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19. Erwachen beim Morgensonnenschein. Die Seekrankheit meldet sich.

Ich wurde zuerst wach. Als ich die Augen aufmachte, wurde ich durch den hellen Sonnenschein geblendet, der durch das kleine runde Fenster an der Schiffseite – über dem Bette Viktors – in unsere Kabine hereinflutete.

Ich richtete mich sofort im Bette auf und merkte nun deutlich, daß das Meer bei weitem nicht so ruhig war wie am Abend vorher, als wir uns zur Ruhe legten.

Es mußten mächtige Grundwellen da sein, höher als am Anfang der Reise.

Das Schiff hob und senkte sich beträchtlich. Die Bewegungen waren genügend, um einen seekrank zu machen.

Ich fing auch gleich an, die unangenehmen Vorzeichen dieser lästigen Krankheit zu spüren.

Doch ich wußte, wie ich mich gegen die beginnenden unangenehmen Regungen zu verhalten hatte, und es gelang mir auch sehr bald, sie durch eine gewisse Autosuggestion zurückzudämmen.

Wenn nur Viktor nicht krank wird! dachte ich bei mir selbst. Er war ja nicht an das Meer gewöhnt wie ich.

Ich hütete mich daher, ihn zu wecken, und hielt mich ruhig und still in meinem Bett – durch die Wirkung der Grundwellen bald hoch in die Höhe gehoben, um dann gleich abgrundwärts hinuntergezogen zu werden.

Schließlich wurde das Schaukeln mir doch etwas zu viel, und so entschloß ich mich, zur Abwechslung den dänischen Oberkellner kommen zu lassen, um einige Augenblicke mit ihm zu plaudern.

Ich drückte auf einen Knopf, der am Kopfende meines Bettes angebracht war.

Ein gedämpftes elektrisches Klingeln in der Ferne wurde hörbar – und gleich darauf vernahm ich hastige Tritte im Gang draußen. Nach einem leisen Klopfen an der Außenwand der Kabine ging die Tür langsam auf.

Es war der höfliche Oberkellner, der erschien und einen forschenden Blick zu uns hineinwarf.

»Sind die andern Passagiere aufgestanden?« fragte ich ihn.

»Aufgestanden! O nein. Alles schläft noch. Sie sind der erste, der geklingelt hat.«

»Gutes Wetter, nicht wahr?«

»O ja, prachtvolles Wetter, Windstille und Sonnenschein. Das Meer ist aber etwas unruhig. Wir haben einen ziemlichen Wellengang. Wenn Sie nicht seestark sind, rate ich Ihnen deshalb, noch etwas im Bette zu bleiben. Solange Sie ruhig auf dem Rücken liegen, werden Sie nicht seekrank werden.«

»Sie haben recht, ich kenne das. Den Jungen lasse ich deshalb auch weiter schlafen.«

»Das ist das einzig Richtige.«

»Welche Wetteraussichten haben wir für den heutigen Tag?«

»Es sind soeben mehrere drahtlose Telegramme eingelaufen: sie melden uns dichten Nebel für den Nachmittag – und sehr wahrscheinlich auch für die nächste Nacht. Sturm haben wir nicht zu fürchten. Überall Windstille auf unserem Weg bis zur isländischen Küste.«

»Der Nebel ist ja nicht angenehm; aber sonst sind das ja gute Aussichten.«

»O ja. Wir können zufrieden sein.«

Bevor der Kellner fortging, fragte er mich noch:

»Verzeihung, werden Sie noch etwas schlafen können?«

»O nein, ich habe lange genug geschlafen.«

»Dann bringe ich Ihnen gleich eine kleine Stärkung, ein erstes kleines Frühstück.«

Als er merkte, daß ich zauderte, fügte er hinzu:

»Gegen die Seekrankheit ist es ein gutes Mittel, etwas zu genießen, bevor man aufsteht. – Was darf ich Ihnen bringen? Sie können haben, was Sie wünschen.«

Ich überlegte einen Augenblick. Dann bat ich den dienstfertigen Mann um eine Portion Porridge, d. h. Haferflockenbrei.

»In zehn Minuten werde ich Ihnen Ihren Porridge bringen«, erwiderte freundlich der Kellner, indem er sich wieder entfernte.

Zehn Minuten lang ließ ich mich nun weiter schaukeln. Da ich aber genau darauf achtete, ausgestreckt auf dem Rücken zu liegen, merkte ich von der drohenden Seekrankheit nichts mehr.

Pünktlich zehn Minuten später kam der Kellner mit dem gesunden englischen Gericht.

Als ich dann die kleine Stärkung zu mir genommen hatte, machte ich meiner Liegekur ein Ende, kleidete mich an – ohne Viktor zu wecken – und ging auf Deck.


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