Auswahl Deutscher Gedichte für höhere Schulen
InhaltInhalt
- Auswahl Deutscher Gedichte für höhere Schulen
- Winters Flucht
- Vorfrühling
- Frühlings Auferstehung
- Frühlingsbotschaft
- Am ersten Maimorgen
- Er ist's
- Frühlingsglaube
- Ganymed
- Die Frühlingsfeier
- Frühlingsbotschaft
- Gekommen ist der Maie
- Der Postillon
- Weißer Flieder
- Mainacht
- Der Sommerabend
- Sommerabend
- Pastors Abendspaziergang
- Sommernacht
- Die Sommernacht
- Gang durch die Nacht
- Wetterleuchten
- Über die Heide
- Herbst
- Septembermorgen
- Oktoberlied
- Herbstlich sonnige Tage
- Herbstgefühl
- Das gelbe Laub erzittert
- Herbstdämmerung
- Spruch
- Ein Lied hinterm Ofen zu singen
- Die Kinder im Schnee
- Harzreise im Winter
- Der Eislauf
- Winternacht
- Vom Kirschbaum
- Hoffnung
- Spruch
- Morgenlied
- Morgenlied
- Morgenlied
- Morgengebet
- Sonntagsfrühe
- Sonnenaufgang im Mai
- Mittagszauber
- Abendsonne
- Abend
- Abendgebet
- Abendlied
- Wiegenlied
- Abendlied
- Vor Schlafengehen
- Ein geistlich Abendlied
- Sehnsucht
- Spruch
- Nacht
- Wandrers Nachtlied
- Wandrers Nachtlied
- Die frühen Gräber
- An den Mond
- In der Nacht
- Gode Nacht
- Um Mitternacht
- Manche Nacht
- In der Nacht
- Die Nacht
- Wächterruf
- An den Schlaf
- Der Bach
- Der Strom
- Mahomets Gesang
- Gesang der Geister über den Wassern
- Die Weser
- Wassersnot
- Johanna Sebus
- Das Lied vom braven Mann
- Die Brück' am Tay
- Spruch
- Schilflied
- Der Zürchersee
- Meeresstille
- Glückliche Fahrt
- Wir saßen am Fischerhause
- Die Ozeaniden
- Der Gesang des Meeres
- Ol Büsum
- Der Taucher
- Feldeinsamkeit
- Vor der Ernte
- Gebet der Ähre
- Abseits
- Das Haus in der Heide
- Heidenacht
- Hünengrab
- Der Knabe im Moor
- Heide im Winter
- Die Heideschenke
- Der Heideknabe
- Waldlied
- Aus dem Walde
- Holzflöße
- Jetzt rede du!
- Der Harz
- Der Alpenjäger
- Sprüche
- Preis der Tanne
- Ein Fichtenbaum steht einsam
- In der Stadt
- Die Wettertanne
- Das Birkenbäumchen
- Einkehr
- Der Kirschbaum
- Die Lotosblume
- Das Veilchen
- Klage des Ceres
- Sprüche
- Löwenritt
- Das treue Roß
- Das Häslein
- Schwalbenlied
- Die Sperlinge
- Die Frösche
- Das Spinnlein
- Die Lerche
- Junge Brut
- Der Stieglitz
- Der Panther
- Die Größe der Welt
- Ballade
- Sonnenuntergang
- Stille der Nacht
- Die Erde
- Sprüche
- Der getreue Eckart
- Erlkönig
- Der Fischer
- Lorelei
- Die Heinzelmännchen
- Die wandelnde Glocke
- Der Totentanz
- Lenore
- Frau Hitt
- Der Mops und der Mond
- Die Katzen und der Hausherr
- Feine Leute haben feine Sachen
- Das Huhn und der Karpfen
- Fuchs und Bär
- Der Hirsch und der Fuchs
- Der Tanzbär
- Fuchs und Pferd
- Adler und Taube
- Fuchs und Igel
- Motten
- Die Nützlichen
- Ellengröße
- Turnen
- Die Zaunranke und der Klee
- Die Sonne und die Tiere
- Blau-Veilchen
- Vom Bäumlein, das andre Blätter hat gewollt
- Die Ameise
- Der Bauer und sein Kind
- Rätsel
- Guter Rat
- Ich will heraus aus dieser Stadt
- Der frohe Wandersmann
- Wanderlied
- Morgenwanderung
- Ausfahrt
- Wanderlied
- Der Wandrer in der Sägemühle
- Zwei Heimgekehrte
- Der Reisebecher
- An die Natur
- Radowessische Totenklage
- Des Knaben Berglied
- Der wilde Jäger
- Der weiße Hirsch
- Rätsel
- Schwert und Pflug
- Das eleusische Fest
- Das Riesenspielzeug
- Im Heu
- Eigen Land
- Mondüberschimmert
- Erntelied
- Der Sämann
- Der güldene Ring
- Lied der Kohlenhauer
- Der Bohrturm
- Der Tod im Schacht
- Spruch
- Der Kaufmann
- Die ganze Welt
- Junker Dampf
- Der Blitzzug
- Hohe Station
- Steinkohlenlied
- Lokomotive
- Auf der Straßenbahn
- Auf der Straßenbahn
- Sprüche
- Die Trommel
- Soldaten-Morgenlied
- Inschrift
- Tod in Ähren
- Schlachtgesang
- Großmutting, hei is dod!
