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7. Acheloos, Oeneus, Deianeira.
Das in der Mythologie berühmte Aetolien ist das zwischen dem Acheloos und Euenos befindliche mit den am südlichen Abhange gelegenen Städten Pleuron und Kalydon, in der jetzigen Gegend von Missolunghi. Obwohl bei dem Kampfe zwischen Herakles und Acheloos weniger an diese zu denken ist als an die großentheils erst durch diesen Fluß, den bedeutendsten in Griechenland, geschaffene Landschaft von Oeniadae, wo der Flußgott Acheloos eben so eifrig verehrt wurde als an seiner Quelle und von wo er sich bei Sophokles zu dem Kampfe mit Herakles einstelltSoph. Tr. 510 Ἀχελῷος ἀπ' Οἰνιαδᾶν, ὁ δὲ (Herakles) Βακχείας ἀπὸ ἦλϑε Θήβας. Daher der Kopf des Acheloos auf den Münzen von Oeniadae, welcher Name zugleich den Mündungsdistrict des Acheloos und die Hauptstadt desselben bedeutet, Heuzey le Mt. Olympe et l'Acarn. 435 sqq. Der Acheloos soll wegen seiner starken Strömung in alten Zeiten Θόας d. h. der Schnelle geheißen haben, Str. 10, 450.. Als reißender Strom ist er ein ungestümer Freiwerber der Landesheroine und mit dem wühlenden Stierhorne ausgestattet (1, 427), aber auch Inhaber des Wunderhorns der Amalthea (1, 30), weil die Fruchtbarkeit des Landes wesentlich von ihm abhing. Er wirbt um die Hand der schönen Deianeira, der Tochter des OeneusAndre nannten sie eine Tochter des Dionysos, s. 1, 525. Δηιάνειρα ist ihrem Namen nach die Männerfeindliche., des ersten Pflanzers der aetolischen Weinberge und des Vaters der beiden aetolischen Helden, des Meleager und des Tydeus. Sophokles in den Trachinierinnen schildert sowohl seine Werbungen als die von Herakles dem Vater und der Tochter in der Noth geleistete Hülfe. In dreierlei Gestalten kommt Acheloos zum Oeneus, bald als Stier, bald als gewundene Schlange, dann wieder als Mensch mit einem Stiergesicht, welchem quellende Ströme aus vollbärtigem Munde fließenAls Stier mit Menschengesicht erscheint er auf akarnanischen Münzen und auf denen der italischen Griechen, namentlich auf einer neuerdings bekannt gewordenen von Neapel, wo ein Wasserstrahl aus dem Munde hervorschießt, wie bei Sophokles u. b. Philostr. i. im. 4. Als Mensch mit Stiergesicht, Schilf und Schale haltend, zeigen ihn gleichfalls italische Münzen., ein Schrecken für die bedrängte Deianeira. Da erscheint Herakles und befreit sie von dem Ungethüm durch einen Kampf, dessen furchtbare Anstrengungen in dem schönen Chorgesange v. 494 ff. beschrieben werden. Sie ringen und stoßen und quetschen sich, bis endlich Herakles dem mächtigen 245 Flußgotte sein Horn abbricht, wodurch er überwunden ist und willig das Horn der Amalthea zum Austausche bietet, dieses wunderbare Horn des aus dem Wasser quellenden Segens, welches Herakles nach Einigen dem Oeneus als Preis für die Tochter, nach Andern seinem Vater Zeus gabNach Pherekydes b. Apollod. 2, 7, 5 hatte es die Kraft ὥστε βρωτὸν ἢ ποτὸν ὅπερ εὔξαιτό τις παρέχειν ἄφϑονον, nach Diod. 4, 35 stellt es dar die Fülle alles Herbstsegens, βοτρύων τε καὶ μήλων καὶ τῶν ἄλλων τῶν τοιούτων. Nach Hygin f. 31 gelangte es von Herakles an die Hesperiden oder die Nymphen, die es mit Früchten füllten.; doch sieht man es an Statuen und Bildern nicht selten auch in seinen eignen Händen oder in denen des Dionysos, des Pluton, der Demeter, der Tyche und des guten Dämon, kurz bei allen Gottheiten welche strömende Fülle und Ueberfluß in ihrer Macht haben. Die Bedeutung des Kampfes ist offenbar die Bändigung der wilden Kraft des Stroms, denn diese drückt das Stierhorn aus, sei es durch Abdämmung und Regelung seines Laufs, wodurch ein fruchtbares Land gewonnen wordenVgl. Str. 10, 458, Diod. 4, 34, Eustath. Dionys. P. 431. Auch Pindar hatte von diesem Kampfe gedichtet, Schol. Il. 21, 194., oder wie man sonst erklären mag. Als Ringkampf zwischen zwei so außerordentlichen Gegnern war derselbe auch für die Palaestra und für die darstellenden Künstler immer sehr anziehendEine Gruppe von Figuren aus vergoldetem Cedernholz, wo Ares dem Acheloos, Athena dem Herakles Beistand leistete, beschreibt Paus. 6, 19, 9. Vgl. P. 3, 18, 8, das Gemälde b. Philostrat d. J. 4, Gerhard A. V. t. 115, wo Acheloos tritonenartig d. h. als Schlange mit einem gehörnten Menschenangesicht gebildet ist, und die Bronze aus Florenz Mon. d. I. 1856 t. 24 p. 104..
