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Als wir Tags darauf in einem andern Fjord haltmachten, standen am Ufer mehrere große Autocars. Sie waren bestellt für einen Ausflug der Reisenden der »Brúarfoß«.
Viktor und ich mußten auch mit. Die Fahrt ging weit ins Land hinein und bot viel des Interessanten. Es ging über Berg und Tal, zum Teil über weit ausgedehntes blühendes Wiesenland, wo unzählige Pferde, Kühe und Schafe grasten, und auf modernen Brücken über ansehnliche Flüsse. Am Endziel stand ein schon lange vorher bestelltes gutes Mittagessen für die ganze Gesellschaft bereit.
Als wir voll von den Eindrücken des Gesehenen zurückkamen, war unser Dampfer schon zur Abfahrt bereit.
Wir stiegen wieder an Bord, die »Brúarfoß« verließ den Fjord und fuhr diesmal weit aufs Meer hinaus. Dann steuerte sie auf die berühmten, schönen Vestmanna-Inseln zu. Dort sollten wir – ohne ans Land zu gehen – zum letzten Mal anhalten, bevor wir Reykjavik, die Hauptstadt von Island, erreichten. Für diese ganze Fahrt brauchten wir noch zwei Tage.
Am folgenden Tag gegen 1 Uhr mittags ertönte plötzlich vom Mastkorb herunter der Ruf: »Die Vestmanna-Inseln in Sicht!«
Es dauerte nicht lange, da konnten auch wir vom Deck aus die wundervoll malerischen Inseln sehen.
Als ich 36 Jahre vorher die Vestmanna-Inseln besuchte, gab es dort nur ein winzig kleines Dorf, wo einige wenige arme Fischerfamilien wohnten. Sie lebten recht und schlecht hauptsächlich von der Fischerei, die sie mit einer geringen Anzahl gewöhnlicher offener Fischerkähne ausübten.
Jetzt war das arme Dorf zu einem blühenden Städtchen mit 3300 Einwohnern angewachsen. Und im Fischereibetrieb haben die Leute solche Fortschritte gemacht, daß sie dank den zahlreichen großen Motorbooten im letzten Jahr allein 4 Millionen Mark verdient haben!
Als wir bei den Inseln angekommen waren, legte sich die »Brúarfoß« in etwa 500 Meter Entfernung von der Küste vor Anker.
Sofort kam eine Menge großer und kleiner Boote von der Küste her auf den Dampfer zugefahren.
Alle waren voll besetzt mit Männern, Frauen und Kindern. Die Leute waren festlich gekleidet und schienen in der besten Laune zu sein. Sie sprachen lebhaft zusammen und lachten und spaßten so laut, daß man hätte glauben können, sie kämen alle von einem fröhlichen Festgelage.
Ein kräftiger Junge von etwa 12 bis 13 Jahren stieg gerade unterhalb der Stelle, wo ich stand, von einem der kleineren Boote aus, kletterte rasch die Fallreepleiter hinauf und schwang sich gewandt über den Schiffsrand auf das Deck der »Brúarfoß«.
Ich wandte mich sofort an ihn mit der Frage: »Wo wollen denn alle die Leute hin, welche jetzt an Bord kommen?«
»Wir fahren alle nach Reykjavik und von Reykjavik weiter nach Thingvellir.«
»Ah! Dann fahrt ihr wohl zum Tausendjahrfest des Althings?«
»Ja. Wir haben auf die ›Brúarfoß‹ gewartet, um zeitig nach Reykjavik zu kommen.«
»Aber alle Plätze, Kabinen und Betten auf der ›Brúarfoß‹ sind schon besetzt.«
»O, das macht nichts«, sagte der kleine Junge lachend. »Wir brauchen weder Kabinen noch Betten. Die eine Nacht, die wir auf der Reise sind, werden wir alle oben auf dem Deck zubringen.«
»Wenn es aber Regen gibt oder aufgeregte See, was dann?«
»Dann gehen wir einfach hinunter in die Gänge und richten uns dort ein. Da ist Platz genug. – Aber dort ist mein Bruder«, sagte plötzlich der Kleine, indem er nach vorn schaute. »Er sucht nach mir. Ich muß zu ihm.«
Darauf gab er mir die Hand und lief schnell ins Gedränge hinein.
Fast das ganze Deck war nun schon von den vielen neuen Passagieren von den Vestmanna-Inseln eingenommen. Und doch kamen noch immer weitere Motorboote von der Küste her, alle mit neuen Gästen voll besetzt.
Auch allerlei Waren, Kisten und Ballen wurden mit Hilfe der Kranen aus den Booten heraufgehoben und in den tiefen Lagerräumen unten im Schiff verstaut.
Die Aufnahme der Inselbewohner und die Verladung der Waren dauerten wohl ein paar Stunden.
Endlich war alles zur Abfahrt bereit. Unverzüglich gab der Kapitän das Zeichen zum Aufbruch.
Neubelastet mit den vielen Waren und den unzähligen Festteilnehmern, setzte sich der Dampfer wieder in Bewegung. Er sollte nicht mehr haltmachen, bis wir die isländische Hauptstadt erreichten.