Leopold von Ranke
Geschichtsbilder aus Leopold v. Rankes Werken
Leopold von Ranke

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35. Seekrieg zwischen England und Holland 1665 bis 1667.

Englische Geschichte V, Werke Bd. 18 S. 5-32.

Nach dem Zusammenstoß mit Cromwell hatten sich Seemacht und Handel von Holland auf das mächtigste wieder aufgenommen. Man geriet in Erstaunen, wenn man einen Blick auf ihre Reeden und Hafenstädte warf, wie sich in Vließingen der westindische, in Amsterdam der ostindische Handel Europas beinahe zentralisierte, der schottisch-englische Handel Dordrecht und Rotterdam, der Heringfang Enkhuyzen, der Schiffbau Saardam belebte. Die Ostindische Kompagnie bildete gleichsam eine Republik, die als souveräne Macht auftrat. An die auf ihren Schiffen herbeigeführten Waren knüpfte sich der Verkehr mit den südeuropäischen wie mit den nordischen Gebieten und mit Deutschland. Die Engländer machten die Bemerkung, daß dieser große Weltverkehr, durch den sie in Schatten gestellt und benachteiligt wurden, doch eigentlich auf England beruhe. Der ganze Reichtum der Holländer, so wurde gesagt, gründe sich auf die Fischerei in der englischen und schottischen See, ihr Gewinn davon belaufe sich auf Millionen; ihnen komme die englische Wolle zugut, die mit spanischer vermischt den Stoff für ihre Manufakturen liefere; die englische Manufaktur selbst müsse ihnen dienen, insofern die englische Arbeit in Holland erst zum Verkauf zugerichtet werde. Den größten Gewinn bringe ihnen der noch immer andauernde Vertrieb fremder Produkte in England, zumal bei dem höheren Wert des englischen Geldes, das man hier nicht nach seinem wahren Verhältnis zu fremden Münzsorten anschlage; wenn ja irgendwo der Preis durch die Engländer höher getrieben werde, so seien sie auf das rascheste bei der Hand, um davon Vorteil zu ziehen. Der alten Handelseifersucht gesellte sich die Meinung bei, daß England sich seiner natürlichen Übermacht nur zu bedienen brauche, um den unbequemen Nachbar zu erdrücken.

Mit der damaligen aristokratischen Regierung in Holland hatte überdies der König seinen eignen dynastischen Streit. Seit jener Vermählung des Prinzen Wilhelm II. von Oranien mit einer Tochter Karls I., die von diesem im Moment der ausbrechenden Unruhen bewilligt wurde, waren die Häuser Oranien und Stuart auf das engste verbündet; die Stuarts haben die beste Unterstützung, die ihnen überhaupt zuteil wurde, bei den Oraniern gefunden. Daher kam es dann, daß ihre Gegner in beiden Ländern, Cromwell und die Löwensteinsche Faktion, gemeinschaftliche Sache machten. Der Verjagung der Stuarts entsprach die Ausschließung des Hauses Oranien von der StatthalterschaftBeschluß der Generalstaaten 1654, bei den Friedensverhandlungen mit Cromwell; Englische Geschichte 4, 121. und den hohen Ämtern im Kriegsdienst zu Land und See, die es bisher besessen, nach dem frühen Tode Wilhelms II., von welcher zunächst dessen Sohn, der Sprößling aus jener Ehe, Wilhelm III., betroffen wurde. Karl II. hatte zugleich mit der Großmutter des Prinzen und dem Gemahl der Vatersschwester desselben, dem Kurfürsten von Brandenburg, die Vormundschaft übernommen. Seine Absicht war, den Neffen und Mündel wieder in die Stellung seiner Vorfahren einzusetzen; so brachte es die Verflechtung der Begebenheiten mit sich, nachdem er selbst auf den Thron hergestellt worden war. Er hat gesagt, seine Ehre erfordere, in den Niederlanden das Gegenteil von dem zu tun, was Cromwell getan habe. Die aristokratische Partei in Holland hatte an dem König von England einen Gegner, der nur die Zeit erwartete, um mit seiner Feindseligkeit offen hervorzutreten.

Unter diesen Umständen konnten die Annäherungen, die im Anfange zwischen beiden Regierungen gewechselt wurden, doch zu keinem wirklichen Verständnis führen. Man dürfte sich eher wundern, daß es im September 1662 noch einmal zu einem Vertrage kam. Doch blieb in diesem vieles unentschieden, und die Mißhelligkeit zwischen den beiden Nationen stieg immer höher. Die Erwerbung des Besitztitels auf Bombay,Bei Gelegenheit der Vermählung Karls II. mit Katharina von Portugal 1661 hatte Portugal einen Schutzvertrag mit England geschlossen gegenüber den Ansprüchen des Königs von Spanien; 4, 344 ff., 370. denn zu wirklicher Besitzergreifung ließ es die Widersetzlichkeit des portugiesischen Befehlshabers und des dortigen Klerus nicht sogleich kommen, hatte die Eifersucht der Holländisch-ostindischen Kompagnie verstärkt. Die Engländer wurden um so sorgsamer von dem Verkehr mit den Eingeborenen ausgeschlossen; eine ihnen im Vertrage zugesprochene Insel, Polaroon, wurde ihnen entweder nicht ausgeliefert oder doch bald wieder entrissen. Sie erhoben laute und heftige Beschwerde, aber die Meinung der Holländer war, wenn sie nachgäben, so würden die Forderungen der Gegner nur um so größer werden, und auch auf ihrer Seite hatte man über tausenderlei Beschädigungen zu klagen. Es kam zu Unterhandlungen, welche die Gemüter beiderseits nur erhitzten. DowningsEnglischer Gesandter in Holland.

