Eugen Sue
Die Geheimnisse von Paris
Eugen Sue

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Vierzehnter Teil.

Erstes Kapitel.

Prinzeß Amalie.

Rudolf hatte das Zimmer, das Marienblümchen oder, wie wir sie jetzt ihrem Stande nach nennen müssen, Prinzeß Amalie inne hatte, sehr geschmackvoll und vornehm einrichten lassen. Vom Balkon des Betzimmers erblickte man die beiden Türme des Klosters der heiligen Hermangild. Ueber diesen wieder ragte ein bewaldetes Gebirge, an dessen Fuß die Abtei lag.

Es war an einem schönen Morgen, da sah Marienblümchen über diese reizende Landschaft hin, die sich malerisch vor ihren Augen ausdehnte. Sie hatte sich sehr schlicht frisiert und trug ein hellblau gestreiftes, leichtes Frühlingskostüm. Sie saß in einem kunstvoll geschnitzten Armstuhl aus Ebenholz, der mit rotem Sammet gepolstert war, stützte den Arm auf die Lehne und ließ den Kopf in der weißen, von lichtblauen Adern durchzogenen Hand ruhen.

An ihrer gedrückten Haltung, der Blässe ihres Gesichts, dem starren Blick und einem bittern Lächeln war leicht zu erkennen, daß sie sich in tieftrauriger Stimmung befand. Sie seufzte, die Hand sank in den Schoß, der Kopf fiel auf die Brust herab. Es schien, als neige sie sich unter der Last eines übergroßen Unglücks.

Eine ältliche Dame von ernster, vornehmer Erscheinung trat herein und räusperte sich, um Marienblume auf sich aufmerksam zu machen. Amalie erwachte aus ihrer Träumerei und grüßte die eintretende Frau. »Was bringen Sie, liebe Gräfin?« fragte sie. – »Seine Hoheit lassen bitten, ihn zu erwarten. Er wird in einigen Minuten hier sein,« antwortete die Hofdame der Prinzessin. – »Eben dachte ich voller Verwunderung daran, daß ich heute meinen Vater noch nicht ans Herz drücken durfte. Täglich erwarte ich ihn am Morgen voller Sehnsucht. Hoffentlich habe ich das Vergnügen, Sie, liebe Gräfin, nun zwei Tage nacheinander bei mir zu sehen, mir nicht dahin zu deuten, daß Fräulein von Harneim erkrankt wäre?«

»Euer Hoheit können beruhigt sein,« antwortete die Gräfin, »Fräulein von Harneim hat mich nur gebeten, sie zu vertreten. Sie wird die Ehre haben, morgen wieder den Dienst bei Euer Hoheit selbst zu versehen. Hoheit werden darüber doch nicht ungehalten sein?« – »O, nein! Es ist mir nur lieb, zwei Tage Sie und zwei Tage Fräulein von Harneim um mich zu haben.« – »Sie sind zu gütig, Prinzessin. Ihre Güte ermutigt mich, Ihnen eine Bitte vorzutragen,« – »Sprechen Sie, liebe Gräfin. Sie wissen, ich bin stets bereit, Ihnen einen Gefallen zu tun.«

»Es ist wahr, ich bin es nicht anders gewöhnt, als daß Euer Hoheit sehr gütig zu mir sind,« antwortete die Gräfin. »Allein es handelt sich hier um eine sehr peinliche Sache, von der ich gewiß nicht sprechen würde, wenn sich hier nicht eine große Wohltat verrichten ließe. Es ist da nämlich ein armes, unglückliches Mädchen, das sich leider schon von Gerolstein entfernt hatte, ehe Euer Hoheit Ihr so segensreiches, barmherziges Werk für schutzlose Mädchen begonnen.«

»Und was hat dieses Mädchen getan? was soll für sie geschehen?« – »Ihr Vater, ein Abenteurer, ging nach Amerika und ließ Frau und Tochter im Elend zurück. Die Mutter starb, die Tochter war im Alter von sechzehn Jahren sich selbst überlassen und ging mit einem Manne, der sie verführt hatte, nach Wien. Er ließ sie, wie dies immer geschieht, bald im Stich, und sie geriet nun auf die Bahn des Lasters und wurde binnen kurzem, wie so viele andere, ein Schandfleck ihres Geschlechts.«

