Ludwig Preller
Griechische Mythologie II - Heroen
Ludwig Preller

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1. Löwe. 2. Hydra.

Diese beiden Abenteuer waren nach altem Herkommen, jedenfalls seit Pisander die ersten, weil Herakles durch sie erst zu der herkömmlichen Ausstattung gelangt, durch den Kampf mit dem Löwen zu dem unverwundbaren Löwenfell, durch den mit der Hydra zu den vergifteten Pfeilen, durch welche er zuletzt selbst sein Leben verliert. Auch hinsichtlich ihrer örtlichen Beziehung auf die argivische Landschaft, welche es zunächst zu säubern galtSonst erscheint in argivischen Sagen der Apollinische Apis als ein solcher καϑαρτής, 1, 222., gehören diese Thaten zusammen.

Der Nemeische Löwe, in der griechischen Sage immer der Löwe des Herakles schlechthin, obwohl auch in Boeotien und auf Lesbos von seinem Kampfe mit dem Löwen erzählt wurdeDen kithaeronischen Löwen (S. 180) nannten spätere Dichter den teumessischen. Vom lesbischen s. Schol. Theokr. 13, 6., nach Hesiod th. 327 ff. ein Erzeugniß des Typhon und der Echidna, ein Zögling der Hera. Diese Göttin setzt das Unthier in die Schluchten von Nemea, wo es nun in dem Tretosgebirge und am Apesas haust, welche den fruchtbaren, dem Zeus geheiligten Thalgrund von Nemea von zwei Seiten einschließenUeber das Tretosgebirge führt der Weg von Kleonae nach Nemea, in dessen Nähe man in alter Zeit die Höhle des Löwen zeigte, Paus. 2, 15, 1. 2, und noch jetzt zeigt. Panyasis nannte den Löwen den von Bembina, einem Dorfe jener Gegend, s. Steph. B. v. Βέμβινα, Theokr. 25, 202. Andre nennen ihn nach dem weiter entfernten Kleonae. Ueber den Apesas, einen alten Sitz des Zeus, der im Thale als Nemeischer verehrt wurde, s. 1, 98., ein Schrecken für die ganze Umgegend. Andre Dichter sagen mit bedeutsamer Anspielung daß er das Heiligthum des Zeus verwüstet habeEurip. Herc. f. 359 πρῶτον μὲν Διὸς ἄλσος ἠρέμωσε λέοντος. Nach Herodor, Nigidius Fig. u. A. ließ der Mond den Löwen auf den Wunsch der Hera auf den Berg Apesas fallen, Hist. Gr. fr. 2, 30 sqq. (1, 98, [213]), vgl. Meineke Anal. Alex. 85, wobei der Apesas als Heiligthum des Zeus, der Mond als die finstere, nächtliche, Unheil bringende Macht des Himmels zu denken ist., worunter eigentlich der Himmel zu verstehen ist. Denn es 191 leidet wohl keinen Zweifel daß die symbolische Bedeutung dieses Löwen die der Gluthhitze war, so daß Hera in solchem Zusammenhange die dem milden Zeus der guten Jahreszeit widerstrebende Himmelskönigin ist, die im Winter Sturm und Regen, im Sommer die schreckliche Gluthhitze sendet (1, 130). Herakles aber ist der siegreiche Sonnenheld der durch alle Schrecknisse des Jahres unbehindert seine Laufbahn vollendet und den Plan für sich und seinen Vater reinigt, ein Sinnbild des triumphirenden Lichtes im physischen und im ethischen Sinne, daher dieser Kampf namentlich den Orient in vielen und verschiedenen Bildern beschäftigteS. die lehrreiche Ausführung b. R. Rochette a. a. O. 105 ff. H. auf einem schreitenden Löwen auf M. von Nikaea, Germe u. Tripolis, auf letzteren mit einem Blitze in der Hand, Stephani a. a. O. 129.. Die