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Wären wir Wagnerianer, wir müßten formulieren: Mozart »erlöste« uns Jüngere von Wagner. Wieder tauchen wir in diese hellere Welt, in die leichtere, gegliederte. Zart ist sie neben jener schweren, gelassen neben der schreienden, eindeutig klar neben der schwülen.
Jener verlangte mit brünstigen Rufen aus seinen Fesseln zum Äther empor, dieser schwebte mit leichtem Flügelschlage durch die blauen Gefilde. Wenn sein Akkord ertönt, eröffnet sich die übersonnte Welt.
Dennoch war er dieser Erde, war er den Menschen tiefer verbunden, verwandt und gewachsen als jener Rufer aus dem Tartarus. Dramatiker aus Menschensinn, nicht aus Theatralik, fand dieser absolute Musiker mit schlafwandlerischer Sicherheit den Ausdruck für die Charaktere, die irgendwelche Librettisten sich bemühten, ihm vorzuzeichnen. Und als er dann das eine Mal mit einem Dichter zusammentraf, entstand das Werk, das, jenseits aller Theorien, nicht seinesgleichen hat: dramatisch, logisch, harmonisch, komisch, ein Vorbild des »Wort-Ton-Dramas«, früher Oper genannt: Figaro, geschrieben hundert Jahre vor der Götterdämmerung.
Und hundert Jahre nachher, wenn Wagner, erkannt als genialisches Monstrum vom Range des Bernini, in die Seitenkanäle der Geschichte hingeleitet ist: noch immer werden die goldenen Kugeln steigen und sinken, mit denen dieser junge Musikant gespielt hat.
Dann schimmert über den heiteren Weisen der Schleier der Schwermut deutlicher auf, der, durchsichtig wie sein Orchester, unirdisch wie seine Harmonie, gebreitet liegt um seine Welt. Und wenn man aus dem Nibelungenringe nur in historischen Konzerten noch Stücke hören kann, rührt immer noch der Page Cherubim zum Lachen und zum Weinen, wenn er leise singt:
Voi che sapete
che cosa é l'amor ,…
Altenburg
Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co