Briefe verraten eine immer feindseligere Ungeduld. Er sagt endlich unumwunden, daß von diplomatischen Unterhandlungen nichts mehr zu erwarten sei; man müsse die Holländer mit ihrer Münze bezahlen und Repressalien gegen sie brauchen; nur wer ihnen weh tue, finde Rücksicht bei ihnen. Unter dem Eindruck dieser Berichte und der von verschiedenen Handelsgesellschaften eingehenden Klagen über holländische Übergriffe beschloß das Parlament im April 1664, den König um Abhilfe derselben zu ersuchen. Es versprach ihm zugleich, ihn gegen allen Widerstand, den er dabei finde, mit Gut und Blut zu unterstützen. Karl II. war bisher durch die Besorgnis zurückgehalten worden, daß das Bedürfnis parlamentarischer Unterstützung seiner Autorität nachteilig werden könne; die Initiative, die das Parlament ergriff, machte seiner Bedenklichkeit ein Ende. Er antwortete, er werde noch einmal den Weg der Unterhandlung versuchen; sollte es ihm unmöglich sein, seinen Untertanen auf demselben Gerechtigkeit zu verschaffen, so rechne er auf die Erfüllung des von dem Parlament gegebenen Versprechens.

Indem aber die Unterhandlung fortging und viele noch Erhaltung des Friedens hofften, ließ er doch zu, das nach dem Rate Downings auch von englischer Seite, wiewohl nicht in seinem Namen, Feindseligkeiten begangen wurden. Immer freigebig in Verleihung amerikanischer Landschaften hatte Karl II. seinem Bruder Jakob Long-Island und die vorliegende Küstenstrecke, von der Westseite des Connecticutflusses bis zur Ostseite der Delawarebai, mit allen Rechten der Regierung überlassen. Schon seit vierzig Jahren aber war dies Gebiet von der Holländisch-westindischen Kompagnie kolonisiert worden; Neu-EnglandMassachusetts mit der 1630 gegründeten Stadt Boston. zur Seite hatte sie ein Neu-Niederland gegründet, das bereits eine Anzahl blühender Pflanzorte auf der Insel und an der Küste begriff, unter ihnen auf einer von den Eingebornen durch Kauf erworbenen Stelle ein neues Amsterdam, welches mit dem alten in ununterbrochener Verbindung stand. Die englische Krone hatte ihrerseits diese Ansiedlungen immer für unbefugt erklärt, denn vorlängst seien diese Landstriche von Jakob I. in Besitz genommen worden. Karl II. trug kein Bedenken, den Bruder und einige Kavaliere, die zu ihm hielten, mit denselben zu beleihen.

Es war nicht eigentlich die holländische Regierung, sondern die Holländisch-westindische Kompagnie, mit der man hier sowie noch an andern Stellen zusammenstieß. Karl II. hatte vor kurzem eine ältere, zum Handel nach Afrika gestiftete Gesellschaft erneuert und seinen Bruder an ihre Spitze gestellt. Die Unternehmungen derselben waren vornehmlich nach Guinea gerichtet; aus dem Golde, das ihre Schiffe von der Goldküste zurückbrachten, hat man die ersten Guineen geprägt. Einen sicheren Gewinn warf der Sklavenhandel nach Barbadoes und andern Kolonien ab. Auch in Afrika waren jedoch die Holländer im Vorteil. Ihre Manufakte von Leyden entsprachen dem Geschmack der Eingebornen; mit den einen im Frieden, mit den andern im Krieg griffen sie immer weiter um sich. Damals hatten sie sich in Besitz des vielleicht besten Platzes an der ganzen Küste, Kap Corso – es ist die Station Coastcastle – gesetzt; überall sahen sich die Engländer ausgeschlossen oder benachteiligt.

Nach diesen beiden Regionen nun richteten die Engländer ihre Angriffe, die sie als Repressalien gegen vermeintlich oder wirklich erlittene Unbill bezeichneten. Ein kleines Geschwader der Afrikanischen Kompagnie, zu dem auch der König ein paar Fahrzeuge stoßen ließ, bemächtigte sich des Kap Corso; ein andres, mit einer hinreichenden Anzahl von Landungstruppen ausgerüstet, nahm seinen Lauf nach Neu-Niederland und machte sich ohne viel Mühe zum Meister von Neu-Amsterdam. Der Führer, Oberst Nicholas, der dem Hofhalt des Herzogs von York angehörte, gab der Stadt den Namen New-York.

Wenn man bemerkt, wie gleich darauf Tabago, das von ein paar seeländischen Kaufleuten in Besitz genommen war und durch seine vor der Wut der Orkane gesicherten Häfen die beste Station in den Antillen bildete, von den Engländern überfallen und weggenommen wurde, so ermißt man erst die ganze Tragweite dieses Friedensbruches. Man sollte ihn fast einem überlegten Plane, etwa nach dem Rat des von Karl II. eingerichteten Handels-Kommitee zuschreiben. Denn auf das beste greifen diese Unternehmungen zusammen. Es war, als wollte England, indem es die nordamerikanische Küste ausschließend in seine Hand brachte, zugleich die große Seestraße, die sich zwischen den beiden Kontinenten im Angesicht von Britannien eröffnet, entweder in Besitz nehmen oder doch mit einem Schlage von den verhaßten Nebenbuhlern säubern.