Marienblume schlug die Augen nieder, und ein Schauer überflog sie. Die Hofdame bemerkte dies, glaubte, das Ehrgefühl der Prinzessin verletzt zu haben, und fuhr dann fort: »Verzeihen mir Euer Hoheit, daß ich vor Ihnen von Entarteten spreche, allein die Arme bereut ihren Fehltritt so tief, daß ich glaubte, um etwas Mitleid mit ihr bitten zu dürfen.« – »Mit Recht,« antwortete die Prinzeß Amalie. »Erzählen Sie weiter! Alle Verirrungen, die bereut werden, verdienen unser Mitleid.«

»Nachdem die Unglückliche zwei Jahre lang ein Leben der Schande geführt hatte, kam das Licht der Gnade über sie. Von Gewissensbissen gemartert, kehrte sie hierher zurück und mietete sich zufällig bei einer Witwe ein, deren Frömmigkeit und Herzensgute allgemein bekannt sind. Ermutigt durch die Liebe dieser Frau, gestand die Arme ihr alles, was sie verbrochen, versicherte ihr, daß sie den Makel ihrer Vergangenheit durch harte Buße wieder gut machen wolle und bat um das Glück, in ein Kloster aufgenommen zu werden, um sich durch einen frommen Wandel mit Gott und den Menschen wieder zu versöhnen! Die würdige Matrone schrieb nun an mich, da sie wußte, daß ich die Ehre habe, der nächsten Umgebung Euer Hoheit anzugehören, und bat mich, die Arme Euer Hoheit zu empfehlen, damit sie vielleicht durch Ihre Vermittlung von der Oberin des Klosters, der Prinzessin Juliane, als Novizin in St. Hermangild aufgenommen würde. Ich habe mich selbst überzeugt, daß die Reue des Mädchens aufrichtig ist, indem ich vorher erst ein paarmal persönlich mit ihr gesprochen habe. Nicht weil sie zu alt oder zu häßlich wäre, kehrt sie auf den Pfad der Tugend zurück; denn sie zählt kaum achtzehn Jahre, ist sehr schön und besitzt auch einiges Geld, das sie zu einem mildtätigen Zweck hingeben will, wenn sie Aufnahme im Kloster findet.«

»Ich will mich gern für Ihren Schützling verwenden, liebe Gräfin«, antwortete Marienblümchen, nur mit Mühe ihre Bestürzung verbergend, denn sie selber hatte ja ein solches Leben geführt wie die Arme, die um Gnade bat. »Das Mädchen hat gefehlt, doch sie bereut – da ist es nur gerecht, sich ihrer zu erbarmen.« – »Ich höre Seine Hoheit kommen,« sagte die Hofdame, ohne die wachsende Ergriffenheit Marienblümchens zu bemerken.

Rudolf trat mit einem großen Rosenstrauß in der Hand ein. Die Gräfin zog sich zurück. Kaum war sie gegangen, so flog Marienblume an ihres Vaters Brust, lehnte den Kopf an seine Schulter und blieb so ein Weilchen, ohne ein Wort zu sprechen.

»Guten Tag, mein Kind!« sagte Rudolf. »Sieh die Rosen hier! Ich habe sie heute für dich gepflückt. Deshalb konnte ich nicht früher kommen. Das ist wohl der schönste Strauß, den ich dir je gebracht habe.« – Er trat ein paar Schritte zurück, um seine Tochter zu betrachten, und als er sie in Tränen sah, warf er die Blumen auf den Tisch, nahm ihre Hände fest in die seinen und rief: »Du weinst! Was ist dir denn?« – »Nichts, mein guter Vater,« antwortete Marienblume, trocknete die Tränen und versuchte zu lächeln. – »Ich beschwöre dich, sage mir, was dich betrübt!«

»Ich versichere Ihnen, lieber Vater, es ist nicht von Belang. Die liebe Gräfin hat um meine Teilnahme für ein armes Mädchen geworben – und ihre Erzählung hat mich tief gerührt.« – »Ist's wirklich nichts weiter?« – »Weiter nichts,« sagte Marienblume und nahm das Bouquet, das Rudolf hastig aus der Hand gelegt hatte. »Welch prächtiger Strauß! Und wenn ich bedenke, daß Sie mir jeden Tag einen bringen – einen selbstgepflückten!« – »Liebes Kind!« sagte Rudolf, ängstlich seine Tochter betrachtend, »du verheimlichst mir etwas. Du lächelst so traurig und gezwungen. Sage mir doch, was dich bedrückt. Laß die Blumen jetzt!«

