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Eine traurige Nacht. – Rüstig spendet Trost und predigt Geduld. – Warum Wilhelm die Hafermehlsuppe holte. – Frau Sebald zeigt Mut.
Er fand die Gesellschaft in solcher Niedergeschlagenheit, daß er es nicht für geraten hielt, ein Gespräch anzufangen. Der Abend sank hernieder und die Zeit des Schlafengehens kam heran. Die Kinder waren schon zu Bett gebracht; Sebald aber saß noch immer stumm neben seiner Frau, ihre Hand in der seinen. Sie hatte ihren Kopf an des Gatten Schulter gelehnt und ab und zu entrang sich ein unterdrücktes Schluchzen ihrer Brust. Sebalds Antlitz war nicht nur traurig, sondern auch finster. So wurde es spät, sehr spät. Endlich konnte der alte Rüstig dieses Schweigen nicht länger ertragen.
»Sie wollen doch nicht etwa die ganze Nacht da sitzen bleiben, Herr Sebald?« begann er.
Der Angeredete raffte sich zusammen.
»Das nicht,« antwortete er, »was sollte uns das jetzt auch noch nützen.« Und ungeduldig aufstehend fügte er hinzu: »Komm, Frau, laß uns zu Bett gehen.«
Frau Sebald erhob sich und zog sich hinter den Vorhang zurück. Ihr Gatte war im Begriff, ihrem Beispiel zu folgen, als Rüstig, ohne ein Wort zu sagen, die Bibel vor ihn auf den Tisch legte. Sebald schien dies nicht zu bemerken; Wilhelm aber berührte des Vaters Arm und deutete auf das Buch, dann ging er hinter den Vorhang und führte seine Mutter wieder herbei.
»Wolle Gott mir vergeben!« rief jetzt der Vater. »In meiner Selbstsucht und Ungeduld hatte ich vergessen –«
»Ja, Herr Sebald, Sie hatten vergessen, daß in dem alten, heiligen Buche geschrieben steht: »Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.« Diese Worte sind wahr, Herr Sebald, ich habe ihre Wahrheit oft an mir selber erfahren.«
»O, wie schäme ich mich!« rief Frau Sebald in Thränen ausbrechend.
Der Vater öffnete die Bibel und las den Psalm. Als er das Buch wieder geschlossen hatte, sagte man einander nur noch gute Nacht und dann gingen alle zur Ruhe.
Während der ganzen Nacht umtobte der Sturm das Haus und der Regen peitschte das Dach und die Wände. Die Kinder schliefen fest, aber der Vater und die Mutter, sowie auch Rüstig und Wilhelm schlossen kein Auge; sie lauschten dem Unwetter draußen und hingen ihren trüben Gedanken nach. Das war die unglücklichste Nacht, die sie seit ihrer Ankunft auf der Insel erlebt hatten.
Vor Tagesanbruch war der alte Rüstig schon wieder draußen am Strande. Der Sturm war noch immer auf seiner Höhe; von dem Schiffe war nichts zu sehen. Er verweilte hier unten, bis Wilhelm erschien, ihn zum Frühstück zu rufen. Er fand die beiden Gatten gefaßter und ruhiger, als am Abend zuvor; dieselben begrüßten ihn herzlich und mit Wärme.
»Sie bringen uns keine guten Nachrichten, fürchte ich,« redete Vater Sebald ihn an.
»Nein, ehe der Sturm nicht vorüber ist, können Sie auch so etwas nicht erwarten.«
»Sagen Sie mir einmal aufrichtig, Freund Rüstig,« begann Frau Sebald, »glauben Sie wirklich, daß das Schiff wiederkommen wird, um uns abzuholen?«
»Ich will Ihnen die Aussichten, die wir haben, offen mitteilen, Madam. Während des Sturmes konnte das Fahrzeug in diesem klippenreichen Wasser nicht bleiben, das werden Sie einsehen; und was sonst der Sturm für Wirkung auf das Schiff hat, können wir hier gar nicht wissen. Es mag beigedreht haben, so daß es vielleicht ganz in der Nähe ist, wenn das Wetter aufklart; der Schiffer kann es auch für gut befunden haben, sich vor dem Winde treiben zu lassen, dann kann es jetzt schon hundert Seemeilen von uns entfernt sein. Danach zu urteilen, daß die Brigg unserer Insel so nahe gekommen war, kann Wassermangel an Bord sein; es fragt sich nun, ob sie jetzt nicht trotzdem ihren Weg verfolgen, oder aber auf einer andern Insel nach Wasser suchen wird. Sie wissen so gut wie ich, Madam, daß ein Schiffskapitän vor allen Dingen das Interesse seines Reeders wahrzunehmen hat. Das schließt aber nicht aus, daß der Führer jenes Schiffes uns doch noch einmal aufsucht, wenn ihm dies irgend möglich ist, vorausgesetzt, daß er ein fühlendes Herz in der Brust hat und Zeitverlust und andere Ungelegenheiten im Dienste der Menschlichkeit nicht scheut.«
»In all diesem liegt nur ein schwacher Trost für uns, Rüstig,« entgegnete Sebald.