Die Republik sah sich in ihrer großen maritimen Stellung angegriffen. De Ruyter, der vor Malaga kreuzte, erhielt Befehl, sich nach der afrikanischen Küste zu verfügen, um die Engländer zu verjagen und hierauf auch ihre westindischen und nordamerikanischen Ansiedlungen heimzusuchen. Die Unterhandlungen, die indes in Gang gesetzt waren, betrafen hauptsächlich Geldforderungen der englischen Seefahrer wegen erlittener Verluste; aber auch in dieser Beziehung war man weit auseinander. Die alten Mißverständnisse wurden nun durch die neuen erst wahrhaft unaustragbar. Die englische Regierung nahm es selbst übel, daß die holländische so unmittelbar in den Streit der Kompagnien eingriff, was sie ihrerseits zu vermeiden den Anschein gewahrt hatte; zu den merkantilen Motiven kamen politische hinzu; Antriebe der inneren Politik schärften die der äußeren. Durch eine Art von Naturnotwendigkeit wurden die beiden Seemächte noch einmal in den Kampf gezogen. Sie waren beide von Eifer dazu erfüllt; die Holländer wollten behaupten was sie hatten, die Engländer erobern, wovon sie meinten daß es ihnen gehöre.

Am 24. November 1664 eröffnete König Karl die fünfte Session seines zweiten Parlaments mit der Erinnerung an die letzte Zusage, für deren Erfüllung nun die Zeit gekommen sei. Einer jener seltenen Momente trat ein, der einzige den Karl II. überhaupt erlebt hat, in welchem die Stimmung der Regierung, der legislativen Gewalten und der Mehrzahl des Volkes zusammenwirkte. Die Regierung hatte berechnet, wieviel der letzte Krieg gegen Holland in einem Jahre gekostet habe; zusammen mit den bereits gemachten Aufwendungen belief sich das auf mehr als 2 Millionen Pfund. Ein mit der Regierung einverstandenes, übrigens unabhängiges Mitglied stellte die Forderung auf 2-1/2 Millionen. So weit das auch über alles hinausging, was bis jetzt jemals geleistet worden war, so wurde es doch auf der Stelle bewilligt. Eine Bedingung machte allerdings das Parlament: die Zahlung der Summe ward auf drei Jahre ausgedehnt, denn niemand verhehlte sich, daß es nicht eben leicht sein werde, sie aufzubringen. Es fügte die ausdrückliche Bestimmung hinzu, daß sie ausschließend zu dem holländischen Kriege verwandt werden solle. Das konnte aber den Eindruck nicht schmälern, welchen der Betrag der Summe machte: 2-1/2 Millionen Pfund seien 25 Millionen holländische Gulden, wie wolle Holland mit seinem zweihundertsten Pfennig jemals diese Summe erreichen!

Mit dem Parlament und der Nation einverstanden, erhob sich Karl II. zu den stolzesten Entwürfen. Er hat dem brandenburgischen Gesandten gesagt, die Gewährung seiner früheren Forderungen könne ihm nicht mehr genügen, er müsse die Erstattung seiner Kriegskosten, die Einräumung einiger Sicherheitsplätze fordern, denn er könne es nicht darauf ankommen lassen, ob es den Regenten oder den Kompagnien der Republik nicht aufs neue gefalle, englische Untertanen zu mißhandeln. Der KanzlersEdward Hyde, Earl of Clarendon, schon 1640 Mitglied des Parlaments, dann Karls I. Ratgeber, begleitete 1648 Karl II. in die Verbannung, kehrte mit ihm 1660 zurück; 1667 gestürzt, ging er nach Frankreich und starb dort 1674. Englische Geschichte 3, 64. 80; 4, 290. 307; 5, 42; 8. 215 ff. äußerte denselben Gedanken: zur Sicherheit des Handels nach beiden Indien sei die Einräumung einiger holländischer Plätze nötig; er fügte hinzu: der König von England sei zugleich König der Meere, seine Herrschaft über die britannische See müsse anerkannt werden; diese schließe das Recht der Visitation fremder Schiffe und selbst ihre Eskorte durch den Kanal in sich; auch die Frage über den Fischfang müsse man regeln. Und wie man einen Grund für die Hartnäckigkeit de WittsJan de Witt, damals der leitende Staatsmann in Holland. darin zu finden meinte, daß er durch den Krieg gegen den Oheim des Prinzen von Oranien diesem selbst einen popularen Haß zuzuziehen hoffe, so sah man in England in der Herstellung desselben einen der vornehmsten Zwecke des Krieges. Der König betrachtete es fast als eine persönliche Pflicht; wie Cromwell die Ausschließung der Oranier aus Haß gegen das Haus Stuart gefordert hatte, so meinte er die Herstellung des Prinzen, seines Neffen, fordern zu müssen.

