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f. Die dichterische und mythographische Ueberlieferung vom HeraklesO. Müller Dor. 2, 493 ff., A. Vogel Hercules secundum Graecorum poetas et historicos antiquissimos descriptus et illustratus, Hal. Sax. 1830..
Diese Ueberlieferung ist vorzüglich bei Apollodor und Diodor zu findenApollod. 2, 4, 5 ff., Diod. 4, 8 ff. Außerdem ist wichtig die bei Bovillae gefundene Tafel mit dem Relief des Ἡρακλῆς ἀναπαυόμενος, jetzt in der Villa Albani. Die Inschrift im C. I. n. 5984. Bild und Inschrift mit vielfach belehrender Erläuterung b. Stephani der ausruhende Herakles, S. Petersb. 1864 (Mém. de l'Acad. T. 8). und eine Compilation der verschiedenartigsten Sagen nach einem wahrscheinlich seit längerer Zeit herkömmlichen Systeme, wo die Massen der Thaten und Abenteuer in zwei Abschnitte zerlegt werden, in den der sogenannten zwölf ἆϑλοι, welche großentheils eine symbolische Bedeutung haben und von denen die Fahrten in entferntere Gegenden wieder zur Anknüpfung für kleinere episodisch eingefügte Abenteuer (s. g. πάρεργα) dienen mußten, und in den der sogenannten πράξεις, das sind meistens Feldzüge, wie die gegen Oechalia, Ilion, Elis, Pylos u. s. w., auch diese nach einer gewissen historischen Folge geordnet, die aber theils eine ganz willkürliche theils durch gewisse traditionelle Wendungen der Sage z. B. den Mord des Iphitos, die Vermählung mit der Deianira, das Leben in Trachis, das Ende auf dem Oeta bedingt ist. Vor dem ersten Abschnitte wurde nach boeotischen Sagen von der Geburt und Jugend des Helden, nach dem zweiten von seiner Verklärung und nach dorischen und attischen Sagen von den Schicksalen der Herakliden erzählt. Eine in vieler Hinsicht mangelhafte Ordnung, welcher wir aber doch folgen müssen und auch unbeschadet eines eingehenderen Verständnisses folgen können, nur daß bei jeder einzelnen Erzählung ihr ursprünglicher Zusammenhang in der örtlichen Dichtung und Erinnerung und im Ganzen der gesammte Verlauf der epischen und poetischen Behandlung ins Auge gefaßt werden muß, welcher letztere auch in eigenthümlicher Hinsicht interessant ist. Es stellt sich nehmlich in ihm ein beständiger Kampf zwischen zwei sehr entgegengesetzten Einflüssen 174 dar, dem einer künstlerischen Gliederung und Bearbeitung der Sage nach dem epischen Interesse einheitlicher Handlung und dem entgegenstrebenden des stets von neuem aus so vielen Quellen der örtlichen Sage anschwellenden Stoffes, dessen überschwenglicher Reichthum zuletzt eben nicht anders als auf diese compilatorische Weise überwältigt werden konnte.
Gleich in der ältesten Zeit, der besten des epischen Gesanges, müssen die argivischen Sagen vom Herakles die Dichter viel beschäftigt haben, da die Grundzüge dieser Sagengruppe schon in der Ilias ausgebildet vorliegen. Herakles, der löwenmüthige Sohn des Zeusϑυμολέων ist bei Homer und später ein gewöhnliches Beiwort des Herakles, in demselben Sinne wie ϑρασυμέμνων, μένος ἀιὲν ἀτειρής, βίη Ἡρακληείη, Il. 5, 638 vgl. Hom. H. 15 εἰς Ἡρακλέα λεοντόϑυμον., ist durch die Ungunst der Hera ein Dienstmann des Eurystheus geworden, als welcher er jene Arbeiten verrichten muß, welche die spätere Dichtung auf die Zahl zwölf bestimmt hat. Außer diesen Arbeiten kennt die Ilias auch mehrere Feldzüge des Herakles, die sie von den Arbeiten wie die spätere Tradition zu unterscheiden d. h. unabhängig von dem Dienste des Eurystheus zu denken scheint, den gegen Pylos, gegen Ephyra, auch die Geschichte von Oechalia und Iphitos, besonders aber den Zug gegen Ilion, auf den sie wiederholt und mit ziemlich ausführlicher Erzählung zurückkommt. Offenbar wird sie dazu vornehmlich durch ihren eignen Inhalt vermocht, doch ist es merkwürdig genug zu beobachten daß in ihren Andeutungen über diesen trojanischen Krieg des Herakles verschiedene Umstände und Verwicklungen erwähnt werden, welche sich in dem der Pelopiden und Aeakiden wiederholenAußer der Spannung zwischen Zeus und Hera die Ankunft zur See, womit die Tradition vom hölzernen Pferde zusammenhängt, die Erstürmung und Zerstörung der Stadt, endlich der Sturm auf der Rückkehr. Die späteren Dichter fügten die Theilnahme der Aeakiden hinzu., so daß es beinahe den Anschein gewinnt als hätte die Sagendichtung vom trojanischen Kriege ihren historischen Hintergrund anfangs bei dem Argos der Persiden, erst später bei dem der Pelopiden gesucht.