- An Anfrag
- »So einer war auch Er!«
- Rätsel
- Der Lotse
- John Maynard
- In Sturmes Not
- Salas y Gomez
- »Een Boot is noch buten!«
- Die Schiffersfrau
- Jan Bart
- Der siebzigste Geburtstag
- O, hast du noch ein Mütterchen
- Das Erkennen
- Meiner Mutter
- Vom Grab meiner Mutter
- Bei dem Grabe meines Vaters
- Ein Grab
- Die beschränkte Frau
- Beim Tode meines Bruders
- Ein Friedhofsgang
- Der Sohn der Witwe
- Das Kind am Brunnen
- Gut Nacht
- Auf meines Kindes Tod
- Die Bürgschaft
- Lied der Freundschaft
- Es ragt ins Meer der Runenstein
- Sprüche
- Freund und Feind
- Das Herzensschlüsselein
- Gruß
- Willkommen und Abschied
- Liebesfrühling
- Seit ich ihn gesehen
- Mailied
- Du bist wie eine Blume
- Die Beiden
- Die Nachtigall
- Abreise
- Elisabeth
- Das verlassene Mägdlein
- Das zerbrochene Ringlein
- Hochzeitslied
- Im stillen Hafen
- Helfe Gott mir
- Nun hast du mir den ersten Schmerz getan
- Epilog
- Rückkehr in die Heimat
- Heimkehr
- Die alte Rathausuhr
- In der Heimat
- Daheim
- Abschied
- Die Stadt
- Ein Freund ging nach Amerika
- Die Auswanderer
- Vereinsamt
- Nachklang
- Heimweh
- Aus der Jugendzeit
- Die Stadt
- Das Schloß Boncourt
- Das alte Haus
- Min Port
- Sprüche
- Deutscher Trost
- Vaterlandslied
- Warum ruf' ich?
- Frühlingsgruß an das Vaterland
- An das Vaterland
- Mein Vaterland
- An das Vaterland
- Unsere Sprache
- An die Sprache
- Muttersprache
- Uns' plattdütsche Sprak
- Wert der Muttersprache
- Ein Gleichnis
- Wort und Schrift
- Rätsel
- Sprüche
- Der Schatzgräber
- Der Schatzgräber
- Die Schatzgräber
- Die alte Waschfrau
- Einem Tagelöhner
- Lied eines Armen
- Arbeit
- Arbeit
- Arbeit
- Der Arbeitsmann
- Für meine Söhne
- Ehre
- Die Ideale
- Sprüche
- Hab Sonne!
- Da aber liegt's
- Der Jünger
- Sprüche
- Der Prozeß
- Die Rache
- Der Bettler und sein Hund
- Sprüche
- Die zwei Gesellen
- Das Glück
- Glück
- Du hast mich beschenkt
- Täglich zu singen
- Die Sorglichen
- Es war einmal
- Über ein Stündlein
- Der törichte Jäger
- Das Postmaidlein
- Das Glück und die Weisheit
- Beherzigung
- Sprüche
- Der Glockenguß zu Breslau
- Die Sonne bringt es an den Tag
- Der König
- Auf die Reise
- Sprüche
- Am ersten Sarge
- Meine Gräber
- Die Uhr
- Spuk
- Der Tod und das Kind
- Zu spät
- Cita mors ruit
- Denk' es, o Seele!
