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Dublin, den 20sten November 1828
Geliebte Freundin!
Ich sehe hier oft einen Mann, B... H..., dessen Gesellschaft von hohem Interesse für mich wurde. Er ist, obgleich geistlichen Standes, einer von den wenigen unabhängigen Denkern, die fähig sind, die Tyrannei früherer Eindrücke und alter Gewohnheiten abzuschütteln, und beim Lichte der Vernunft, oder mit andern Worten, der göttlichen Offenbarung, allein zu sehen. Auch seiner Meinung nach ist eine crisis in dem Gebiete der Religion nicht allzufern. »Die religiösen Gebäude, wie sie noch größtenteils bestehen«, sagte er heute, »sind offenbar die seltsamsten Mißgeburten von Erhabenem und Lächerlichem, von ewiger Wahrheit und dunkler Unwissenheit, von echter Philosophie und Götzendienst. Je mehr die Menschen lernen, je mehr die Wissenschaft uns die Natur außer uns und die unsres eigenen Wesens durch ergründete Tatsachen verstehen lehrt, je milder, je moralischer werden unsere Sitten, wie unsere Regierungen. Langsamer folgen die Religionen! Selbst die christliche, obgleich in ihrem Ursprung einer der mächtigsten Schritte, den tiefes Denken und gründliche Erkenntnis des reinsten Herzens getan, hat doch seitdem, wie uns die Geschichte ihrer Kirche fast auf jeder Seite zeigt, hundertmal die Welt mit Blut getränkt und den wahnwitzigsten Unsinn fortwährend geboren und auch wieder begraben, während Philosophie und Wissenschaft stets, gleich mildernd, fortwirkten, ohne je ähnliche Opfer zu verlangen, noch ähnliche Verstöße zu begehen. Es ist die Frage, ob Newton, als er das Geheimnis der Himmel aufdeckte, die Erfinder des Kompasses und der Buchdruckerkunst, der Menschheit nicht mehr genutzt haben, das heißt, ihre Zivilisation mehr befördert, als soviel Stifter von Religionen, die verlangen, daß man zu ihrer Fahne ausschließlich schwöre. Ja, es könnte wohl einmal eine Zeit kommen, wo Religion und Poesie als Schwestern betrachtet würden und man es ebenso lächerlich fände – eine Staatsreligion als eine Staatspoesie zu haben? Wäre ich ein Türke, so würde ich mir sagen: Es ist gewiß unendlich schwer, die Vorurteile der Kindheit und den Aberglauben früherer Lehre so gänzlich loszuwerden, um auch die Überzeugung von Millionen mit fester Seele als töricht anzuerkennen. Demohngeachtet will ich, da ich es eingesehen, kein Türke bleiben. Als Christ aber sage ich: An die reine Lehre will ich mich halten, die meine Vernunft verehren kann, den unpoetischen Märchenwust aber, sowie alle Entstellungen damaliger Zeit, und noch mehr das blutige und gehässige Heidentum der Nachfolger, will ich den Mut haben, wegzuwerfen, wenn es auch 200 000 000 auf fremde Autorität wirklich im Innersten für heilig annähmen. Aus demselben Prinzip handelte Luther, als er den ersten Schritt der Reform tat, aber das Licht, das er damals gereinigt, bedarf wahrlich des Putzens von neuem gar sehr, und Ehre dem Mann der Kirche, der groß genug sein wird, zu diesem Amte sich berufen zu fühlen und es ohne Rücksicht und Menschenfurcht auszuführen, wenngleich viel Zeter über ihn geschrien werden wird, denn daß er nichts anderes erwarten darf, das lehrt ihm zu deutlich die Geschichte. Waren es nicht immer grade die wenigen nur, die das Bessere und Wahre anerkannten, und die sie verfolgten die Menge? War es etwa die fanatische Herde, die Sokrates den Giftbecher reichte, oder die, welche