Leopold von Ranke
Geschichtsbilder aus Leopold v. Rankes Werken
Leopold von Ranke

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3. Kaisertum und Papsttum.

Deutsche Geschichte I, Werke Bd. 1 S. 28.

Den unmittelbar aus den Gründungen Karls des Großen hervorgehenden Ansprüchen der Geistlichkeit, Europa nach ihren hierarchischen Gesichtspunkten zu beherrschen, waren die vereinigten Deutschen, noch durchdrungen von den nationalen Ideen des alten Germaniens, entgegengetreten und hatten das Kaisertum gegründet.Mit dem Jahre 962 beginnt das »römische Kaisertum deutscher Nation«, dauernd vereint mit der deutschen Königswürde. In dem hier nicht mitgeteilten Teil der Einleitung hat Ranke ausgeführt, daß Arnulf und Heinrich I. ihr Königtum im Gegensatz zur Geistlichkeit erlangten, während die westfränkischen Könige, Karl der Kahle und Odo, sich ihr von vornherein anschlossen; ferner, daß Otto I. nur von den weltlichen Großen gewählt wurde und auch ohne die kirchliche Salbung König gewesen wäre wie sein Vater; in Italien »mußte er dann den Papst erst setzen, mit dem er sich verstehen konnte«. Unglücklicherweise aber vermochte das Kaisertum nicht zu vollkommen ruhigem und festem Bestande zu gelangen. In der Entzweiung, in welche die zur Gewalt geneigten Herrscher und die widerspenstigen Vasallen gar bald gerieten, geschah es doch, daß sowohl die einen als die anderen das geistliche Element wieder beförderten. Zuerst sahen die Kaiser in einer starken Geistlichkeit das Mittel, ihre Großen im Zaun zu halten, und teilten ihr freigebig Besitztümer, Regierungsrechte zu. Hierauf aber, als sich in dem Papsttum und der geistlichen Korporation überhaupt Ideen der Befreiung regten, fanden es auch die weltlichen Großen so übel nicht, wenn der Kaiser dieses Rückhalts, dieses Mittels der Gewalt beraubt würde;Die Zeit Heinrichs IV. die Schwächung der kaiserlichen Macht kam auch ihnen gar sehr zu statten. So geschah, daß das geistliche Element, durch seine entzweiten Gegner befördert, zuletzt doch zu einem entschiedenen Übergewicht gelangte.

Allerdings kam nun im 12. und 13. Jahrhundert etwas ganz anderes zustande, als im 9. geschehen sein würde. Die weltliche Gewalt konnte herabgewürdigt, nicht vernichtet werden; ein vollkommenes Priesterreich, wie es wohl einst hätte erwartet werden müssen,Ranke zitiert Seite 9 die von dem Mainzer Geistlichen Benediktus Levita um 847 veranstaltete Sammlung von Kapitularien Karls des Großen und seiner Nachfolger, worin gefälschte päpstliche Dokumente eingemischt sind. konnte nicht mehr entstehen. Auch hatte die gesamte nationale Entwicklung viel zu tiefe Wurzeln geschlagen, um von dem kirchlichen Element erdrückt zu werden; vielmehr ward ihr die Einwirkung der kirchlichen Ideen und StiftungenFörderung der Kultur durch die Klöster. ohne Zweifel selbst sehr förderlich. Es war eine Fülle von Leben und Geist, von Tätigkeit in den verschiedensten Zweigen, von schöpferischer Kraft vorhanden, von der man nicht sieht, wie sie bei einem anderen Gang der Dinge hätte entstehen können.

Aber bei alledem war das doch kein Zustand, mit welchem sich eine große Nation befriedigen kann. An eine freie politische Bewegung war nicht zu denken, solange der vornehmste Antrieb zu aller öffentlichen Tätigkeit von einem fremden Oberhaupte kam. Auch im Reiche des Geistes waren strenge Grenzen gezogen; das unmittelbare Verhältnis, in dem sich jedes geistige Dasein zu dem Göttlichen fühlt, war und blieb der Nation verdunkelt. Es traten endlich Verhältnisse ein, welche auch in der deutschen Nation ein Bewußtsein ihrer natürlichen Stellung hervorriefen.


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