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Neununddreißigster Brief.
Hagi Ibbi an den Juden Ben Josua, einen muhamedanischen Proselyten in Smyrna.

Hagi heißt ein Mann, wenn er die Wallfahrt nach Mekka gemacht.

Ich glaube, Ben Josua, daß die Geburt außerordentlicher Menschen sich immer durch auffallende Zeichen vorbereitet, als ob die Natur eine Art von Krisis erlitte, und die himmlische Macht nur mit gewaltsamer Anstrengung zu schaffen vermöchte.

Nichts ist so wunderbar wie die Geburt Muhameds. Gott, der nach dem Rate seiner Vorsehung von Anbeginn, beschlossen hatte, den Menschen diesen großen Propheten zu senden, um den Satan zu fesseln, schuf zweitausend Jahre vor Adams Geburt ein Licht, welches sich von einem Erwählten auf den anderen, von einem Ahnen Muhameds auf den folgenden vererbte bis es zuletzt ihn selbst erfüllte, als ein beglaubigtes Zeugnis seiner Abstammung von den Patriarchen.

Um dieses Propheten willen wollte Gott auch nicht, daß ein Kind empfangen würde, ohne daß die Natur des Weibes aufhörte, unrein zu sein, und die Beschneidung an dem männlichen Gliede vollzogen würde.

Er kam beschnitten auf die Welt, und von seiner Geburt an wohnte die Freude auf seinem Angesicht. Dreimal erbebte die Erde, als ob sie selbst in Wehen kreiste; alle Götzenbilder stürzten zu Boden; die Throne der Könige fielen in Trümmer; Lucifer wurde in die Tiefen des Meeres geschleudert, und erst nachdem er vierzig Tage mit den Wellen gerungen, entkam er aus dem Abgrund und flüchtete sich auf den Berg Kabes, von wo er mit schrecklicher Stimme nach den Engeln rief.

In jener Nacht schuf Gott eine Schranke zwischen Mann und Weib, die keins von ihnen überschreiten konnte. Die Kunst der Magier und der Geisterbanner hatte ihre Kraft verloren. Man vernahm eine Stimme vom Himmel, welche die Worte rief: »Ich habe meinen treuen Freund auf die Welt gesandt.«

Nach dem Zeugnisse des arabischen Geschichtschreibers Isben Aben versammelten sich die Scharen der Vögel, der Wolken, der Winde und alle die Legionen der Engel, um die Erziehung des Kindes zu übernehmen, und stritten sich, um das Vorrecht. Die Vögel behaupteten in ihrer zwitschernden Sprache, sie könnten ihn auf die bequemste Art erziehen; denn ihnen sei es am leichtesten, vielerlei Früchte aus den verschiedensten Gegenden herbeizubringen. Die säuselnden Winde erwiderten: »Uns kommt es vielmehr zu, weil wir ihm von allen Orten die lieblichsten Düfte zuwehen vermögen.« – »Nein, nein,« sagten die Wolken; »nein, unsrer Sorge muß er anvertraut werden; denn wir können ihn zu allen Zeiten mit frischem Wasser erquicken.« Darüber wurden die Engel unwillig, und sie riefen: »Was wird denn dann für uns zu thun übrig bleiben?« Aber vom Himmel ertönte eine Stimme, die dem Streit ein Ende machte: »Er soll nicht aus den Händen der Sterblichen genommen werden; denn selig sind die Brüste, welche ihn säugen, und die Hände, welche ihn berühren werden; und selig auch das Haus, das er bewohnen, und das Bett, auf dem er ruhen wird.«

Wenn man nach so vielen merkwürdigen Zeugnissen an sein heiliges Gesetz nicht glauben wollte, so müßte man ein Herz von Eisen haben, mein lieber Josua. Was mehr vermochte der Himmel zu thun, um seine göttliche Sendung zu bestätigen; es sei denn, daß er die Schöpfung vernichtet und die Menschen, die er gerade überzeugen wollte, dem Untergang geweiht hätte?

Paris, am 20. des Mondes Rhegeb, 1713.



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