Christus kreuzigte, oder die, welche Huß verbrannte, auf deren Seite die Wahrheit stand? Nein, erst nach Jahrhunderten nahm diese Menge selbst der Geopferten Meinung an, und versteinerte sich von neuem ebenso orthodox für dieselbe als früher dagegen. Das religiöse Bedürfnis ist gewiß eins der stärksten im Menschen, besonders wo noch Gesetze und Institutionen in der Kindheit sind. Wer es sich daher selbst nicht gestalten kann, muß die Form von andern entnehmen. Wenige sind in dem ersten, die Mehrheit stets im andern Falle. Dies erklärt leicht, wie sich die Macht der Kirche und Priester bilden mußte, und daß auf diese Weise Menschen Jahrhunderte, ja jahrtausendelang am Gängelbande gleich Kindern geführt werden können. Aber wenn dies gelingen soll, muß das Wissen zugleich zu Gunsten des Glaubens unterdrückt werden. Wo die Forschung frei wird, da verschwindet endlich, wenn gleich langsam, ein Betrug nach dem andern, das Licht erleuchtet zuletzt auch den entferntesten Winkel. Ist ein solches Ziel aber einmal erreicht, so hört auch der Gewissenszwang auf, und ein jeder verlangt unbeschränktes Feld für seinen Glauben, wie für sein Recht. Freilich absolute Sultane, fette Derwische, und stolze Satrapen fallen dann miteinander zu Boden, wie der tote Satz im edlen Wein! Wie jämmerlich nehmen sich aber, bei der Morgendämmerung einer so herannahenden Zeit, diejenigen aus, welche die Sonne am Aufgang verhindern zu können glauben, indem sie ihr den Rücken kehren und ihrem Glanze den veralteten, morschen und wurmstichigen Schirm vorhalten, der selbst dem Mondlichte nicht mehr widerstehen könnte. Im Trüben zu fischen wird ihnen noch eine Weile dabei gelingen, aber aufhalten können sie das Gestirn des Tages nicht – im Gegen teil, ihre ebenso leidenschaftliche als schwache Reaktion, ist der sicherste Vorbote seiner gewissen Annäherung.«
*
In vielem muß ich B... H... beistimmen, ob aber seine sanguinischen Hoffnungen sich sobald, oder überhaupt auf dieser Erde realisieren möchten, ist eine andere Frage. Daß jesuitische Grundsätze nicht mehr die Welt regieren werden, und daß Freiheit der Presse, wenn sie erhalten wird, unberechenbare Wunder tut und tun muß – das bin ich wohl überzeugt, aber Menschen werden dennoch Menschen bleiben, und folglich die Mächte der Gewalt und List immer, fürchte ich, allgemeiner herrschen, als die Kraft der Vernunft.
Mit Vater Lestrange besuche ich vormittags die Gerichtshöfe, um den militärischen O'Connell in der gepuderten Allonge-Perücke, schwarzem Talar und Beffchen plädieren zu sehen, und ging nachher in die Association, um dort den großen Agitator wieder in einer ganz andern Gestalt zu beobachten. Die Sitzung war heute sehr stürmisch. Herr L...s sprach wie ein Verwirrter und griff selbst O'Connell so stark an, daß dieser fast seine gewohnte Dignität darüber verlor. Er hielt dann zwar eine vortreffliche Gegenrede, haschte jedoch zu sehr nach Witz, der zuweilen auch nicht vom besten Geschmack war. Später sprachen zehne zugleich, der Sekretär rief zur Ordnung, hatte aber nicht Autorität genug, sich Gehorsam zu verschaffen. Kurzum, die Szene ward etwas unschicklich, bis zuletzt ein hübscher junger Mann, mit ungeheuerm Bart und in outrierter Kleidung (der dandy der Association, wie L...s ihr Don Quixotte), auf einen Tisch sprang, eine fulminante Rede hielt, die großen Applaus erlangte, und so die Ruhe wieder herstellte.