»O, Sie wissen, ich habe die Rosen von jeher gern gehabt. Sie erinnern sich doch noch,« setzte sie mit schmerzlichem Lächeln hinzu, »des armen, kleinen Rosenstocks, von dem ich die Stücke immer aufbewahrt habe –?« – Bei dieser Erinnerung an die Vergangenheit rief Rudolf: »Unglückliches Kind! Mein Argwohn trifft also zu. Ach, und ich hatte gehofft, du würdest sie über meiner väterlichen Liebe vergessen können.«

»Verzeihen Sie mir, lieber Vater – diese Worte sind mir wider Willen entschlüpft – ich bereite Ihnen Kummer.« – »Nein, armer Engel; doch diese Rückblicke müssen fürchterlich sein. Sie werden dein Leben vergiften, wenn du dich ihnen nicht entreißest.« – »Mein Vater, es geschah durch Zufall – seit wir hier sind, war's das erste Mal –«

»Es ist das erste Mal, daß du mit mir darüber sprichst – aber wohl nicht das erste Mal, daß du daran denkst. Schon längst war mir deine traurige Stimmung aufgefallen, und oft schrieb ich es der Vergangenheit zu. Aber da ich nicht genau wußte, weshalb du betrübt seiest, so konnte ich mich nicht dazu entschließen, von selbst das Gespräch auf diese böse Zeit zu bringen, den vernichtenden Einfluß dieser Erinnerungen zu bekämpfen, dir zu beweisen, wie unbillig es ist, wenn du ihnen Gewalt über dich einräumst. Hätte deine Betrübtheit einen andern Grund gehabt, so fürchtete ich eben, in dir die Gedanken erst zu erwecken, die ich verscheucht sehen wollte. So befand ich mich in schwieriger Lage dir gegenüber. Wenn ich auch kein Wort zu dir sprach, so beschäftigte ich mich stets mit den Dingen, die dich bedrücken mochten. Durch die Eheschließung, die all mein Wünschen erfüllte, glaubte ich deinem Seelenfrieden einen festen Halt zu verleihen. Ich meinte, wenn deine Gedanken bei dem Umgang mit der Frau, die dich in deinem Unglück kannte und mütterlich liebte, etwa doch zu deiner Vergangenheit zurückkehren sollten, so würdest du selber in dem Glauben leben, das Vergangene sei durch deine Leiden hinreichend gesühnt, und gerecht gegen dich sein. Wenn doch meine Frau, die infolge ihrer vorzüglichen Eigenschaften die Achtung aller genießt, dich als Tochter, ja als Schwester liebt, so muß dich das völlig beruhigen. Sagt dir diese Liebe nicht, daß du ein Opfer des Unglücks und keine Sünderin warst, und daß du für das Elend, das dich von der Geburt an verfolgte, nicht zur Verantwortung zu ziehen bist? Und hättest du auch gefrevelt, wäre nicht alles tausendfach abgebüßt durch das Gute, das du getan hast?«

»Lieber Vater –!« – »Bitte, laß mich dir all meine Gedanken mitteilen, da einmal ein glücklicher Zufall das Gespräch auf diesen Gegenstand gelenkt hat. Lange schon wollte ich davon sprechen, nur fand ich das Herz nicht dazu. Möge es nun wenigstens von heilsamem Einfluß sein. Ich habe an dir eine so heilige Aufgabe zu erfüllen, ich habe dich für soviel erlittnen Jammer zu entschädigen, daß ich sogar meine Liebe zu Frau von Harville, meine Freundschaft zu Murph bezwungen hätte, wenn ich hätte glauben müssen, ihre Anwesenheit würde dich zu schmerzlich an die Vergangenheit mahnen.«