»Was nützte es, wenn ich Ihnen falsche Hoffnungen machte?« erwiderte der Alte; »aber gesetzt auch, das Schiff käme nicht wieder, so hätten wir doch alle Ursache, uns über sein Erscheinen zu freuen.«
»Wie das, Rüstig?«
»Bisher wußte kein Mensch, ob wir noch lebten oder nicht, und wahrscheinlich hätte auch niemand nach uns gesucht; jetzt aber haben wir gezeigt, daß wir noch da sind, die Leute auf der Brigg haben den Namen unseres alten Schiffes auf der Flagge gelesen, wenn sie heimkommen, werden sie den Hafenbehörden dies mitteilen und auf diese Weise erhalten Ihre Freunde und Bekannten die Kunde von Ihrer Rettung. Muß das nicht ein Trost für Sie sein? Wenn auch dieses Schiff nicht wiederkehrt, so wird doch höchst wahrscheinlich zu rechter Zeit ein anderes eintreffen, das Sie wieder in die Welt zurückbringt.«
»Das leuchtet mir ein, lieber Freund, und bei ruhiger Überlegung hätte ich mir dies selber sagen müssen; gestern aber war ich so verzweifelt, daß ich gar keinen Gedanken fassen konnte. Wir dürfen unser Gottvertrauen nicht verlieren.«
»Das höre ich gerne, Herr Sebald,« antwortete Rüstig; »ich wußte, daß Sie bald wieder zu sich kommen würden. Ihre Enttäuschung hat mir sehr wehe gethan, wie ich ja immer mit Ihnen fühle. Diese bange Ungewißheit muß schrecklich für Sie sein.«
»Lassen Sie uns nicht mehr davon reden, lieber Freund; wir sind nur schwache Menschen, für die Zukunft aber werde ich mehr Festigkeit zeigen.«
Der Sturm hielt noch den ganzen Tag an, auch während der Nacht ließ er nicht viel nach. Am nächsten Morgen ging Wilhelm mit Rüstig an den Strand.
»Es weht nicht mehr so hart, als zuvor,« bemerkte der Knabe.
»Nein, mein Junge, der Sturm ist gebrochen und zum Abend wird er sich ganz gelegt haben. Nach dem Schiffe aber brauchen wir nicht mehr auszuschauen, das schwimmt jetzt schon weit von hier. Wenn es wirklich zurückkommen wollte, so würde es eine Woche dazu brauchen, wenn der Wind nicht nach Norden oder Westen herumginge.«
»Papa Rüstig!« rief Wilhelm jetzt plötzlich in großem Eifer, indem er nach dem südöstlichen Teil des Riffes deutete, »sehen Sie doch, da ist ein Boot!«
Der Steuermann hob das Glas ans Auge.
»Es ist ein Kanu,« sagte er, »mit Leuten darin.«
»Wo mögen die nur herkommen? Jetzt sind sie mitten in der Brandung; sie sind verloren!«
Damit rannte der Knabe nach der dem Kanu zunächst gelegenen Stelle des Strandes und Rüstig folgte ihm.
»Das Kanu muß von der großen Insel dort kommen, der Sturm wird's verschlagen haben,« meinte der Alte, wieder durch das Glas sehend; »ich kann zwei Wilde darin erkennen. Sie arbeiten auf Leben und Tod und scheinen schon ganz erschöpft zu sein. Die gefährlichste Stelle aber haben sie hinter sich.«
»Die Brandung hier am Strande steht aber noch hoch genug,« sagte Wilhelm.
