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Obgleich die Franzosen große Schwätzer sind, giebt es doch bei ihnen eine Art von schweigsamen Derwischen, die man Karthäuser nennt. Wie es heißt, schneiden sie sich bei ihrem Eintritt in das Kloster die Zunge aus; und man würde es sehr wünschenswert finden, wenn die andren Derwische nach dem Beispiel jener sich auch alles Übrige wegschnitten, was ihnen nach ihrem Gelübde unnütz ist.
Doch giebt es hier auch schweigsame Leute, die noch weit seltsamer sind, als die obengenannten, Leute, die sich durch ein ganz außerordentliches Talent auszeichnen. Es sind dies nämlich Menschen, welche sprechen können, ohne etwas zu sagen; sie unterhalten eine Gesellschaft oftmals zwei Stunden lang, ohne daß es möglich wäre, sie zu ergründen, ihnen ihre Gedanken abzustehlen oder überhaupt von allem, was sie geredet, ein Wort zu behalten.
Diese Art Leute werden von den Weibern angebetet, aber doch nicht so sehr, wie andere, welche von der Natur das liebenswürdige Talent empfangen haben, zu rechter Zeit, d. h. jeden Augenblick, zu lächeln, und jedes Wort aus weiblichem Munde mit verbindlichem Beifall belohnen.
In seiner ganzen Glorie aber erscheint ihr Witz, wenn sie überall eine Feinheit zu entdecken und in den gewöhnlichsten Bemerkungen tausend kleine geistvolle Züge zu finden wissen.
Und noch andere kenne ich, die sogar leblose Dinge mit Erfolg an ihren Gesprächen teilnehmen und ihren gestickten Rock, ihre blonde Perücke, ihre Schnupftabaksdose, ihren Spazierstock und ihre Handschuhe für sich reden lassen. Auch ist es rätlich, sich schon von der Straße aus durch das Rollen seines Wagens und durch lautes Gepolter mit dem Thürklopfer hörbar zu machen; denn durch diese Einleitung sichert man sich schon im voraus für alles, was man noch sagt, den Beifall der Hörer; ein schöner Anfang macht alle Albernheiten erträglich, die später noch folgen; sie kommen dann glücklicherweise zu spät.
Bei uns legt man auf diese kleinen Talente keinen Wert; hier aber, – mein Wort darauf! – thun sie denen, die besten Dienste, welche so glücklich sind, sie zu besitzen; ein vernünftiger Mann wird neben dieser Menschenklasse kaum beachtet.
Paris, am 6. des ersten Mondes Rebiab, 1715.