»Wie können Sie das glauben, lieber Vater? Die Anwesenheit dieser guten Menschen, die wissen, was ich war, und mich dennoch lieben, bildet ja gerade ein deutliches Zeichen des Vergessens und Verzeihens. Wie können Sie nur von einer Aufgabe mir gegenüber, von Opfern um meinetwillen sprechen?« – »Kind, bis zu dem Augenblick, wo du mir zurückgegeben wurdest, war dein ganzes Leben nichts als Jammer, Schmerz und Not, und alles, was du zu erdulden hattest, werfe ich mir selber vor, als hätte ich's verschuldet. Mein einziger Wunsch ist daher, dich so glücklich zu machen, wie du unglücklich warst, dich so zu erheben, wie du erniedrigt worden, und ich glaube, die letzten Spuren der Vergangenheit sollten ausgemerzt sein, wenn du siehst, daß dir die ehrenhaftesten, vorzüglichsten Personen die Ehrerbietung bezeigen, die dir zukommt –«

»Mir zukommt? O, nein, mein Vater, nicht mir, sondern nur dem Range, oder vielmehr dem, der ihn mir wiedergegeben –« – »Nicht um deines Ranges willen achtet man dich, sondern um deiner selbst willen. Es gibt Huldigungen, die dem Stande, aber auch andere, die der Anmut und Schönheit gebracht werden. Du kannst darin nur deshalb nicht unterscheiden, weil du dich selbst nicht kennst und nicht weißt, wieviel natürlichen Geist und Takt du besitzest – Eigenschaften, die mich stolz auf dich machen. Du findest dich in diese dir so neuen und schweren Formen des Zeremoniells mit einer Würde und Schlichtheit, die dir die Wertschätzung der hochmütigsten Standespersonen erworben hat.«

»Man liebt Sie so sehr, Vater, daß man mir Achtung entgegenbringt, nur um Ihnen zu gefallen –« – »Keinesfalls, mein Kind,« antwortete der Fürst. »Ich wiederhole, du weißt selber nicht, welche göttlichen Eigenschaften du hast. In fünfzehn Monaten war deine Erziehung soweit beendet, daß selbst die gewissenhafteste Mutter entzückt von dir sein mühte. Du gehörst in der Tat zu den wenigen auserlesenen Charakteren, die geboren sind, eine Königin darin zu unterweisen, wodurch Liebe und Verehrung zu erwerben sind, wie man verlassene, entwürdigte Geschöpfe glücklich macht und sich ihre Hingebung und Anbetung gewinnt.«

»O, Vater, haben Sie Mitleid mit mir –« – »Zu lange schon,« versetzte der Fürst, »drängt es mich, dir das zu sagen. Laß mich hinzufügen, daß auch Clemence das gleiche oft geäußert hat. Mit Tränen in den Augen hat sie mehrmals schon zu mir gesagt: Wie wunderbar, daß dieses liebe Kind nach all dem Elend, das sie durchgemacht hat, noch geblieben, was sie ist, daß das Unglück diese edle Natur nicht gebrochen, sondern vielmehr alle ihre herrlichen Eigenschaften und Vorzüge zur vollen Blüte gebracht hat.«

Bei diesen Worten des Fürsten öffnete sich die Tür, und Clemence, Großherzogin von Gerolstein, trat mit einem Briefe in der Hand herein. »Mein Gemahl,« sagte sie zu Rudolf, »hier ist ein Brief für dich aus Frankreich. Ich bringe ihn dir selber, weil ich mein bequemes Kind heute morgen noch gar nicht zu sehen bekommen habe. Da muß ich mich selbst zu ihr verfügen,« und Clemence schloß Marienblume zärtlich in die Arme.

»Der Brief kommt zur rechten Zeit,« sagte der Fürst heiter, nachdem er ihn rasch gelesen. »Wir sprachen eben beide von der Vergangenheit, von diesem Drachen, liebe Clemence. Daher diese Anwandlungen von Schwermut! Doch von wem ist der Brief?« – »Von der guten Lachtaube – der Frau Germains.«

»Von Lachtaube?« rief Marienblume. »O, wie freut es mich, wieder einmal von ihr zu hören!« – »Lieber Freund,« flüsterte Clemence dem Herzog zu, »fürchtest du nicht, daß dieser Brief schmerzliche Erinnerungen in ihr wachrufen könnte?« – »Gerade diese Erinnerungen will ich zunichte machen, und der Brief Lachtaubens gibt mir eine herrliche Waffe dagegen in die Hand; denn dieses seelensgute Weib betete ja stets unser Kind an.« Und mit lauter Stimme las Rudolf:

»Meierei von Bouqueval, 15. August 1841.

Gnädigster Herr!

Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen zu schreiben, weil ich Ihnen ein großes Glück mitzuteilen habe, das uns beschert wurde, und weil ich Sie, dem wir schon so viel verdanken, um eine Gunst bitten möchte. Seit zehn Tagen bin ich Mutter eines kleinen Engels, einer Tochter, die meinem Germain wie aus den Augen geschnitzt ist. Er freilich meint, sie sähe nur mir ähnlich, und unsere gute Mutter Georges sagt, sie hätte von uns beiden etwas. Uebrigens müssen Ihnen die Ohren tüchtig klingen, denn es vergeht kein Tag, wo wir beide uns nicht anschauen und sagen: Sind wir nicht glücklich? Leben wir nicht im Paradies? Und dann kommt natürlich Ihr Name auf unsere Lippen – verzeihen Sie, daß ich hier was durchstreiche, aber, ich habe aus Versehen »Herr Rudolf« geschrieben, wie ich Sie früher nannte, und das kann ich doch nicht stehen lassen. Nun, also, gnädigster Herr, unsere Bitte lautet: Wählen Sie doch einen Namen für unser Kind. So haben wir es mit den Paten ausgemacht. Und wissen Sie, wer Pate ist? Der Steinschneider Morel und seine Tochter Luise, auch zwei, die Ihnen ihr Glück verdanken. Morel hat mit dem Gelde, das Sie ihm gegeben, einen Handel mit Edelsteinen angefangen. Das Geschäft geht so gut, daß er seine Familie gut ernähren und alle seine Kinder etwas Ordentliches lernen lassen kann. Luise soll einen ehrlichen, arbeitsamen Handwerker heiraten, der Herz genug hat einzusehen, daß sie an ihrem Unglück unschuldig gewesen.

Martial kommt in Algier sehr gut weiter. Er hat letztens großen Ruhm geerntet, indem er mit seinen Knechten eine Bande raubender Araber mutig zurückgeschlagen. Seine Frau, die tapfer an seiner Seite gefochten hat, ist leicht verwundet worden. Ich glaube, es freut Sie, wenn ich Ihnen Nachrichten von denen schreibe, deren gütige Vorsehung Sie gewesen sind.

Wir befinden uns in Bouqueval bei unserer guten Mutter. Germain geht des Morgens ins Geschäft und kommt abends wieder. Ich konnte früher das Landleben nicht leiden, jetzt finde ich, es gibt nicht Schöneres. Das kommt wohl daher, weil sich mein guter Germain hier draußen so wohl fühlt. Da fällt mir ein – Sie werden wissen, wo das liebe Mädchen, die Schalldirne ist. Wenn Sie Gelegenheit dazu finden, so sagen Sie ihr doch, man gedenkt ihrer hier als des besten, sanftesten, liebsten Wesens von der Welt.

Also, nicht wahr. Sie schlagen unsere Bitte nicht ab? Wenn Sie unserm Mädchen einen Namen aussuchen, so wird ihr das Glück bringen. Zum Schlusse will ich noch vermelden, daß wir mit unsern bescheidnen Mitteln Gutes zu tun trachten, wo immer wir können. Dies sage ich nicht, um zu prahlen, sondern damit Sie sehen, daß Ihre Lehren und Taten auf guten Boden gefallen sind. Wir sagen immer zu denen, die wir unterstützen: Nicht uns dankt, sondern Herrn Rudolf, dem besten, edelsten Menschen, der auf Erden wandelt. Und alle halten Sie nicht für einen Menschen, sondern für einen Heiligen. Glauben Sie mir, wenn unsere Kleine buchstabieren lernt, so wird das erste Wort, das sie lesen lernt, Ihr Name sein, und dann die Worte, die Sie auf meinen Brautkorb schrieben:

Arbeit und Tugend! – Ehre und Glück!

Ich habe die Ehre, gnädigster Herr, mich Ihnen mit herzlichster Verehrung und Dankbarkeit zu empfehlen

als Ihre untertänigste

Lachtaube, Frau Germain.«

P. S. Indem ich den Brief noch einmal lese, finde ich, daß ich Sie sehr oft als »Herr Rudolf« anrede. Nicht wahr, Sie verzeihen mir das? Haben wir Sie doch unter diesem Namen kennen gelernt, und unter diesem Namen verehren und segnen wir Sie allezeit!«


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