Herakles verweilt nun längere Zeit bei seinem aetolischen Schwiegervater, und zwar wird sein Leben bei dem mit Wein und Fülle gesegneten Oeneus als ein sehr genußreiches geschildert. Dahin gehört die Erzählung von dem Schmause des Helden beim Dexamenos d. h. dem Gastlichen, welcher kein Andrer als Oeneus selbst ist, bei welcher Gelegenheit Deianeira schon das Gelüste eines Kentauren erregt, der aber hier Eurytion heißt und vom Herakles alsbald gezüchtigt wird: ein Vorfall welcher von manchen Erzählern nach dem gegenüber gelegenen Olenos in Achaja verlegt wurdeApollod. 2, 5, 5, Hygin f. 31. 33, Müller Dor. 1, 418. Es giebt auch Vasenbilder, welche diesen Vorfall darstellen, Roulez mélanges 4, 4, Choix de vas. p. t. 8 p. 33.. Dann unterbricht der Zug gegen das thesprotische Ephyra, den die gewöhnliche Tradition hier einschob, das heitere Leben mit Weib und Kind auf einige Zeit, 246 bis er zurückkehrtAuf diese Rückkehr geht das lebendig gedachte Vasenbild bei Gerhard A. V. t. 116, wo Deianeira dem in friedlichem Anzuge und in Begleitung der Athena heimkehrenden Herakles den kleinen Hyllos entgegenreicht, in Gegenwart des Oeneus. Vgl. Plin. 35, 139 Artemon (pinxit) Herculem et Deianiram. und es sich noch einmal bei seinem Schwiegervater gut sein läßt. Da begegnet es ihm daß er einst beim Schmause einen Knaben, der ihm aus Ungeschick Badewasser über die Hände goß, durch eine allzuheftige Maulschelle tödteteApollod. 2, 7, 6, Diod. 4, 36 u. die Sammlung b. Athen. 9, 80. Der Knabe heißt bald Εὔνομος bald Εὐρύνομος und ein Verwandter des Oeneus, eine ähnliche Figur wie sie sonst den Dionysos umgeben. Schon Archilochos hatte von diesem Vorfall und in Verbindung damit von dem mit dem Kentauren Nessos erzählt, nach Schol. Apollon. 1, 1212, wo er Κύαϑος heißt und ὁ Οἰνέως οἰνοχόος, Ἀρχιτέλους δὲ παῖς. Hellanikos nannte ihn Ἀρχίας oder Χερίας. Nikander in seinen Oetaicis, welche sich mehrfach mit Heraklessagen beschäftigten, nannte ihn Κύαϑος und einen Sohn des Πύλης, dem Herakles in Proschion einen Hain gestiftet habe, welcher bis jetzt heiße τὸ Οἰνοχόου.. Das wurde der Anlaß zu einer neuen Uebersiedelung.
Es folgt der verhängnißvolle Vorfall beim Uebergange des Flusses Euenos, den Sophokles Tr. v. 546 ff. in einem andern Zusammenhange erzählt. An diesem Flusse hauste der Kentaur Nessos, der ein Recht hatte die Reisenden überzusetzenΝέσσος hängt zusammen mit skr. nada d. i. Fluß, vom Rauschen nad, vgl. Νέδα Νέδων Νεδούσιος u. s. f. Pott Jbb. f. Philol. S. B. 3, 313. Also wie Εὐρυτίων.. Als er die schöne Deianeira auf seinem Rücken fühlt, regt sich die Lust des Kentauren, aber augenblicklich durchbohrt ihn der vergiftete Pfeil des HeraklesVasenbilder alten Stils b. Gerhard t. 117. 118, wo H. das Schwerdt oder die Keule gegen den Kentauren schwingt, wenn anders dieser Vorfall gemeint ist. Spätere Gemälde b. Philostrat d. J. 16 und ein Pompejanisches b. Zahn 3, 11. 12.. Er giebt der Deianeira von seinem geronnenen Blute, womit sie ihren Gatten, sollte er von andrer Liebe entzündet werden, wieder an sich fesseln könne. Also bewahrt sie es in einem ehernen Gefäße und tränkt später das Festgewand damit, welches sie ihm bei seiner Rückkehr von Oechalia entgegensendet. Das war es was Zeus vorhergesagt hatte daß Herakles nur durch einen Verstorbenen sterben könneSoph. Tr. 1159 ff. Nach Apollod. 2, 7, 6 u. Diod. 4, 36 war der angebliche Liebeszauber eine Mischung des von Nessos verspritzten Saamens und seines an der Pfeilspitze klebenden Bluts. Zur Erzählung vgl. Seneca Herc. Oet. 491 ff.. 247