Geschichte des Kampfes erzählt außer den gewöhnlichen Quellen in der Weise seines Zeitalters Theokrit id. 25, 164 ff. Eine Hauptsache ist die Unverwundbarkeit des Löwen, daher ihn Herakles nicht mit den gewöhnlichen Waffen, Pfeil und Bogen tödtet, sondern in seiner Höhle, nachdem er den einen Eingang derselben verstopft hatte, mit den Armen erwürgt, wie dieser Kampf auch auf unzähligen Bildwerken aller Arten und Klassen gewöhnlich dargestellt wirdPind. I. 5, 47 ἄρρηκτον φυάν, ὥσπερ τόδε δέρμα με νῦν περιπλανᾶται ϑηρός, ὃν πάμπρωτον ἄϑλων κτεῖνά ποτ' ἐν Νεμέᾳ. Vgl. Diod. 4, 11, Apoll. 2, 5, 1. Stat. Th. 6, 270 anhelantem duro Tirynthius angens pectoris attritu sua frangit in ossa leonem. Vgl. u. A. die nach sehr schönen Vorbildern geschnittenen Münzstempel zu Tarent u. Heraklea, die statuarischen Werke b. Clarac pl. 783. 791, die Terracotta b. Campana t. 22, die Vasenb. b. Gerhard A. V. t. 93. 94, die Spiegelbilder bei dems. t. 132. 133, die Nachweisungen b. Zoëga 2, 54–58 u. A. Michaelis Ann. d. I. 31, 60 ff.. Auch das Fell des getödteten Löwen vermag der Held nur mit der Schärfe seiner eignen Klauen zu zertrennen, worauf er es als unverwundbare Schutzwehr um seine Glieder, den Rachen über sein Haupt thutEurip. Herc. f. 362 πυρσοῦ δ' ἐμφεκαλύφϑη ξανϑὸν κρᾶτ' ἐπινωτίσας δεινῷ χάσματι ϑηρός. Vgl. Bd. 1, 356 u. die Löwen des gaditanischen Hercules Macrob. S. 1, 20, 12, auch Porph. d. abstin. 4, 16 καὶ ϑεοὺς δὲ οὕτω προσηγόρευσαν τὴν μὲν Ἄρτεμιν λύκαιναν, τὸν δὲ Ἥλιον σαῦρον, λέοντα, δράκοντα, ἱέρακα, τὴν Ἑκάτην ἵππον, ταῦρον, λέαιναν, κύνα.. So bedeutet er zugleich den in strahlende Gluth gekleideten Sonnengott und den löwenmüthigen, über alle Feinde des wüsten Widerstandes triumphirenden Sieger, wie Zeus und Athena in ihrer Aegis zugleich den unwiderstehlichen Sturm des blitzenden und donnernden Wolkenhimmels und den Sieg über die Titanen und 192 Giganten bedeuten. Alexandrinische und römische Dichter fügen noch die Episode vom Molorchos hinzu, dessen Name einen Winzer und Baumzüchter bedeutetΜόλορχος von μέλω und ὄρχος d. i. hortus, ὄρχατος, φυτῶν στίχος, sowohl von Weinbergen als von andern Pflanzungen, Od. 7, 727, Hesiod sc. Herc. 294. Vermuthlich opferten die Pflanzer nach Ablauf der Hundstage dem Zeus Soter.. Er wird als ein armer Mann der Gegend von Nemea geschildert, bei welchem Herakles vor und nach dem Abenteuer einkehrt. Molorchos ist im Begriff seinen einzigen Bock für den Gastfreund zu schlachten, da räth ihm dieser das Thier bis zu seiner Rückkehr zu sparen. Dreißig Tage solle erwarten und dann entweder mit ihm dem Zeus Soter oder ihm als einem Verstorbenen opfern. Und wirklich waren dreißig Tage vergangen ehe Herakles wieder einkehrte, Molorchos war grade im Begriff ihm die letzte Ehre zu erweisenKallimachos hatte davon gedichtet, wie von der Einkehr des Theseus bei der Hekale. Vgl. Apollod. l. c, Virg. Ge. 3, 19, Tibull 4, 1, 12 ff., Martial 4, 64, 30, Stat. Theb. 4, 160, Naeke opusc. 2, 118 sqq.: eine Erzählung in welcher diese Zeit der dreißig Tage vermuthlich auf die der Gluthhitze deutet, wo Löwe und Hund am Himmel dominiren (1, 356).

