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Verfehlte Freundschaft

Wir waren Freunde einst gewesen
und werden nie uns wiedersehn.
Wir haben Wedekind gelesen
und spürten Zukunftslüfte wehn,
sahn fiebernd die Theaterstücke
und sprachen lang nachtwandelnd klug,
verweilten auf der Neißebrücke,
indes die zwölfte Stunde schlug,
des Wasserwerkes Lichter wallten
im Fluß, der von den Bergen kam,
bis unsre Schritte widerhallten,
wenn eins vom andern Abschied nahm
am Brunnen auf dem Rathausplatze,
die Stadt lag still in ihrem Schlaf,
nur eine herrenlose Katze
mit mir sich auf dem Heimweg traf.
Vielleicht trat kurz vor meiner Pforte
der Wächter aus der dunklen Wand
und gab mir ein paar Morgenworte,
bevor ich aufschloß und entschwand.
Wie gern bespräch' ich all das wieder
mit ihm, der es mit mir beging,
des ersten Lenzes meiner Lieder
verschwenderischen Schatz empfing,
nachsichtig lächelnd, überlegen
mich an Verliebtheit leiden sah;
doch waren sich auf Sommerwegen
die jugendlichen Sinne nah,
wir lagerten am Hang im Grase,
allmählich strich vom Tal empor
die Abendluft uns um die Nase,
daß man zuletzt ein wenig fror
und, Zäune streifend mit dem Stabe,
nichtsnutzig in die Stadt einzog.
O wär' ich noch einmal der Knabe,
der damals gern sich selbst belog,
obgleich ich heimlich längst erkannte,
was falsch an dieser Freundschaft war!
Heut wünscht sich dennoch der Verbannte
zurück in jedes Jugendjahr,
zurück zu dem ungleichen Bunde,
in dem der andre immer nahm,
zurück zu jeder guten Stunde,
da ich mit ihm vom Schauspiel kam
und wir die stille Nacht durchschritten,
indes die zwölfte Stunde schlug,
uns auf der Neißebrücke stritten.
Es war doch schön, war es auch Trug
gleich allem, was wir damals trieben,
und war auf alles kein Verlaß:
wir waren doch bestrebt, zu lieben,
heut ist man stolz auf seinen Haß.
O könnten wir mit frohen Mienen
wie damals durch das Leben gehn,
als wir noch unzertrennlich schienen!
Wir werden nie uns wiedersehn.


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