Ludwig Preller
Griechische Mythologie II - Heroen
Ludwig Preller

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l. Pelias Tod und Leichenspiele.

Pelias ist wieder der verschlagene und grausame Tyrann, aber er wird überlistet und grausam bestraft durch Medea: ein alter ZusammenhangPindar P. 4, 250 Μήδειαν, τὰν Πελίαο φόνον, vgl. Pherekydes b. Schol. zu vs. 133 ταῦτα δὲ τῷ Ἰήσονι Ἥρη ἐς νόον βάλλει, ὡς ἔλϑοι ἡ Μήδεια τῷ Πελίᾳ κακόν. Von Sophokles gehören hierher die Tragödie Πελίας ἢ Ῥιζοτόμοι, woraus ein bedeutendes Fragment erhalten ist b. Macrob. S. 5, 19, 9, von Euripides die Πελιάδες, sein erstes Stück. Daher stammen wohl die Züge einer tragischen Verwicklung b. Apollod. 1, 9, 27 u. Hygin f. 24., obwohl die attische Tragödie auch hier Manches hinzugethan haben mag um die Arglist des Pelias und die Rache der Medea noch mehr ans Licht zu stellen. Diese schleicht sich unter der Maske einer Priesterin der Diana in das königliche Haus d. h. der Hekate, vermuthlich der von Pherae. Sie erscheint dann von neuem und vollends bei dieser Gelegenheit als die allgewaltige Zauberin, die Mutter und das mythische Vorbild aller thessalischen Zauberinnen, von deren Allgewalt über die Kräfte der Natur und die Stimmungen des menschlichen Gemüths die Alten so vieles Wunderbare erzählenLucan 6, 438 ff. Man sagte daß Medea auf der Flucht durch Thessalien ihren Kräuterkasten habe fallen lassen und daß Thessalien darüber so reich an officinellen Kräutern und Zaubermitteln geworden sei, Schol. Arist. Nub. 749, Aristid. 1 p. 76 Ddf. Auch nannte man den Θεσσαλός, den Eponymen der Thessaler, bisweilen einen Sohn des Iason und der Medea, Diod. 4, 55.. Namentlich versteht sie auch das Alter wieder jung zu machen, ein Aberglaube von dem sich auch in der Sage vom Zagreus und vom Melikertes Spuren finden. So hatte Medea nach Pherekydes und Simonides den Iason durch Aufkochen (ἀναψήσασα) verjüngt, nach den Nosten seinen Vater Aeson, den abgelebten Greis durch Zauberkräuter, die sie in einem goldnen Kessel gebraut hatte, zu einem kräftigen Jüngling gemacht, nach Aeschylos auch die nysaeischen Nymphen, die Ammen des Dionysos und zwar mit ihren Männern verjüngtEurip. Med. argum., Schol. Arist. Eq. 1321, Ovid M. 7, 159–296.. Mit solchen Künsten wußte sie die Töchter des Pelias und den Pelias selbst zu täuschen, der dem jugendlichen Nebenbuhler dann wohl die Spitze zu bieten hoffte. Genug Medea 339 verspricht den Peliaden ihren Vater zu verjüngen und überzeugt sie durch große Wunder, plötzliche Finsterniß, außerordentliche Wirkung von Salben und Tränken, endlich dadurch daß sie einen alten Bock zerstückelt und in einer Brühe kocht, aus welcher er als schönes Thier wieder hervorspringtApollod., Hygin l. c, Zenob. 4, 92, Ovid M. 7, 297 ff. Vgl. die Vasenbilder b. Gerhard A. V. t. 157, Archäol. Ztg. 1846 t. 10 n. 40 und das Relief bei Hirt in Böttigers Amalthea 1, 161 ff. t. 4. Aus einer der Satiren Varros haben sich b. Non. Marc. 158 diese Worte erhalten: Peliam Medeae permisisse ut se vel vivum degluberet, dummodo redderet puellum. Man zeigte die Gräber der Peliaden später in der Gegend von Mantinea, Paus. 8, 11, 1. Alkestis allein galt für unschuldig an dem Tode des Vaters, Diod. 4, 52; 6, 11.. Die verblendeten Töchter zerstückeln und kochen also ihren eignen Vater.

Auf den Tod des Pelias folgten die von Akastos, seinem Sohn und Nachfolger veranstalteten Leichenspiele (ἆϑλα ἐπὶ Πελία), ein seit alter Zeit in Poesie und Kunst berühmtes Fest. Stesichoros hatte davon gesungen, am Kasten des Kypselos war eine große darauf bezügliche Darstellung zu sehenPaus. 5, 17, 4. Ueber Stesichoros s. Poet. lyr. ed. Bergk p. 740 sq. Auch unter den angeblichen Tragödien des Thespis werden ἆϑλα Πελίον genannt. und auch in andern Sagen sind manche Nachklänge davon erhalten. Kurz es war das eine von jenen durch alte Tradition und Lieder, in denen die Erinnerung an den Glanz von Iolkos und die Minyer nachwirkte, geheiligten Gelegenheiten zu einer glänzenden Heroenschau , wie sie die griechische Poesie und Kunst in ihren früheren Perioden sehr liebte. Auf jenem Bilde des Kypseloskastens sah man Herakles wie einen Aeltesten und Richter über die Kampfspiele thronend sitzen. Zum Wettrennen bereiteten sich Polydeukes und Admet mit ihren schnellen Rossen und Euphemos, jener Sohn des Poseidon, welcher auch in diesem Kampfe siegte. Admet und Mopsos stellten sich zum Faustkampf, Iason und Peleus zum Ringen, welchen Kampf nach Andern bei diesen Spielen die arkadische Atalante mit Peleus bestandApollod. 3, 9, 2. Denselben Kampf sieht man auf alterthümlichen Vasenbildern und etruskischen Spiegeln, s. Gerhard A. V. t. 117. 237, etr. Sp. t. 224.. Andre schleuderten den Diskos, Andre ließen sich im Wettlauf sehn, in welchem Alle von Iphiklos besiegt wurden, dem Vater des Protesilaos, der von so wunderbarer Schnelligkeit der Füße war, daß er über ein Aehrenfeld ohne die Aehren zu knicken und über die Wogen des Meeres ohne sich die Füße zu 340 benetzen dahin liefSchol. Apollon. 1, 45 vgl. Virgils Camilla A. 7, 808 und über jene Spiele Athen. 4, 72, wo aus Stesichoros dieser Vers erhalten ist: ϑρώσκων μὲν γὰρ Ἀμφιάραος, ἄκοντι δὲ νίκασεν Μελέαγρος und aus Simonides vom Meleager: ὃς δουρὶ πάντας νίκασε νέους δινάεντα βαλὼν Ἄναυρον ὕπερ πολυβότρυος ἐξ Ἰωλκοῦ. οὕτω γὰρ Ὅμηρος (wahrscheinlich die Thebais) ἠδὲ Στασίχορος ἄεισε λαοῖς. Glaukos soll bei denselben Spielen von seinen Pferden zerrissen sein, Schol. Eur. Or. 308. Die Sieger der gymnischen und musischen Wettkämpfe nennt Hygin f. 273.. Für die Sieger standen schöne Dreifüße bereit, auch sah man die Töchter des Pelias, die nach der älteren Sage also wohl nicht an dem Tode ihres Vaters schuldig waren, und den Iolaos, den treuen Gefährten des Herakles, als Sieger im Rennen mit dem Streitwagen.


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