Unter diesen Impulsen wurde die Flotte mit dem angestrengtesten Eifer instand gesetzt. Man hoffte besonders durch stark gebaute und große, mit metallenen Geschützen versehene Fregatten den Holländern überlegen zu werden; im Februar 1665 waren deren bereits gegen hundert fertig. Die Flotte sammelte sich im März bei Gunfleet. Der Herzog von York hatte sich nicht abhalten lassen – denn ihn dürstete nach Kriegsruhm – den Oberbefehl selbst zu führen; er betrachtete das Unternehmen als seine eigne Angelegenheit. Sobald es irgend möglich war, Anfang Mai, richtete die Flotte ihren Lauf nach der holländischen Küste. In deren Nähe ward sie durch den Umschlag des Windes zur Rückkehr genötigt und nahm alsdann ihre Station in Southwoldsbai. Aber wenn die vornehmste Absicht gewesen war, den Feind in die offene See herauszulocken, so ward diese erreicht; die Holländer waren ohnehin der Meinung, daß nur eine gewonnene Schlacht ihnen dauernden Frieden verschaffen könne; ihr Eifer wurde durch die Bedrohung ihrer Küsten noch besonders angespornt.

Das erste Zusammentreffen geschah am 3./13. Juni in der Nähe der Reede von Harwich; man hörte den Donner des Geschützes in Westminster. Am Morgen manövrierten die beiden Flotten, um den Vorteil der Stellung zu gewinnen, unter stetem Kanonieren; am Mittag hielten sie, jede in einer langen Linie, einander gegenüber und beschossen einander, eine Zeitlang mit gleichem Erfolg, aber allmählich erwies sich das englische Geschütz auch diesmal überlegen. Näher heransegelnd begrüßte der »Royal Charles«, auf welchem sich der Herzog befand, das feindliche Admiralschiff. Opdam, der holländische Admiral, saß auf dem Verdeck in seinem Stuhl und erteilte seine Befehle unbesorgt und unverletzt, als einer der ersten Schüsse vom »Royal Charles« in seine Pulverkammer traf und ihn samt seinem Schiff in die Luft sprengte. Bei diesem Anblick gerieten die Holländer in Verwirrung; der ungünstige Wind hinderte sie, den Engländern an Bord ihrer Schiffe zu Leibe zu gehen. Um der überlegenen Wirkung der feindlichen Geschütze zu entkommen, traten sie ihren Rückzug an, auf dem sie sehr bedeutende Verluste erlitten.

Der Sieg erfüllte die Engländer mit Genugtuung und Selbstgefühl; die Holländer schrieben ihren Verlust unglücklichen Zufälligkeiten zu und wollten nicht Wort haben, daß die Feinde ihnen in der Tat überlegen seien. Ein großer Teil ihrer Fahrzeuge war von Cornelis Tromp wohlbehalten zurückgeführt worden; de Witt eilte nach dem Texel, um die ganze Flotte so bald wie möglich wieder in See zu bringen. Man goß Kanonen von größerem Kaliber, verbesserte die Besoldung der Mannschaften und sorgte für ihre Vermehrung. Jedermann schöpfte Mut als de Ruyter, der indes an der Küste von Guinea feste Plätze erobert und englische Schiffe weggenommen, auf weitem Umwege durch die norwegische See in Delfzyl anlangte, mit reicher Beute und glänzenden Siegeszeichen. Man kann sich den Jubel denken, mit dem ihn alles Volk bewillkommnete. Auf Vorschlag der Stadt Amsterdam ward ihm die Führung der neugerüsteten Flotte anvertraut; er nahm seine Richtung nach den nordischen Gewässern, aus denen er soeben gekommen war. Denn dahin hatten auch alle die Kauffahrer aus dem Mittelmeer und den beiden Indien, deren Ladungen man auf dreihundert Tonnen Goldes schätzte, ihren Weg genommen und eine Zuflucht in dem Hafen von Bergen gefunden. Lord Sandwich, der indes an Stelle des Herzogs von York – denn den Thronerben wollte man den Gefahren einer zweiten Seeschlacht nicht aussetzen – den Oberbefehl übernommen hatte, eilte sie daselbst aufzusuchen. Er hatte mit Friedrich III., König von Dänemark und Norwegen, einen Pakt geschlossen, an dessen Wirklichkeit man nicht glauben würde, wenn nicht die unverwerflichsten Beweise dafür vorlägen. Der König, der in mannigfaltigem bitterem Hader mit der Republik lag und immer schon Miene machte auf die Seite der Engländer zu treten, hat ihnen versprochen, ihrem Angriff auf die Holländer im Hafen von Bergen ruhig zuzusehen, vorausgesetzt daß ihm die Hälfte der Beute zufiele. Das Glück der Holländer wollte, daß die Engländer angriffen, ehe noch die erforderlichen Weisungen von Kopenhagen in Bergen eingetroffen waren. Der Kommandant des Platzes hatte den Holländern sein Wort verpfändet; als die Engländer, ungeduldig zu warten, zum Angriff schritten, trug er kein Bedenken, sein Geschütz gegen ihre Fregatten zu richten; sie wurden mit beträchtlichem Verlust hinausgetrieben. Die Holländer wären dennoch verloren gewesen, hätten sie im Angesicht der feindlichen Kriegsflotte in See gehen wollen. Da erschien Ruyter an der Küste von Bergen, um sie unter seinem Schutze zurückzuführen. Sie hatten dabei mehr von den widrigen Winden als von den Feinden zu leiden; aber zwei ostindische und vier andre Schiffe gerieten doch in die Hände des Earl von Sandwich, die übrigen brachten ihre Ladung glücklich nach dem Texel oder dem Vlie.