- Das Kind
- Der Liebe Dauer
- Chor der Toten
- Sprüche
- Die Worte des Glaubens
- Die Worte des Wahns
- Der Vorhang
- Prooemion
- Was quälst du dich ihn zu finden?
- Dem unbekannten Gott
- Im Schutz des Herrn
- Sprüche
- Der bessere Teil
- Grenzen der Menschheit
- Vom Beten
- Wie oft Gott zu danken sei?
- Dem Erlöser
- Abendgebet
- Sprüche
- Schäfers Sonntagslied
- Friede auf Erden
- Knecht Ruprecht
- Gebet eines kleinen Knaben an den heiligen Christ
- Des fremden Kindes heiliger Christ
- Die Hirten
- Die Könige
- Weihnachtslied
- Weihnacht
- Weihnachten auf fremdem Meere
- Zum neuen Jahre
- Ostermorgen
- Pfingstlied
- Der Gang nach dem Eisenhammer
- Der Dorfkirchhof
- De Garn
- Sprüche
- Der Maler
- Natur und Kunst
- Meine Göttin
- Die Phantasie vor Gericht
- Steinerne Tierskulptur
- Begeisterung
- Sprüche
- Pegasus im Joche
- Freie Kunst
- Die Alten und die Jungen
- Wenn ein Kind im Dunkeln bang
- Sprüche
- Die Teilung der Erde
- Der Sänger
- Des Sängers Fluch
- Das Distichon
- Das Epigramm
- Der Reim
- Der Reim
- Arten der Dichtung
- Dramaturgische Epistel
- Gegenmächte
- Sprüche
- Von des Kaisers Bart
- Die Eichelsaat
- Böser Markt
- Tragische Geschichte
- Der Junker und der Bauer
- De Reknung ahn Wirt
- De Koppweihdag'
- Oh, Jöching Päsel, wat büst du för'n Esel!
- Restauration
- Frühlingslied
- Vom Pythagoräischen Lehrsatz
- Die Schule von Athen
- Plato
- Die Ideen
- Die Weisheit der Stoa
- Die Gärten des Epikur
- Sprüche des Konfuzius
- Eure Weisheit
- Archimedes und der Schüler
- Wahrheit
- Einem jungen Freunde, als er sich der Weltweisheit widmete
- An die Transzendenten
- Sprüche
- Das Göttliche
- Das Ideal und das Leben
- Bildung
- Ein fester Standpunkt
- Unser Gedächtnis
- Sprüche
- Die vier Alter
- Die Blütenfee
- Das Gewitter
- Der Mensch
- Die Winterwasser rauschen
- Eingelegte Ruder
- Mit vierzig Jahren
- Die Jahre
- Abendlied
- Greisenglück
- Hoffnung
- Sprüche
- Die Herrgottskinder
- Der Spaziergang
- Menschheit
- Das Lied von der Glocke
- Schicksalslied
- Gesang des Lebens
- Weltmitte
- Deutsche Hymne
- Weine nicht
- Spruch
- Parabel
- Das Kind der Sorge
- Die Kreuzschau
- Altdeutsches Rätsel
- Die tote Erde
- Das verschleierte Bild zu Sais
- Der Zauberlehrling
- Brahmanische Erzählung
- Chidher
- Harmosan
- Mose im Nil
- Pharao
- Goliath und David
- Belsazer
- Legende vom Hufeisen
- Petrus
- Der gerettete Jüngling
- Die wiedergefundenen Söhne
- Prometheus
- Antigone
- Kassandra
- Das Siegesfest
- Der Ring des Polykrates
- Die Kraniche des Ibykus
- Der kleine Hydriot
- Sprüche
- Ver sacrum
- Der Gesang der Parze
- Drusus' Tod
- Der Tod des Tiberius
- Pompeji und Herkulanum
- »Ave Caesar, morituri te salutant!«
- Die Sehnsucht des Weltweisen
- Der Tod des Carus
- Lied der Legionen
- Die Römerstraße
- Mignon
- Das Glück von Edenhall
- Die traurige Krönung
- Taillefer
- Archibald Douglas
- Das Herz von Douglas
- Shakespeare
- Sprüche
- Das Geisterroß
- Graf Richard Ohnefurcht
- Bertran de Born
- Bretagne
- Die Grenadiere
- Schlafwandel
- Die drei Zigeuner
- Die Werbung
- Die Walküren
- Das Schloß am Meere
- Der blinde König
- Der König in Thule
- Die sterbenden Helden
- Der Läufer von Glarus
- Tells Tod
- Hunnenzug
- Gotentreue
- Das Grab im Busento
