeit nahm, tief zu graben, – die Wölfe heulten des Nachts so grausig. – Sie mußte mit ihm darüber reden, es half nichts; – – aber vorläufig eilte es wohl noch nicht. –
Eines Tages blieb die Beret lange draußen. Sie suchte bei dem zusammengeschmolzenen Holzstapel und beim Holzhäuslein; sie ging in den Stall und kam wieder zurück. – – Wo sollte er nur das Holz zum Sarg herbekommen? – Überall hatte sie nachgeschaut, aber nur ein paar kurze Bretterenden gefunden und ferner die Kalkkiste. – Mußte sie nicht doch gleich mit ihm darüber sprechen? Vielleicht, daß er bei den Tröndern am Sioux River etwas bekam, wenn er dort hinfuhr? – – Aber es hatte vielleicht noch ein paar Tage Zeit.
Oder wenn er die große Lade entbehren könnte! – Die Beret warf einen Blick auf die Lade und ward froh. – Diese Truhe hatte schon dem Urgroßvater gehört, war aber noch weit älter. Dort stand ›anno ... 16‹. Alles übrige war verwetzt. Rings um die Kanten lief schwerer Eisenbeschlag. Die Beret hob den Deckel und schloß ihn wieder. – – Sehr einfach, hier ausreichend Platz zu schaffen, wenn sie ihr nur genug hinter Rücken und Kopf legten! Sie fühlte, in der Lade könne sie gut und sicher schlafen. – – – Ob sie wohl mit der Sörine einmal darüber sprach? –
Eines Tages machte sich die Beret daran, die Lade auszuräumen. Sie hieß den Per Hansen aus der Kalkkiste ein Schränkchen zimmern und legte alles dort hinein – aber erst, als er nicht mehr in der Stube war. –
– Er war doch umsichtig gewesen, als er im Sommer Hütte und Stall unter gleichem Dach errichtete! Sie hatten die wärmste Hütte der ganzen Nachbarschaft. – Und sie hatte auch die Tiere bei sich in der Nähe, wenn sie des Nachts wachte. Es war so behaglich und beruhigend, ihnen zuzuhören. Sie meinte, ihre Wärme zu verspüren. – Sie konnte jedes an seiner Art zu atmen gut unterscheiden. Die Ochsen waren zuletzt mit Wiederkäuen fertig. – Buntscheck lagerte sich zuerst zum Schlafen zurecht. – Indi, der Pony, verhielt sich geheimnisvoll und still und ganz für sich. Ihn konnte sie nur hören, wenn die Wölfe in der Nähe heulten; da schnaufte er und stampfte. – – Die Beret hatte den Pony sehr liebgewonnen.
Und hörte sie die Tiere nicht, so suchte sie sich anderes zum Zeitvertreib. Als sie ein Dirnlein war und die Großmutter, Mutters Mutter, noch lebte, pflegte sie bei ihr über Nacht zu bleiben. Die Großmutter war eine liebe Frau, gut gelaunt und fröhlich, obwohl sie schon so alt war. – Ehe sie einschlief, pflegte sie jeden Abend im Bett kleine ›Herzensseufzer‹, kurze Gebetlein, aufzusagen. Die Beret konnte sich nicht mehr auf jeden der frommen Verse besinnen; aber einige suchte sie sich doch zusammen und sagte sie immer wieder für sich. –