»Die überwinden sie wohl, wenn sie noch Kraft genug behalten; sie wissen ihr Kanu trefflich zu handhaben.«
Während dieses Gesprächs hatte das kleine Fahrzeug sich dem Lande schnell genähert und gleich darauf schoß es durch die Brandung und lief auf den Sand. Damit war aber auch die Kraft seiner Insassen erschöpft; zum Tode ermüdet sanken sie auf den Boden des Kanus nieder.
»Laß uns den Kahn höher aufs Land ziehen, Wilhelm,« rief Rüstig, »sonst reißen die Wogen ihn wieder zurück.«
Sie griffen kräftig zu und bald war das kleine Fahrzeug aus dem Bereich der Gefahr. Rüstig gewahrte jetzt, daß die beiden Wilden Weiber waren; auf den Gesichtern derselben zeigten sich Tättowierungen, wodurch sie häßlich entstellt wurden, im übrigen waren sie jung und wohlgestaltet.
»Soll ich ihnen etwas zur Stärkung holen, Papa Rüstig?« fragte Wilhelm.
»Ja, Junge, lauf, Juno soll dir geben, was sie hat, am besten wäre etwas Warmes.«
Der Knabe rannte davon und kehrte bald mit einem Topf voll Hafermehlsuppe zurück, die Juno zum Frühstück bereitet hatte. Rüstig flößte den beiden Wilden davon ein, wonach dieselben sich ein wenig erholten. Inzwischen eilte Wilhelm ins Haus, um den Vater von dem unerwarteten Ereignis in Kenntnis zu setzen, der auch bald darauf am Strande erschien, begierig, die fremden Gäste zu sehen. Im Kanu fand sich weiter nichts vor, als eine Matte und zwei Paddelruder. Diese letzteren, wie auch der Bug des Fahrzeugs, waren künstlich geschnitzt.
»Die armen Weibsleute sind vom Sturm hart mitgenommen,« bemerkte Rüstig. »Jedenfalls hat sie der Wind von einer der süd-östlichen Inseln hierher getrieben und wahrscheinlich sind sie bereits seit Beginn des Unwetters, also seit vorgestern, ohne Wasser und Nahrungsmittel unterwegs. Es ist ein Glück für sie, daß sie unser Eiland erreichten.«
»Das mag sein,« entgegnete Vater Sebald, »ich aber bin keineswegs erfreut über ihre Ankunft. Dieselbe beweist uns, daß wir Nachbarn in der Nähe haben, die uns vielleicht eines Tages einen recht unwillkommenen Besuch abstatten.«
»Unmöglich ist das nicht,« antwortete Rüstig, »dadurch aber, daß diese beiden armen Geschöpfe hier ans Land geworfen wurden, wird die Sache nicht verschlimmert, im Gegenteil, vielleicht erwächst uns daraus ein Vorteil, denn wenn die Frauenzimmer ein wenig Deutsch lernen, ehe die andern Wilden kommen, dann können sie uns Dolmetscherdienste leisten und auf diese Weise vielleicht unser Leben retten.«
»Würde ein Besuch der Wilden wirklich so gefährlich für uns sein, Rüstig?« fragte Sebald.