- Das Schwert
- Siegfrieds Schwert
- Volkers Nachtgesang
- Hagens Sterbelied
- Gudruns Klage
- Von Kaiser Karl dem Großen
- König Karls Meerfahrt
- Das Pferd als Kläger
- Klein Roland
- Roland Schildträger
- Heinrich der Vogelsteller
- Herrad
- Die Kaiserwahl
- Im Lager von Akkon 1190
- Mittelalter seit der Hohenstaufenzeit
- Barbarossa
- Sage und Geschichte
- Schwäbische Kunde
- Die Johanniter
- Der Graf von Habsburg
- Graf Eberhard der Rauschebart
- Der Überfall im Wildbad
- Die drei Könige zu Heimsen
- Die Schlacht bei Reutlingen
- Die Döffinger Schlacht
- Der Kaiser und der Abt
- Der Kampf mit dem Drachen
- Der Handschuh
- Das Münster
- Reformation
- Der fremde Reiter
- Huttens letzte Tage
- Bauernaufstand
- Alte Landsknechte
- Wartburg-Dämmerung
- Der Rappe des Komturs
- Der Pilgrim vor St. Just
- Tilly
- Der 6. November 1632
- Schloß Eger
- Die Friedenseiche
- Der alte Derffling
- Bei Eröffnung des Feldzuges
- Wer weiß wo?
- Der Choral von Leuthen
- Seydlitz
- Der alte Zieten
- Zieten
- Die Exekution
- Das Feuer im Walde
- Sanssouci
- Schill
- An die Königin Luise von Preußen
- Vor Rauchs Büste der Königin Luise
- Fluchtlied
- Anno Domini 1812
- Andreas Hofer
- Geharnischte Sonette
- Aufruf
- Lied zur feierlichen Einsegnung des preußischen Freikorps
- Wer ist ein Mann?
- Bundeslied vor der Schlacht
- Gebet während der Schlacht
- Abschied vom Leben
- Lützows wilde Jagd
- Auf Scharnhorsts Tod
- Die Leipziger Schlacht
- Blücher am Rhein
- Der deutsche Rhein
- Wann, o wann?
- Bei Wörth
- Die Trompete von Vionville
- Die Rosse von Gravelotte
- Des deutschen Knaben Tischgebet
- Am dritten September (1870)
- Aus den Liedern aus Frankreich. 1870
- »Unter den Linden«
- In einer Winternacht
- Sage und Geschichte
- Dem Fürsten Bismarck
- Wo Bismarck liegen soll
- Der Tod Moltkes
- Deutschland und die Welt
- Ostpreußischer Landsturm
- Reservistenlied
- Nun gehen viele Füße
- Der Feldsoldat
- Unsere Verwundeten
- Brüder
- Spielmanns Tod
- Soldatengrab
- Vermißt
- Tod im Krieg
- Todesbotschaft
- Des Liebsten Grab
- Die Flüchtlinge
- An die Soldaten des großen Krieges
- Kriegskameraden
- Vergiß der Opfer nicht!
- Frühlingsglaube
- Ihr wollt zurück uns führen
- Soldatenfriedhof
- Märchen
- Walter von der Vogelweide
- Erklärung eines alten Holzschnittes, vorstellend Hans Sachsens poetische Sendung
- »Prinz Eugen, der edle Ritter«
- Die beiden Musen
- Lessing
- Lessing
- Schiller
- Die deutsche Muse
- Am Grabe Höltys
- Zueignung
- Münstersage
- Seefahrt
- Ilmenau
- Karl August
- Goethes Gartenhaus
- An Goethe als er den Mahomet von Voltaire auf die Bühne brachte
- Epilog zu Schillers Glocke
- Schillers Bestattung
- Abends bei Goethe
- Unter ein Bildnis Goethes
- Goethe
- Die Märchenbrüder
- Eichendorff
- Ludwig Uhland
- Emanuel Geibel
- Sprüche
Autorenseite
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Erklärung eines alten Holzschnittes, vorstellend Hans Sachsens poetische Sendung
In seiner Werkstatt Sonntags früh
Steht unser teurer Meister hie,
Sein schmutzig Schurzfell abgelegt,
Einen saubern Feierwams er trägt,
Läßt Pechdraht, Hammer und Kneipe rasten,
Die Ahl' steckt an dem Arbeitskasten;
Er ruht nun auch am sieb'nten Tag
Von manchem Zug und manchem Schlag.