In dem ersten Gange des großen maritimen Zweikampfes hatte sich die Republik gut geschlagen, aber in empfindliche Nachteile war sie dabei doch geraten. Wie lange sie Leib an Leib mit dem von Natur bei weitem mächtigeren England den Krieg würde aushalten können, war in der Tat sehr zweifelhaft. Aber schon genug, daß sie dem ersten Anlauf nicht erlegen war. Bei dem engen Zusammenhang aller europäischen Staatenverhältnisse konnte es ihr auf die Länge nicht an Bundesgenossen fehlen. Die englische Regierung würde den Krieg von Anfang an nicht so leicht unternommen haben, hätte sie nicht gemeint auf die Neutralität des Königs von Frankreich rechnen zu dürfen, der ja auch seinerseits nichts mehr wünschte, als sein Reich von dem Übergewicht der Reederei und des Handels der Holländer zu emanzipieren. Man traute ihm den Gedanken zu, daß der Streit der beiden seegewaltigen Nachbarn für ihn vorteilhaft sei, und aus einer seiner Instruktionen sieht man, daß sich derselbe bei ihm geregt hat; aber er wurde doch von der andern Betrachtung überwogen, daß England, wenn es die Holländer unterdrücke, zu einem maritimen Übergewicht gelangen werde, welches für alle andern Mächte unerträglich werden müßte. Überdies hatte er den Holländern in seinem letzten Vertrage das Wort gegeben, ihnen zu Hilfe zu kommen, wenn sie angegriffen würden. Er erklärte den Engländern geradezu, daß er sein Wort halten müsse, wofern der Krieg seinen Fortgang habe.

Es war eine Mediationsgesandtschaft, die er gleich beim Ausbruch des Krieges nach England geschickt hatte, welche diese Erklärung machte. Karl II. antwortete, nicht Holland sei der angegriffene Teil, sondern England. Besonders brachte er die Versicherungen von Freundschaft zur Sprache, die ihm Ludwig XIV. so oft gegeben hatte; er bezeichnete es ihm sogar als eine politische Pflicht, einen benachbarten König gegen die Republikaner zu unterstützen. Auf die Franzosen machte das aber keinen Eindruck. Sie untersuchten die vorliegenden Streitfragen mit kühler Unparteilichkeit und schlugen endlich die Auskunft vor, daß Holland auf seine amerikanischen Besitzungen, auf die ihm gleichwohl ein unbezweifeltes Recht zustehe, und England dagegen auf die Insel Polaroon in Ostindien Verzicht leisten, Kap Corso in Guinea geschleift und die übrige Küste zwischen Holland und England geteilt werden möge. Man konnte sich darüber nicht täuschen, daß die Verwerfung dieses Vorschlages eine Teilnahme der Franzosen am Kriege herbeiführen würde.

So stand die politische Frage, als das Parlament im Oktober 1665 einer grassierender Pestseuche halber nicht in London, sondern in Oxford zusammenkam. Es war die Bubonenpest, die seit einem Vierteljahrhundert in Europa bald in einem, bald in dem andern Lande erschienen war und wie vor kurzem Holland so nun England heimsuchte. Friedliche Gedanken brachte sie jedoch in den Regierungen dieser Länder nicht hervor. Auch jetzt waren Karl II. und seine Minister nicht im mindesten geneigt, ihre Ansprüche auf Ostindien und die dahin führenden afrikanischen Besitzungen, überhaupt die Erwerbung der großen maritimen Stellung, in der sie begriffen waren, der französischen Mediation zuliebe aufzugeben. Das Parlament, ohne sich dadurch irren zu lassen, daß die auf drei Jahre geschehene frühere Bewilligung in einem einzigen verwendet worden war, beschloß eine Vermehrung derselben um die Hälfte, 1 250 000 Pfund; die Summe sollte durch eine direkte monatliche Auflage aufgebracht werden.

Ludwig brach die Verhandlungen ab, von denen ihm seine Gesandten sagten, den Engländern sei es nur darum zu tun, ihn von der Unterstützung der Holländer abzuhalten. Von beiden Seiten erfolgten Kriegserklärungen, die zwar auf schonende Weise abgefaßt, aber doch ernstlich gemeint und von Tätlichkeiten zur See begleitet waren. Zunächst kam der König von Frankreich mit seinem ganzen politischen Gewicht den Generalstaaten in ihren Verhandlungen mit europäischen und deutschen Mächten zu Hilfe. England war von allen Seiten isoliert, als es im Frühjahr 1666 zur Fortsetzung des Krieges schritt. Nicht einmal auf den Bischof von Münster durfte es rechnen; durch die französische Einwirkung und die veränderte Stellung seiner deutschen Nachbarn war dieser genötigt, seine Truppen aus den genommenen Orten zurückzuziehen und die Waffen niederzulegen.

