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Ein alter Schiffer lebt' am Ostseestrand,
Den schon der Morgen stets am Meere fand;
In stiller Sehnsucht blickt' er da hinaus,
Als wär sein Herz nur auf der See zu Haus.
Sein Herz war dort, wo ach! sein Schatz, – ein Sohn,
Der längst ihm schlief im grünen Meere schon;
Vor seinen Augen hob ins nasse Grab
Ihn eine Wog' einst aus dem Kahn hinab.
Schon flochten drunten sein gebleicht Gebein
Meerlilien mit zähen Fasern ein;
Doch in des Vaters gramzerrissner Brust,
Umwob noch keine Hülle den Verlust.
Mit einer Trommel eilt er hin zur See,
Und löst den Kahn und steuert auf die Höh',
Und schlägt, daß weithin tönt die Morgenluft,
In stillem Wahnsinn auf das Fell und ruft:
»Mein Sohn, mein Sohn! Und hörst du mich denn nicht?
O komm herauf, bevor das Herz mir bricht!
Ich setz' in meinen Kahn dich neben mich,
O komm herauf, nach Hause führ' ich dich!
Und bist du tot, so grab' ich dir ein Grab
Auf unserm Friedhof, lege dich hinab,
Und pflanze Blumen und Gebüsch umher,
Liegst doch wohl besser, als im kalten Meer!«
Er ruft und ruft, bis längst die Sonn' erblich,
Dann kehrt er um und murmelt still für sich:
»Er hat's noch nicht gehört in seinem Haus, –
Nun, morgen fahr' ich weiter noch hinaus!«
Und eines Morgens fuhr er auf die See, –
Weit – weit hinaus – viel weiter, als noch je:
Gewiß hat endlich ihn sein Sohn gehört,
Weil er am Abend nimmer heimgekehrt. |