Bei Lady M... aß ich zu Mittag. Sie hatte mich durch ein Billett eingeladen, wie ich deren wohl ein Dutzend während meines Aufenthalts von ihr bekam, und die ich als charakteristisch anführen muß, da ich nie in meinem Leben von einer Dame kalligraphisch schlechter geschriebene und im Stil vernachlässigtere Billetts gesehen habe. Offenbar zeigte sich hier die Absichtlichkeit der großen Schriftstellerin, die möglichste insouciance, den vollständigsten abandon im gewöhnlichen Leben zu bekunden, wie die großen Solotänzer in Paris, während dem pantomimischen Teil ihres Auftretens, affektieren, einwärts zu gehen, um den Tänzer von Profession nicht zu verraten. Bei Tische machte Lady M... mit ihrem schon erwähnten Adjutanten C... Cl... die Hauptfrais alles obligaten Witzes, auch Herr Shiel zeigte sich aimable und als Mann von Welt. Am amüsantesten aber fand ich Lady M... und ihre Schwester abends im Sprüchwörterspiel, das beide vortrefflich in französischer Sprache extemporierten. So stellten sie unter andern, ›Love me, love my dog‹ (Liebst Du mich so liebst Du meinen Hund), folgendermaßen dar. Personen: Lady M..., eine alte Kokette, Lady C... ein irländischer fortune-hunter (Glücksjäger), ihre älteste Tochter die französische Kammerjungfer, und die jüngste Tochter ein Garde-Capitaine, Liebhaber der alten Dame. Zuerst sieht man Lady M... mit ihrem Kammermädchen bei der Toilette. Vertraulicher Rat Josephinens, verschiedene lächerliche Toiletten-Geheimnisse betreffend; Jammer der Kokette über die ankommenden Runzeln; endlich Versicherungen der abigail, daß, bei Abend, dennoch niemand schöner sei. Als Beweis werden die verschiedenen Anbeter angeführt, und Liebesgeschichten alter Zeiten erzählt. La comtesse convient de ses conquêtes, und macht mit vieler Laune ein Gemälde ihrer Triumphe. »Shut!« ruft die Kammerjungfer, »j'entends le capitaine.« Dieser, ein exclusive, erscheint mit fracas, einen kleinen Hund im Arme haltend, und erklärt nach einigen zärtlichen Komplimenten, daß er, genötigt sich zu seinem Regimente zu begeben, ihr Fidèle zurücklassen wolle, damit die schöne Gräfin nie vergesse, ihm fidèle zu bleiben. Burleske Beteurungen, Schluchzen, Umarmung, Abschied. Kaum ist der Capitaine fort, so erscheint der Irländer, und bringt sogleich einen Heiratskontrakt mit, indem die Gräfin ihr ganzes Vermögen ihm verschreiben soll. Als guter Weiberkenner behandelt er sie rüde und doch leidenschaftlich, so daß, nach schwacher Verteidigung und einer kleinen Szene, beide endlich einig werden. Indem bemerkt der Irländer den fremden Hund, und frägt befremdet, wo dieser her sei? Man stottert verlegen einige Entschuldigungen her. O'Connor MacFarlane spielt nun den in Wut geratenen Eifersüchtigen. Vergebens suchen die Weiber ihn zu beruhigen – er tobt, und besteht auf augenblicklicher Entfernung des Eindringlings. Die Gräfin versucht in Ohnmacht zu fallen, aber alles ist vergebens; selbst Josephine, die schon vorher, bei Gelegenheit des Ehekontrakts, eine volle Börse hinter dem Rücken ihrer Gebieterin erhielt, nimmt die Partei des Bramarbas, und dieser, mit der einen Hand seine Dame zurückhaltend, ergreift endlich mit der andern den kleinen Unglücklichen, und wirft ihn zur Türe hinaus. Aber, wo weh! In demselben Augenblicke kommt der Capitaine noch einmal zurück, um das vergessene Halsband zu bringen, und Fidèle fliegt in seine Arme. Die erschrockenen Damen ergreifen die Flucht, die Männer messen sich mit den Augen, O'Connor MacFarlane stößt schreckliche Drohungen aus, aber der Capitaine zieht den Degen, und Bramarbas springt zum Fenster hinaus. Dies Skelett ist mager; aber Lustigkeit, Laune und Witz machten es höchst unterhaltend. Die Unvollkommenheit der Kostüme vermehrten das Pikante, denn die Damen z. B. waren nur bis zur Mitte Männer, der Rest blieb Dame, d. h. sie hatten bloß Rock und Weste über ihre Kleider gezogen, und einen Hut aufgesetzt: ihr Degen war eine Reitgerte, und Fidèle ein Muff.