Die beiden Flotten waren an Kräften ziemlich gleich, als sie im Mai in See erschienen. Die Holländer hatten stärkere Kriegsfahrzeuge, etwa 88 an Zahl, und besseres Geschütz als vor dem Jahre; sie wurden von Ruyter geführt, der das allgemeine Vertrauen der Republik besaß. Die englische Flotte wurde von General Monk und dem Prinzen RupertNeffe König Karls I., Sohn des 1621 aus der Pfalz vertriebenen Kurfürsten. Friedrich V., Anführer der königlichen Truppen gegen das Parlamentsheer 1642-44, Befehlshaber der königlichen Flotte 1649-51; Englische Geschichte 3, 152 ff. 185 ff.; 4, 29. 60-62. kommandiert. Den ungeduldigen Kriegseifer des alten Führers der Kavaliere zu Land und See meinte man durch die Genossenschaft mit dem General zu mäßigen, dem alten Cromwellisten, in dessen Seele seine früheren Siege hohes Selbstgefühl erweckten, und der noch das größte Ansehen bei Volk und Soldaten genoß. Man glaubte, man müsse unter ihm siegen.

Ludwig XIV. nahm an dem Kriege noch nicht unmittelbar Anteil. Aber schon daß man auf seine Rüstungen und die Bewegungen seiner Flotte Rücksicht nehmen mußte, hatte eine große Einwirkung, gleich bei dem ersten Zusammentreffen. Wie erschrak man in London, als man den Kanonendonner von den Flotten hörte, die bei Newforeland aneinandergerieten, und zugleich erfuhr, daß ein Teil der englischen unter Prinz Rupert nicht dabei sei! Er hatte auf die Nachricht, daß die französische Flotte, die von Toulon kam, schon bei Belleisle angelangt sei, den Auftrag übernommen, ihr entgegenzugehen. Hierdurch eher angefeuert als zurückgehalten, denn er wollte die Ehre des Sieges allein erfechten, war Monk zu einem Angriff geschritten, aber von dem kräftigsten Widerstand empfangen worden. Es erfolgte die in den Annalen der Seekriege berühmte Schlacht von vier Tagen. Der erste (1./11. Juni) brachte keine Entscheidung, der zweite fiel für die Engländer unglücklich aus. Monk mußte nach der Themse zurückgehen und war in Gefahr, eine Niederlage zu erleiden, als am dritten Tage der Prinz, der auf keinen Feind gestoßen war, mit seinem frischen Geschwader zurückkam. Die Engländer faßten hierauf wieder Mut zum Angriff, aber auch dann, am vierten Tage gerieten sie in Nachteil. Sie waren genötigt, die Schlacht abzubrechen und nach der Themse zurückzugehen; eine ganze Anzahl ihrer Schiffe ging zugrunde oder geriet den Feinden in die Hände.

Wie die vorjährige Schlacht den Holländern, so diente die diesjährige den Engländern zum Anlaß, sich mit der größten Anstrengung zu rüsten. Die Flotte, die sie nach Verlauf einiger Wochen in See brachten, war nach dem Urteil der Kundigen in bezug auf Schiffe, Geschütz und Bemannung die beste, welche sie je besessen. Bei dem nächsten Zusammentreffen, 4. August n. St., blieben die Holländer im Nachteil; eine Anzahl ihrer zuverlässigsten und besten Kapitäne ist dabei umgekommen; sie mußten sich zum Rückzug entschließen. De Witt fand jedoch Mittel, die Flotte in kurzem zum dritten Mal in voller Tüchtigkeit in See zu bringen, und nun war auch die französische im Kanal erschienen, um sich mit der holländischen zu vereinigen. Die Engländer hielten für ratsam, den offenen Kampf zu vermeiden. Nicht sowohl im Seekampf als politisch waren sie im Nachteil; der König fühlte sich bewogen, der Republik Friedensanträge zu machen.

In dieser bedenklichen Lage der Dinge war es, daß London von jener Feuersbrunst betroffen wurde, welche den größten Teil der alten Stadt in Asche legte. In einer engen Gasse von hölzernen, mit brennbaren Materialien angefüllten Häusern kam das Feuer in der Nacht zum 2./12. September aus. Von einem starken Ostwind getrieben, warf es sich unerwartet in ziemlich entfernte Regionen und wälzte sich dann von Straße zu Straße. Der höher gelegene Teil der Stadt erschien in kurzem wie ein brennender Berg, vor welchem her die Flamme von einem Ufer der Themse nach dem andern einen himmelhohen Bogen schlug. Vier Tage lang konnte man ihrer nicht Meister werden. Die Menschen beschäftigten sich weniger damit, dem Brande Einhalt zu tun, was ihnen unmöglich schien, als ihre Habe zu retten. Zu der Unruhe, welche dadurch entstand, gesellte sich ein gräßlicher Verdacht. Da das Feuer eben am 3. September wütete, ließen die Menschen sich nicht ausreden, daß es von den Anabaptisten angelegt sei, zum Totenopfer für Oliver Cromwell am Tage seiner Siege und seines Todes; andre klagten die Katholiken an; die Meinung griff um sich, Holländer und Franzosen seien dabei wirksam. Einst, auf das Gerücht, diese Feinde seien bereits im Anzuge, um sich des günstigen Augenblicks zu einem Anfall zu bedienen, stürzte eine aufgeregte Menge mit allem, was als Waffe dienen konnte, nach der Gegend, die man ihr bezeichnete. Wehe denen, die sich durch ihre Sprache als Fremde kundgaben! Die öffentliche Autorität mußte einschreiten, um sie der Wut der Menge zu entziehen.