»Das ist anzunehmen, denn sehen Sie, Herr Sebald, solche Wilde sind wie die Kinder; was sie sehen, wollen sie haben, und giebt man's ihnen nicht gutwillig, dann nehmen sie es mit List und Gewalt. Ganz arg sind sie nach Eisen und dergleichen. Kommen sie und wir verbergen ein Teil unserer Habseligkeiten und liefern ihnen den Rest aus, dann geht's vielleicht noch so ab; aber trauen darf man ihnen trotzdem nicht, und ich für meine Person würde mich lieber gegen eine noch so große Übermacht verteidigen, als mich auf ihre Gnade verlassen.«
»Wie sollen wir uns aber verteidigen, wenn eine ganze Schar herüber kommt?«
»Wir müssen uns eben auf solch einen Besuch vorbereiten; wenn wir uns hinter Pallisaden verschanzen, dann sind wir mit unsern Schießgewehren einem ganzen Heer von diesen Kerlen vollauf gewachsen.«
Sebald wendete sich ab. »Es ist nicht sehr angenehm,« sagte er nach einer längeren Pause, »von Verteidigungsmaßregeln gegen die Wilden sprechen zu müssen, nachdem wir erst vor zwei Tagen die Hoffnung hatten, die Insel verlassen zu können. O, daß das Schiff doch wieder käme!«
»Der Wind legt sich und noch vor Abend wird das Wetter wieder fein sein;« entgegnete Rüstig. »Mag sein, daß das Schiff wiederkommt; vor Ablauf einer Woche brauchen wir diese Hoffnung nicht aufzugeben.«
»Eine ganze Woche!« seufzte Sebald. »Ach, Freund Rüstig, solch ein Hoffen kann einem das Herz krank machen!«
»Es ist eine Prüfung, Herr Sebald, aber wir müssen Geduld haben. Jetzt wollen wir die armen Wilden ins Haus führen, damit sie sich dort erholen.«
Der Alte gab den beiden Geretteten durch Zeichen zu verstehen, daß sie aufstehen sollten; sie gehorchten, wenn auch mit Mühe. Dann schritt er dem Hause zu und winkte ihnen, zu folgen; sie versuchten es, wären aber nicht weit gekommen, wenn Wilhelm und sein Vater sie nicht gestützt hätten.
Frau Sebald, von dem Vorfall unterrichtet, empfing sie freundlich, und Juno setzte ihnen Nahrung vor; sie aßen und tranken ein wenig und legten sich dann zum Schlafen nieder.
»Es ist gut, daß es Weiber sind,« bemerkte Vater Sebald, »wären es Männer, so könnten uns durch ihre Anwesenheit leicht Schwierigkeiten erwachsen.«
»Das ist schon recht,« antwortete Rüstig, »aber wir müssen auch diesen Weibsleuten gegenüber zunächst vorsichtig sein. Ist es Gottes Ratschluß, daß wir noch auf dieser Insel bleiben sollen, dann können sie uns in mancher Hinsicht nützlich werden, Arbeit findet sich genug für sie.«
»Wo bleiben wir aber während der Nacht mit ihnen?« fragte Sebald.
»Auch daran dachte ich schon,« entgegnete der Alte; »wir bringen sie vorläufig im Vorratshause unter.«
Dieser Vorschlag fand Beifall.
Wir müssen nun über einen Zeitraum von fünfzehn Tagen hinweggehen, während dessen auf der Insel nichts gefördert wurde. Die Erwartung, daß die Brigg wiederkommen würde, lähmte jede Thätigkeit, obgleich diese Aussicht mit jedem Tage geringer wurde. Jeder Sonnenaufgang fand Rüstig und Wilhelm mit dem Teleskop unten am Strande, und der Tag verging unter Vermutungen und Hoffnungen, in Hangen und Bangen. Das Schiff hatte mit seinem Erscheinen die regelmäßige Lebenseinteilung, die Zufriedenheit und Seelenruhe der Inselbewohner gänzlich über den Haufen geworfen. Man sprach von nichts anderem, man begann keine Arbeit mehr, denn das war ja unnütz, wenn man das Eiland doch bald verlassen würde. Als aber zwei Wochen vergangen waren, da sah man sich, wenn auch mit schwerem Herzen, gezwungen, alle Hoffnungen fahren zu lassen. Man hatte Zeit gehabt, sich in Ergebung und Entsagung zu üben und es blieb nun nichts anderes übrig, als sich von neuem den Anforderungen des Lebens zuzuwenden.
Die malayischen Weiber hatten sich längst erholt und sich als sehr sanfte und willige Geschöpfe gezeigt. Sie thaten, was man sie hieß und wußten sich sogar schon hier und da eines deutschen Wortes zu bedienen. Rüstig und Sebald begannen wieder von der nächsten Forschungsreise zu reden, und schon hatte man den Antritt derselben auf den kommenden Montag festgesetzt, da trat wiederum ein Ereignis ein, das ihre Pläne zu Nichte machte.