Wie er die Frühlingssonne spürt,
Die Ruh' ihm neue Arbeit gebiert:
Er fühlt, daß er eine kleine Welt
In seinem Gehirne brütend hält,
Daß sie fängt an zu wirken und zu leben,
Daß er sie gerne möcht' von sich geben.
Er hätt' ein Auge treu und klug
Und wär' auch liebevoll genug,
Zu schauen manches klar und rein
Und wieder alles zu machen fein;
Hätt' auch eine Zunge, die sich ergoß
Und leicht und fein in Worte floß:
Des täten die Musen sich erfreun,
Wollten ihn zum Meistersänger weihn.
Da tritt herein ein junges Weib,
Mit voller Brust und rundem Leib,
Kräftig sie auf den Füßen steht,
Grad, edel vor sich hin sie geht,
Ohne mit Schlepp' und Steiß zu schwenzen
Oder mit den Augen herum zu scharlenzen.
Sie trägt einen Maßstab in ihrer Hand,
Ihr Gürtel ist ein gülden Band,
Hätt' auf dem Haupt einen Kornährkranz,
Ihr Auge war lichten Tages Glanz;
Man nennt sie tätig Ehrbarkeit,
Sonst auch Großmut, Rechtfertigkeit.
Die tritt mit gutem Gruß herein,
Er drob nicht mag verwundert sein;
Denn wie sie ist, so gut und schön,
Meint er, er hätt' sie lang gesehn.
Die spricht: Ich habe dich auserlesen
Vor vielen in dem Weltwirrwesen,
Daß du sollst haben klare Sinnen,
Nichts Ungeschicklich's magst beginnen.
Wenn andre durcheinander rennen,
Sollst du's mit treuem Blick erkennen;
Wenn andre bärmlich sich beklagen,
Sollst schwankweis deine Sach' fürtragen;
Sollst halten über Ehr' und Recht,
In allem Ding sein schlicht und schlecht,
Frummkeit und Tugend bieder preisen,
Das Böse mit seinem Namen heißen.
Nichts verlindert und nichts verwitzelt,
Nichts verzierlicht und nichts verkritzelt;
Sondern die Welt soll vor dir stehn,
Wie Albrecht Dürer sie hat gesehn,
Ihr festes Leben und Männlichkeit,
Ihre innre Kraft und Ständigkeit.
Der Natur Genius an der Hand
Soll dich führen durch alle Land',
Soll dir zeigen alles Leben,
Der Menschen wunderliches Weben,
Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und Treiben,
Schieben, Reißen, Drängen und Reiben,
Wie kunterbunt die Wirtschaft tollert,
Der Ameishauf durcheinander kollert;
Mag dir aber bei allem geschehn,
Als tätst in einen Zauberkasten sehn.
Schreib das dem Menschenvolk auf Erden,
Ob's ihm möcht' eine Witzung werden.
Da macht sie ihm ein Fenster auf,
Zeigt ihm draußen viel bunten Hauf,
Unter dem Himmel allerlei Wesen,
Wie ihr's mögt in seinen Schriften lesen.
Wie nun der liebe Meister sich
An der Natur freut wunniglich,
Da seht ihr an der andern Seiten
Ein altes Weiblein zu ihm gleiten;
Man nennet sie Historia,
Mythologia, Fabula;
Sie schleppt mit keichend-wankenden Schritten
Eine große Tafel in Holz geschnitten;
Darauf seht ihr mit weiten Ärmeln und Falten
Gott-Vater Kinderlehre halten,
Adam, Eva, Paradies und Schlang',
Sodom und Gomorras Untergang,
Könnt auch die zwölf durchlauchtigen Frauen
Da in einem Ehrenspiegel schauen;
Dann allerlei Blutdurst, Frevel und Mord,
Der zwölf Tyrannen Schandenport,
Auch allerlei Lehr' und gute Weis'.
Könnt sehn Sankt Peter mit der Geiß,
Über der Welt Regiment unzufrieden,
Von unserm Herrn zurecht beschieden.
