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Zweiunddreißigster Brief.
Rica an***.

Neulich habe ich mir ein Haus angesehn, wo etwa dreihundert Personen eine ziemlich dürftige Versorgung finden. Das Hospice des Quinze-Vingt, ein Blinden-Institut. Es war bald genug gethan; denn weder die Kirche noch die übrigen Baulichkeiten sind der Betrachtung wert. Die Bewohner des Hauses waren recht heiter; mehrere von ihnen spielten Karten oder andere Spiele, die ich nicht kannte. Als ich mich wieder entfernte, ging auch gerade einer von diesen Leuten aus, und als er hörte, daß ich die Richtung nach dem Marais, dem entlegensten Viertel von Paris, zu erfahren wünschte, so sagte er: »Das ist gerade auch mein Weg, und ich will Sie führen; folgen Sie mir nur.« Er führte mich vortrefflich, half mir durch alle Schwierigkeiten und bewahrte mich geschickt vor Kutschen und anderen Fuhrwerken. Als wir beinahe am Ziele waren, wurde ich neugierig. »Guter Freund,« wendete ich mich zu ihm, »wollt Ihr mir nicht sagen, wer Ihr seid?« – »Ich bin ein Blinder, mein Herr,« antwortete er. »Wie!« rief ich aus, »Ihr seid blind? Warum habt Ihr da nicht den braven Mann, mit dem Ihr Karten spieltet, gebeten, uns zu führen?« – »Der ist gleichfalls blind,« versetzte er. »Seit vierhundert Jahren befinden sich unser immer dreihundert Blinde in dem Hause, wo Sie mich getroffen haben. Aber ich muß Sie hier verlassen; dort ist die Straße, nach der Sie fragten. Ich will mich unter das Volk mischen; ich gehe in jene Kirche, und, mein Wort darauf! ich werde die Leute dort mehr in Verlegenheit setzen, als sie mich.«

Paris, am 17. des Mondes Chalval, 1712.



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