Lady M... erzählte mir nachher viel interessante Details über die bekannte Miss O'Neill, die ich, wie Du weißt, für das größte dramatische Talent halte, das ich je zu bewundern Gelegenheit gehabt. Sie sagte, daß diese, von Anfang an, mit dem erhabensten Genie begabte Künstlerin, am hiesigen Theater, wo sie lange spielte, ganz vernachlässigt blieb, ja fast für nichts geachtet wurde! Dabei war sie so arm, daß sie, wenn sie, nach angestrengtem Spiel, abends zu Haus kam, dort nichts zur Erfrischung, als eine Schüssel Kartoffeln fand und ein elendes Bett, das sie mit drei Geschwistern teilte. Lady M... besuchte sie einmal und fand das arme Mädchen ihre zwei Paar alten Strümpfe stopfen, die sie täglich wusch, um darin reinlich auf dem Theater erscheinen zu können. Lady M... verschaffte ihr hierauf allerlei Kleidungsstücke und nahm sich überhaupt ein wenig ihrer Toilette an, die bisher in allen Stücken, wo sie spielte, ganz vernachlässigt worden war. Seitdem erhielt sie etwas mehr, doch nur geringen Beifall. Um diese Zeit kam zufällig einer der Direktoren der Londoner Theater nach Dublin, sah sie, und engagierte sie, als ein besserer Kenner, sogleich für die Hauptstadt. Hier machte sie schon beim ersten Erscheinen furore und ward im Augenblick, von einem ungekannten armen Schauspielermädchen, das, ganz England überstrahlende, erste Gestirn an seinem Theaterhimmel. Noch immer erinnere ich mich mit Entzücken ihrer Darstellungen in London. Nie habe ich seitdem die Rolle der Juliet, von einer andern Schauspielerin, selbst unsern besten, ertragen können. Alles schien mir nur Manier, Affektation, Unnatur. Man mußte sehen, wie in den wenigen Stunden sich das ganze Leben der Shakespear'schen Juliet – so naturwahr vor den Zuschauern abspann. Zuerst erblickte man allein das harmlose, jugendlich fröhliche, unbefangene tändelnde Kind; dann, wie die Liebe erwachte, schien eine neue Sonne über sie aufzugehen, alle ihre Bewegungen wurden üppiger, ihre Miene strahlender, es war die, mit allem Feuer des Südens, sich ganz dem Geliebten hingebende Jungfrau. So erschloß sie sich in der lieblichsten, reichsten Blüte – aber Sorge und Unglück reifte bald vor unsern Augen die edle Frucht. Imposante Würde, die höchste Zärtlichkeit für den Gemahl, der festeste Entschluß in der Not, nahm jetzt die Stelle der glühenden Leidenschaft ein, des leichten, genußbegierigen Sinns – und wie ward die Verzweiflung dargestellt, am Ende – als alles verloren! – Wie furchtbar, wie herzzerreißend, wie wahr, und dennoch immer schön, wußte sie hier bis zum letzten Moment zu steigern! Ihrer Sache gewiß, erlaubte sie sich zuweilen bis an die äußerste Grenze des Darstellungsfähigen zu streifen, was keine andere hätte wagen dürfen, ohne in das Lächerliche zu fallen. Bei ihr wirkten jedoch grade diese Effekte, wie ein elektrischer Schlag. Ihr Wahnsinn und Sterben als Belvedeira unter andernIn: Venice Preserved von Otway. A. d. H. hatte eine so schaudervolle physische Wahrheit, daß der Anblick kaum zu ertragen war, und doch blieb es immer nur der Seelenschmerz, durch den körperlichen auf's höchste veranschaulicht, der so mächtig, ja vernichtend auf den Zuschauer wirkte. Ich wenigstens erinnere mich wohl, daß ich mich nach jenem Abend lange keinem sinnlichen Eindruck mehr überlassen konnteSo erkläre ich mir das Wunder der Speisung der 6000 Mann, besser wie Paulus (ich meine den Konsistorialrat). A. d. H. , und noch den andern Morgen, als ich erwachte, heiße Tränen über Belvedeiras Schicksal vergoß. Ich war allerdings damals sehr jung, aber viele teilten mein Gefühl, und es war auffallend, daß Deutsche, wie Franzosen und Italiener, gleich enthusiastisch über sie urteilten, da man sich doch sonst immer erst an das Nationelle etwas gewöhnen muß, um von einem Schauspieler sich ganz befriedigt zu fühlen. Sie hatte aber keine Spur von Manier, es war nur das echte und edelste Menschenbild, das wieder zum innersten Menschen sprach. Man konnte sie eigentlich nicht ›schön‹ nennen, obgleich sie eine edle Gestalt, herrliche Schultern und Arme und schönes Haar hatte. Ihr Gesicht besaß aber jenen undefinierbaren tragischen Ausdruck, der beim ersten Anblick die tiefsten Gefühle der Seele aufwühlt. Man glaubt in solchen Zügen die Spur aller Leidenschaften zu lesen, über welche dennoch überirdische Ruhe, wie eine Eisdecke über den Vulkan, gebreitet ist.
