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Ihr sieben Jungfraun, weh euch dort
Auf eurem Felsenneste!
Die Keuschheit ist ein schwacher Hort,
Wo Frechheit sitzt zu Feste.
Und wärt ihr rein wie Märzenschnee,
Viel Schnee ist schon zerflossen;
Denn was dort flimmt, ein Flammensee,
Sind Attilas Genossen.
Sie ziehn heran, sie ziehn herauf
Des Schwarzwalds breiten Rücken,
Ruin bezeichnet ihren Lauf,
Und Wut entstrahlt den Blicken.
Schon sahn sie rot im Sonnenschein
Das Schloß am Felse kleben,
Wo jene Jungfraun hold und rein,
Gleich sieben Heil'gen, leben.
Schon haust im öden Felsenschloß,
Wo sonst nur Psalme schallten,
Ein frecher, böser Hunnentroß
Mit zügellosem Walten.
Von Becherklang und Zechersang
Erdröhnt's mit wildem Wüten;
Die sieben Jungfraun zittern bang,
Wie zarte Frühlingsblüten.
Getrost, ihr Jungfraun! Steht ja doch
An heil'ger Waldesstelle,
Zu schirmen euch vor Frevel, noch
Die nahe Bergkapelle;
Wohl hat sie euer Vater euch
Vorahnend aufgebauet,
Auf daß ihr fest und glaubenreich
In Nöten ihr vertrauet.
Nur einem alten Diener kund,
Gehaun in engem Bogen,
Ist tief im finstren Bergesschlund
Ein Pfad zum Wald gezogen.
Die Jungfraun fliehn auf diesem Gang,
Und hören oft ein Schüttern,
Wenn ob der Heiden Lustgesang
Des Berges Rippen zittern.
Ach Gott! da braust's auf gleichem Pfad
Hinab, ein grimmer Drache,
Voran als Führer der Verrat,
Und hinterdrein die Rache.
Die Mägdlein vorn, die Hunnen drauf,
Hinaus zum Waldesporte;
Das Kirchlein nimmt die sieben auf,
Zuklappt die ehrne Pforte.
Doch schreckt die Frechen das nicht ab:
Was Gott und was Kapellen?
Wut gebe, was Verrat nicht gab,
Sie gehn, das Tor zu fällen.
Zu Hebeln wird der böse Sinn,
Zu Äxten die Begierde,
So strecken sie geschäftig hin
Der Eichen stolze Bürde.
Schon wälzt sich lang zum Wald heraus,
Gelenkt durch trunkne Zecher,
Um zu entweihn das Gotteshaus,
Ein mächt'ger Pfortenbrecher.
Schon bäumt er sich, schon fällt er vor,
Zu schänden die Kapelle.
Umsonst – da läßt nicht Spalt, noch Tor,
Sich mehr erspähn zur Stelle.
Geschlossen sind durch Gottes Macht
Die Pforten wie die Scheiben,
Das Kirchlein ward zum Felsenschacht,
Und trotzt dem eitlen Treiben.
Zur Tann' an moosumwachsnem Spring
Erblich des Kreuzes Schimmer,
Und wo noch erst das Glöcklein hing,
Nickt ödes Steingetrümmer.
Doch aus des Wunderschachtes Mund
Ertönt ein seltsam Klingen,
Recht um aus tiefem Bergesgrund
Zum Herzensgrund zu dringen;
Das sind die Jungfraun hold und rein,
Die singen aus den Steinen:
»Und müßt' es durch ein Wunder sein,
Der Herr beschützt die Seinen!« |