Die lernaeische Hydra d. h. Wasserschlange, nach Hesiod th. 313 ff. gleichfalls ein Kind der Echidna und des Typhon, das Hera in unversöhnlicher Feindschaft wider Herakles großgezogen, welcher das Scheusal mit scharfem Schwerdte tödtet, unter dem Beistande des Iolaos und der AthenaDie auf Vasenbildern auch bei dem Kampfe mit dem Löwen gewöhnlich zugegen ist.. Vollständiger ist die Erzählung bei Apollodor, welcher mit den Resten alter Dichtung und den zum Theil sehr alterthümlichen Bildwerken übereinstimmtSehr alterthümliches Vasenbild aus Aegina b. Welcker A. D. 3, 257 ff. t. 6, ein andres aus Argos b. Gerhard D. u. F. 1859 t. 125 n. 125. Andre Vorstellungen b. Gerhard A. V. t. 95, M. I. 3, 46 u. b. Welcker a. a. O. Auch Alkaeos dichtete von neun Köpfen, Simonides von 50, Euripides Hercl. f. 419 nennt die Hydra sogar μυριόκρανον κύνα Λέρνας. Auf den Bildwerken wechselt die Zahl zwischen drei und neun.. Ein Ungeheuer mit neun Köpfen, von denen acht sterblich, einer unsterblich ist, sein Schlupfwinkel bei einer Platane in der Nähe des Quells der AmymonePaus. 2, 37, 4, Apollod. 2, 5, 2, Hygin f. 70., auf einem Hügel von dem es auf Raub unter den Heerden der Ebne ausgeht. Ihr Gift war so stark daß es die Menschen durch bloßen Anhauch tödtete, selbst wenn sie schlief und Jemand über sie hinwegschritt, mußte dieser an den Folgen des Anhauchs sterben. Herakles 193 ließ sich durch Iolaos zu Wagen bis an den Fuß des Hügels fahren, dann suchte er sie auf und zwang sie durch glühende Pfeile aus ihrem Schlupfwinkel herauszukommen. Alsbald packt er sie, während sie ihn umringelt. Aber sobald er einen Kopf abhautBei Eurip. Ion 192 und auf verschiedenen Vasenbildern mit der Harpe, deren sich auch Iolaos bedient. Von dem Seekrebs erzählt Eratosth. cat. 11 nach Panyasis., schießen zwei neue dafür auf und zugleich kommt der Hydra ein mächtig großer Seekrebs zu Hülfe, der den Helden in den Fuß beißt. Herakles zertritt diesen und ruft nun auch seinerseits den Iolaos herbei, welcher einen Theil der benachbarten Waldung niederbrennt und mit den Feuerbränden die abgehauenen Köpfe ausbrennt. Zuletzt fällt der unsterbliche Kopf, den der Sieger an einem benachbarten Orte unter einem schweren Felsblock begräbt. Mit dem Gifte der Hydra tränkt er seine Pfeile, die dadurch absolut tödtlich werdenSoph. Tr. 714 τὸν γὰρ βαλόντ' ἄτρακτον οἶδα καὶ ϑεὸν Χείρωνα πημήναντα χώσαπερ ἂν ϑίγῃ φϑείρει τὰ πάντα κνώδαλα.. Eurystheus will den Kampf nicht gelten lassen, weil Iolaos geholfen habe. Ohne Zweifel bedeutet die Wasserschlange mit den vielen Köpfen, deren Zahl die Dichtung immer höher trieb, den feuchten Grund von Lerna mit den vielen Quellen, ihr Gift das schädliche Miasma, welches sich bei mangelnder Cultur aus dem stagnirenden Gewässer von selbst entwickeln mußte, der schon auf alterthümlichen Vasenbildern nicht fehlende Seekrebs einen verwandten Einfluß des benachbarten Seestrandes. Herakles ist in dieser Fabel wesentlich Alexikakos und Urheber der CulturServ. V. A. 6, 287 constat hydram locum fuisse evomentem aquas vastantes vicinam civitatem, in quo uno meatu clauso multi erumpebant. Quod Hercules videns loca ipsa exussit et sic aquae clausit meatus. Vgl. Curtius Peloponn. 2, 368., ein Beweis daß auch der argivische Glaube den Helden in der doppelten Bedeutung des Sonnenhelden und des Helfers und Heilands im weiteren Sinne des Worts kannte. Seine feurigen Pfeile und das von Iolaos entzündete Feuer erinnern an das Feuer, mit dem man in Aegypten in der Zeit der größten Hitze die Luft zu reinigen pflegteSuid. v. Ἰαχήν, nach Aelian..


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