Gegen so viel Genie und Talent waren die Dubliner blind geblieben – als aber das Jahr darauf, die berühmte, gefeierte, vergötterte Miss O'Neill von London zurückkam, um einige Gastrollen zu geben – war auch sogleich der durch sie verbreitete Zauber so groß, daß nicht nur das ganze Publikum sich wie im Rausch und Taumel befand, sondern mehrere Damen ohnmächtig hinausgetragen werden mußten, und eine, über den Anblick der Raserei Belvedeiras wirklich närrisch wurde, und im Tollhause starbOhne Zweifel als Opfer der Nemesis, für den früheren Stumpfsinn der übrigen. A. d. H. . Wahrlich, bei solchen Erfahrungen wird einem der Enthusiasmus der Menge fast ekelhaft!
Diese große Schauspielerin zeichnete sich auch immer durch einen höchst liebenswürdigen Charakter aus und erhielt fortwährend allein ihre Familie, selbst zur Zeit ihrer größten Dürftigkeit. Auf einem kleinen Privattheater in der Provinz war sie zum erstenmal aufgetreten. Dieses sollte geschlossen und dabei noch eine feierliche Vorstellung, von den vorzüglichsten Dilettanten, gegeben werden, deren Ertrag für die Armen der Provinz bestimmt war. Man schrieb an Miss O'Neill nach England und bat sie, die hier zuerst ihre Kräfte versuchte, auch die letzte Darstellung durch ihre, jetzt von allen drei Königreichen bewunderte, Kunst zu verherrlichen; jede Bedingung, die sie mache, werde man eingehen. Miss O'Neill erwiderte, daß sie sich ungemein von dem Antrage geschmeichelt und geehrt fühle, aber weit entfernt, eine Belohnung für sich anzunehmen, werde sie mit Freuden eine Gelegenheit ergreifen, der Wiege ihres schwachen Talents den schuldigen Tribut zu bringen. Nur unter dieser Bedingung, und daß es ihr freistehen möge, auch ihren Beitrag für ihre armen Landsleute beifügen zu dürfen, würde sie am bestimmten Tage eintreffen. Augenzeugen haben mich versichert, daß sie nie eine vollendetere Darstellung gesehen, als die von Shakespeares unsterblichem Meisterstück an diesem Tage. Nie wäre Miss O'Neill besser unterstützt worden, und nie habe sie sich selbst mehr übertroffen. Eine eigne Schickung war es, daß sich an demselben Tage ein sehr reicher junger Baronet in sie verliebte, und sie ganz kurze Zeit darauf heiratete. Er beging einen großen Raub am Publikum, aber wer kann ihn deshalb verdammen! Miss O'Neill hat jetzt mehrere Kinder, ist noch immer reizend, wie man behauptet, lebt glücklich auf dem Landgute ihres Mannes, hat aber nie mehr, weder eine öffentliche, noch eine Privatbühne betreten.
(Der Schluß dieses Briefes, welcher, wie aus dem Anfang des Folgenden scheint, die Schilderung einiger öffentlichen Feste und Vorfälle dabei enthielt, ist abhanden gekommen.)
A. d. H.