Erst außerhalb der Ringmauer hatte man das Weiterumsichgreifen der Flamme dadurch gehindert, daß man eine Anzahl Häuser in die Luft sprengte. Aber sie hatte bereits zwei Drittel der Stadt in Asche gelegt, wie die zum Gedächtnis errichtete Inschrift sagt, 400 Straßen, mehr als 13000 Wohnhäuser, 89 Kirchen, darunter die Kathedrale von St. Paul, und eine große Zahl andrer öffentlicher Gebäude. Gold und Silber waren meistens gerettet worden. Und wie ja der Reichtum einer kommerziellen Metropole fast am wenigsten auf dem beruht, was sie zur Zeit in sich birgt, so hatte dieser Brand keine sehr tief eingreifenden Wirkungen auf den Handel von London. Aber für den Augenblick war der entstandene Verlust doch sehr empfindlich. Massen von Vorräten, in den Kaufhäusern und Magazinen aufgehäuft, waren vernichtet, darunter auch mannigfaltige Kriegsbedürfnisse. Die Zerstörung der Zollhäuser mit ihren Papieren brachte eine widerwärtige Verwirrung in den Verrechnungen und selbst eine Einbuße in den Einnahmen hervor. Die Schornsteinsteuer, welche eine der vornehmsten Hilfsquellen der Regierung bildete, konnte in den öden Brandstätten unmöglich eingetrieben werden. Und wenn alle Anstrengungen zunächst dahin gerichtet werden mußten, die Stadt wieder aufzubauen,Den Zustand der wiederhergestellten Stadt um 1685 hat Macaulay im dritten Kapitel seiner Geschichte von England anschaulich beschrieben; den Brand hat er in dem einleitenden zweiten Kapitel nur kurz erwähnt. wie konnte man Krieg führen?

In der nächsten Sitzung des Parlaments, welche am Ende des September eröffnet wurde, beschloß man dennoch ihn fortzusetzen, und zwar mit um so mehr Anstrengung, weil der Kriegsmut des Feindes durch das Unglück gewachsen sein dürfte. Das Unterhaus votierte aufs neue eine ansehnliche Summe, 1 800 000 Pfund. Aber jedermann empfand doch, daß es sehr schwer halten werde sie zusammenzubringen; man sah in dem Beschluß mehr einen Ausdruck britischen Stolzes als wirklichen Ernst. Denn es kam nun doch dahin, was man in Holland vorausgesehen, daß die Kosten der Seerüstungen die innere Wohlfahrt der englischen Nation bedrohten. Die Überzeugung brach sich Bahn, daß der Friede notwendig sei.

Der König hatte bereits nach einer entsprechenden Erwiderung der Holländer auf seine friedlichen Eröffnungen ihnen zu erkennen gegeben, worauf es ihm dabei ankomme, nämlich nicht auf Vorteile für das Haus Oranien, sondern vornehmlich auf Sicherheit des englischen Handels in Ostindien, und sie eingeladen, ebensogut jetzt wie einst zur Zeit Cromwells ihre Bevollmächtigten nach London zu schicken. Noch schien es möglich, die Interessen von Frankreich und Holland zu trennen, denn die Holländer fürchteten ihrerseits nichts mehr als die Eroberung der spanischen Niederlande durch Ludwig XIV., der ihnen dann mit seiner unwiderstehlichen Übermacht allzunahe kommen würde. Eigentlich in diesem Sinne schlossen sie damals eine Quadrupelallianz mit Dänemark, Lüneburg und Brandenburg ab, in die sie den Kaiser und Spanien aufzunehmen nur deshalb Bedenken trugen, weil sie mit Frankreich wieder England verbündet waren. Es wäre eine große Verstärkung der antifranzösischen Politik gewesen, wenn nun ein Friede zwischen Holland und England durch Vermittlung der von Ludwig XIV. bedrohten Macht zustande gekommen wäre. Auch haben die kaiserlichen und spanischen Gesandten dies Ziel eine Zeitlang verfolgt, aber in wirkliches Verständnis mit der Regierung Karls II. sind sie auch damals nicht getreten. Sie glaubten zu bemerken, wenn der König einmal Frieden habe, so würde er doch nicht daran denken, in die kontinentalen Irrungen einzugreifen, sondern sich nur mit der Befestigung seiner inneren Macht beschäftigen. Da schien ihnen die Fortdauer des Krieges noch fast vorteilhafter, weil er zugleich Frankreich und England miteinander in Entzweiung hielt. Wollte Karl II. zu einem Frieden mit Holland gelangen, so blieb ihm nichts übrig als die Vermittlung des Verbündeten der Holländer, des Königs von Frankreich, nachzusuchen. Das aber war bei der Lage der Dinge nur unter der einen Bedingung zu erreichen, daß er sich dem Vorhaben Ludwigs XIV. in bezug auf die spanischen Niederlande nicht entgegenstellte. Wie Karl nun einmal gesinnt war, verursachte ihm das wenig Skrupel; überdies machte es seine damalige Lage notwendig.