Als der Steuermann am Sonnabend Morgen seine gewöhnliche Runde machte, vermißte er das Kanu, das bisher ruhig auf dem Strande gelegen hatte. Die Wogen konnten es nicht herabgespült haben, dafür hatte man es zu hoch heraufgezogen. Den Alten durchfuhr ein Schreck; er suchte mit dem Fernrohr die See ab und glaubte in der Richtung der großen Insel einen Punkt auf dem Wasser zu entdecken. Während er noch so stand, kam Wilhelm an ihn heran.
»Ich fürchte, die malayischen Weibsleute haben sich in ihrem Kanu davon gemacht,« sagte er zu dem Knaben. »Lauf und sieh einmal, ob sie noch im Vorratshause oder sonst wo stecken; bringe mir aber gleich Bescheid.«
Der Knabe flog davon und war nach wenigen Minuten wieder da; er berichtete, daß die Wilden nicht zu finden seien und daß dieselben ein Säckchen mit großen Nägeln und auch sonst noch allerlei eiserne Geräte aus dem Vorratshause mitgenommen haben müßten.
»Das ist eine schlimme Geschichte, mein Junge,« brummte der Alte; »eine sehr schlimme Geschichte!«
»Aber warum denn, Papa Rüstig? Ich sollte doch meinen, daß wir diese Wilden ganz gut entbehren können.«
»Das schon, lieber Junge, aber wenn sie ihren Leuten daheim das Eisen zeigen und ihnen erzählen, wie viel davon hier noch vorhanden ist, dann kommt die ganze Bande herüber, um sich mehr zu holen. Ich hätte das Kanu auch nicht hier liegen lassen sollen, es hätte verbrannt werden müssen. Komm, wir wollen mit dem Vater Rücksprache nehmen; es muß etwas geschehen und zwar je eher, desto besser. Der Mama gegenüber aber müssen wir thun, als habe die Sache gar nichts auf sich.«
Vater Sebald erkannte die Gefahr gleich nach den ersten Worten, allein er war der Ansicht, daß man seiner Frau dieselbe nicht verbergen dürfe.
Man hielt einen Kriegsrat, auf dem folgendes beschlossen wurde:
Das Vorratshaus war ohne Aufschub mit festen Pallisaden zu umgeben und sodann in ein Wohnhaus umzuwandeln; die Vorräte, die innerhalb der Pallisaden keinen Platz fanden, waren in das bisherige Wohnhaus zu schaffen, oder im Walde zu verstecken. Nachdem man sich auf solche Weise gegen einen Überfall gesichert hätte, sollten die zuvor gefaßten Pläne nach Möglichkeit ausgeführt werden. Die Befestigungsarbeiten hatten am Montage zu beginnen, der Sonntag aber wurde dazu bestimmt, den Allmächtigen um Hilfe und Beistand anzuflehen.
Frau Sebald war von allem in Kenntnis gesetzt worden.
»Ich weiß nicht, wie es zugeht,« sagte sie, »aber seit uns eine wirkliche Gefahr droht, fühle ich mehr Mut als zuvor, wo wir noch wenig oder nichts zu fürchten hatten.«
»Das glaube ich Ihnen, Madam,« antwortete der alte Rüstig, »und ich glaube auch, daß Sie im Falle der Not diesen Mut beweisen werden; hoffentlich aber läßt Gott es nicht soweit kommen.«
»Wie wenig wissen wir doch, was schon die allernächste Zeit uns bringen mag!« bemerkte Vater Sebald. »Wie freudig waren unsere Erwartungen, als jenes Schiff seine Flagge zeigte, glaubten wir doch, darin die Verheißung zu erkennen, daß wir nun aus unserer Verbannung erlöst werden sollten. Es kam der Sturm, der das Schiff unseren Blicken entrückte, dagegen jene Wilden auf unsern Strand warf. Dann wurde das Wetter schön, und aufs neue hofften wir, das Schiff zu unserem Beistände erscheinen zu sehen, statt dessen aber setzte es die malayischen Weiber in den Stand, mit ihrem Kanu die Flucht zu ergreifen und von unserm Hiersein ihren wilden Brüdern Kunde zu geben, die nun vielleicht kommen werden, uns zu vernichten. Wie wahr ist es doch, daß alles Trachten der Menschen eitel ist und daß Gottes Pläne allein Bestand haben!«
»So ist es,« nickte der alte Rüstig, »und darum beten wir auch jetzt: Dein Wille geschehe!« –