Auch war bemalt der weite Raum
Ihres Kleids und Schlepps und auch der Saum
Mit weltlich Tugend- und Lastergeschicht.
Unser Meister das all ersicht
Und freut sich dessen wundersam,
Denn es dient sehr in seinen Kram.
Von wannen er sich eignet sehr
Gut Exempel und gute Lehr',
Erzählt das eben fix und treu,
Als wär' er selbst gesin dabei.
Sein Geist war ganz dahingebannt,
Er hätt' kein Auge davon verwandt,
Hätt' er nicht hinter seinem Rucken
Hören mit Klappern und Schellen spuken.
Da tät er einen Narren spüren
Mit Bocks- und Affensprüng hofieren,
Und ihm mit Schwank und Narreteiden
Ein lustig Zwischenspiel bereiten.
Schleppt hinter sich an einer Leinen
Alle Narren, groß und kleinen,
Dick und hager, gestreckt und krumb,
Allzu witzig und allzu dumb.
Mit einem großen Farrenschwanz
Regiert er sie wie ein'n Affentanz.
Bespöttet eines jeden Fürm,
Treibt sie ins Bad, schneid't ihnen die Würm
Und führt gar bitter viel Beschwerden,
Daß ihrer doch nicht wollen wen'ger werden.
Wie er sich sieht so um und um,
Kehrt ihm das fast den Kopf herum,
Wie er wollt' Worte zu allem finden?
Wie er möcht' so viel Schwall verbinden?
Wie er möcht' immer mutig bleiben,
So fort zu singen und zu schreiben?
Da steigt auf einer Wolke Saum
Herein zu's Oberfensters Raum
Die Muse, heilig anzuschauen,
Wie ein Bild unsrer lieben Frauen.
Die umgibt ihn mit ihrer Klarheit
Immer kräftig wirkender Wahrheit.
Sie spricht: »Ich komm', um dich zu weihn;
Nimm meinen Segen und Gedeihn!
Ein heilig Feuer, das in dir ruht,
Schlag' aus in hohe, lichte Glut!
Doch daß das Leben, das dich treibt,
Immer bei holden Kräften bleibt,
Hab' ich deinem innern Wesen
Nahrung und Balsam auserlesen,
Daß deine Seel' sei wonnereich,
Einer Knospe im Taue gleich.«
Da zeigt sie ihm hinter seinem Haus,
Heimlich zur Gartentür hinaus
In dem eng umzäunten Garten
Ein holdes Mägdlein sitzend warten
Am Bächlein, beim Holunderstrauch;
Mit abgesenktem Haupt und Aug'
Sitzt's unter einem Apfelbaum
Und spürt die Welt rings um sich kaum,
Hat Rosen in ihren Schoß gepflückt
Und bindet ein Kränzlein sehr geschickt,
Mit hellen Knospen und Blättern drein:
Für wen mag wohl das Kränzel sein?
So sitzt sie in sich selbst geneigt,
In Hoffnungsfülle ihr Busen steigt,
Ihr Wesen ist so ahndevoll,
Weiß nicht, was sie sich wünschen soll,
Und unter vieler Grillen Lauf
Steigt wohl einmal ein Seufzer auf.
Warum ist deine Stirn so trüb?
Das, was dich dränget, süße Lieb',
Ist volle Wonn' und Seligkeit,
Die dir in Einem ist bereit,
Der manches Schicksal wirrevoll
An deinem Auge sich lindern soll;
Der durch manch wunniglichen Kuß
Wiedergeboren werden muß;
Wie er den schlanken Leib umfaßt,
Von aller Mühe findet Rast;
Wie er ins liebe Ärmlein sinkt,
Neue Lebenstag' und Kräfte trinkt.
Und dir kehrt neues Jugendglück,
Deine Schalkheit kehret dir zurück.
Mit Necken und manchen Schelmereien
Wirst ihn bald nagen, bald erfreuen.
So wird die Liebe nimmer alt,
Und wird der Dichter nimmer kalt!
Wie er so heimlich glücklich lebt,
Da droben in den Wolken schwebt
Ein Eichkranz, ewig jung belaubt,
Den setzt die Nachwelt ihm aufs Haupt,
In Froschpfuhl all das Volk verbannt,
Das seinen Meister je verkannt.
Wolfgang Goethe (1776)
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