Zunächst verpflichteten sich beide, binnen eines Jahres in keine den Interessen des andern zuwiderlaufende Verbindung zu treten. Ludwig XIV. behielt zu seinem Feldzug freie Hand; dagegen versprach er, seine Flotte, von der die Holländer unterstützt zu werden hofften, fürs erste in den Häfen zurückzuhalten. Zwischen den beiden Machten war über die Hauptsache bereits Einverständnis getroffen, als der Friedenskongreß zu Breda, welchen Ort Karl II. unter denen, die ihm vorgeschlagen waren, gewählt hatte, im Mai 1667 eröffnet wurde. Die Bestimmung, daß jeder Teil behalten solle was in seinem Besitz sei, wurde nun die Hauptgrundlage des Friedens zwischen England und Holland. Aber eine große Differenz trat dabei hervor: die Holländer wollten beides behalten, was sie in und was sie vor dem Kriege eingenommen hatten, namentlich die Insel Polaroon; Karl II. wollte seine alten Ansprüche, die zum Teil Ansprüche der ostindischen Kompagnie waren, nicht aufgeben. Im Laufe des Juni schien es, als ob daran noch alles scheitern könne. Und wie nun, wenn der ausbrechende Krieg in den spanischen Niederlanden, wo Ludwig XIV. im Anfang dieses Monats einrückte, die Interessen weiter umgestaltete und Frankreich ganz auf die Seite Englands trieb? De Witt täuschte sich nicht darüber, daß eine Verbindung zwischen beiden angebahnt wurde. In diesem Moment des Zusammentreffens so verschiedenartiger, noch nicht vollständig hervorgetretener, aber doch erkennbarer Tendenzen entschloß er sich zu dem kühnsten Unternehmen, das die Republik vielleicht überhaupt ausgeführt hat. Die vorgelegte Bedingung konnte und wollte er nicht annehmen, weil er dadurch die Differenzen sanktioniert hätte, aus denen der Krieg hervorgegangen war; er wollte sie auf immer abschneiden. Aber Frieden mußte die Republik haben, weil sie bei der ausbrechenden Irrung keinerlei Einfluß hätte üben können, wenn sie in einen andern Krieg verwickelt gewesen wäre. Er beschloß sich den Frieden zu erzwingen, und zwar unmittelbar durch einen Angriff auf England, welches damals die Herstellung seiner Flotte versäumt hatte.

Auch ohne französische Hilfe besaßen die Holländer die Übermacht zur See. Eben in den Tagen, als die Franzosen siegreich in die Niederlande eindrangen, ging die holländische Flotte, 61 Kriegsfahrzeuge stark, gegen England in See; am 7./17. Juni war sie im Koningdiep am Ausfluß der Themse. Im Kriegsrat ward für tunlich erachtet, mit den leichtesten Schiffen in die Themse einzulaufen und den stolzen Feind im Mittelpunkt seiner Macht zu bedrohen. Die Engländer waren nicht im mindesten auf einen solchen Versuch vorbereitet. Den Holländern gelang es Sheerneß zu nehmen, dann fuhren sie weiter nach Chattam. Hier wurden sie allerdings von Kanonenfeuer empfangen, aber dem zum Trotz sprengten sie die Kette, die auf Rollen über den Fluß gezogen war, steckten nacheinander drei englische Kriegsschiffe in Brand, nahmen ein viertes und segelten bis nach Upnor. Man meinte, wären sie weitergegangen, so hätten sie vielleicht die Arsenale von England zerstören können. Was sie erreicht hatten, war genug, sie selbst zu befriedigen und dagegen den Engländern die Scham ins Gesicht zu treiben über eine Szene, die nie gesehen worden, seitdem die englische Flagge auf der See erschienen war.

Für den Frieden war dies Ereignis entscheidend. Nachdem der eine her beiden englischen Bevollmächtigten noch einmal persönlich Rücksprache mit König Karl II. genommen hatte, wurde die Abkunft in den wesentlichen Punkten nach dem Sinne der Holländer unterzeichnet. Jeder von beiden Teilen sollte im Besitz der Länder und Ortschaften sowie der Schiffe und Güter bleiben, die er vor und in dem letzten Kriege weggenommen habe; alle Ansprüche aus dem Vertrage von 1662 wurden ausdrücklich aufgehoben. Sogar in bezug auf die Navigationsakte ließen sich die Engländer die Erläuterung gefallen, daß Holland deutsche Güter bei ihnen einführen könne. Der Friede gewährte den Engländern einen Vorteil von unermeßlicher Bedeutung; er ließ Neu-Niederland in ihren Händen, was ihrem nordamerikanischen Gebiet eine Kontinuität gab, ohne die es sich nie hätte entwickeln können. Was wollte der Verlust von Polaroon dagegen sagen? De Witt meinte, indem er diesen großen Erwerb anerkannte und die alten Streitigkeiten hob, aus denen der Krieg hervorgegangen war, den Frieden auf immer zu sichern. Für definitiv haben ihn die Engländer wohl keinen Augenblick gehalten. Der eigentliche Grund der Feindseligkeiten, der in der maritimen Eifersucht lag, ward durch das Unternehmen, das den Frieden herbeiführte, vielmehr verstärkt. Einen Angriff, der die Sicherheit von London gefährdete, konnte weder die Regierung noch selbst die Nation den Holländern vergeben.

Dritter Krieg 1672-1674, Englische Geschichte 5, 106-113. Friedensschluß auf Verlangen des Parlaments 5, 130-141. England und Holland vereinigt durch die Berufung Wilhelms III. auf den englischen Thron 6, 176-180. 201; 7, 9.


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