Eine zweite Epoche dieser Sagendichtung ist die, deren Mittelpunkt der oetaeische Herakles von Trachis und seine Verwicklung mit den örtlichen Sagen der Umgegend war. Namentlich gehören dahin die Hesiodischen Gedichte vom Könige Keyx und seinem Hochzeitsschmause, bei welchem auch sein Freund Herakles einkehrt (Κήυκος γάμος), ferner das noch erhaltene 175 Gedicht vom Kampfe des Herakles mit Kyknos, dem Sohne des Ares, wo die Beschreibung der Waffen und des Schildes nach dem Vorbilde der Ilias eine Hauptsache ist, ferner die vom dorischen Könige Aegimios und seinem Bunde mit Herakles, endlich die von der Zerstörung Oechalias durch Herakles und von seiner Entführung der Iole (Οἰχαλίας ἅλωσις): ein Gedicht welches schon wegen der mächtigen Motive der Leidenschaft in Liebe und Rache, die in dieser Handlung thätig waren, von großer Wirkung gewesen sein muß. Lauter kleinere Epopoeen der jüngeren Hesiodischen und Homerischen Kunstschule, deren Einfluß auf die spätere Tradition bedeutend gewesen ist und welche sich noch den richtigen Takt bewahrt hatten daß bei einer so reichen und weit zerstreuten Sage nicht das Ganze, sondern nur einzelne in sich zusammenhängende Abschnitte behandelt werden durftenAuch die Heraklea des Kinaethon behandelte vorzugsweise die trachinischen Fabeln, doch ist der Zusammenhang unbekannt..
In einer noch späteren Zeit (Ol. 33) fand Herakles einen neuen Dichter an Pisander von der Insel Rhodos, der aber nun schon eines ganz andern Geistes Kind war. Wahrscheinlich sang er zuerst von den zwölf Kämpfen, deren Abschluß man gewöhnlich zu spät setztWelcker kl. Schr. 1, 83 ff. u. über den falschen Pisander ep. Cycl. 1, 97 ff. und deren erster seitdem der mit dem Löwen blieb, welcher dem Helden zu seiner nun herkömmlichen Ausstattung mit Löwenhaut und Keule verhalfStrabo 15, 688 von den indischen Zügen des Bacchus und Herakles: καὶ ἡ τοῦ Ἡρακλέους δὲ στολὴ ἡ τοιαύτη πολὺ νεωτέρα τῆς Τροικῆς μνήμης ἐστί, πλάσμα τῶν τὴν Ἡρακλειαν ποιησάντων, εἴτε Πείσανδρος ἦν εἴτ' ἄλλος τις· τὰ δ' ἀρχαῖα ξόανα οὐχ οὕτω διεσκεύασται. Andre nannten nehmlich den Stesichoros.. Herakles war ihm übrigens ganz Alexikakos, sein Heldenthum ein frommer Dienst der Menschheit, die er durch sein Würgen vom Unheil befreien wollteCharakteristisch ist das Fragment b. Olympiodor in Plat. Alkib. I. p. 157, nach welchem Pisander den Herakles den allergerechtesten Würger nannte, δικαιοτάτου τε φονῆος, wie Olympiodor hinzusetzt: ἐπὶ γὰρ καϑαρότητα φόνους ἐποίει., also wahrscheinlich im Dienste des pythischen Apoll. Dahingegen die größeren mythologischen Gedichte des Stesichoros wieder einzelne Abenteuer des Herakles (Kyknos, Kerberos, Geryoneis) mit großer Lebendigkeit wie es scheint, aber auch mit großer Freiheit behandelten.
Endlich erschien in Panyasis von Halicarnaß, einem 176 älteren Verwandten des Herodot, ein Dichter der sich nicht auf die ἆϑλοι oder auf einzelne Abenteuer allein beschränkte, sondern eine Zusammenstellung aller Thaten und der ganzen Geschichte des Herakles versuchte, wie theils die Ausführungen der älteren Dichter theils die Quellen der örtlichen Sage sie inzwischen gestaltet und erweitert hatten. So entstand ein weitschichtiges Gedicht von zwölf Büchern, welches den Namen einer Heraklea führte und in der That nur diese Einheit der persönlichen Identität des Helden besaß. Panyasis scheint der Urheber des Systems von Erzählungen zu sein, nach welchem die Geschichte des Herakles fortan vorgetragen wurdeAußer O. Müller a. a. O. s. Meineke Anal. Alex. p. 363 sqq. u. Tzschirner Panyas. Halicarn. Heracleadis fr. Vratisl. 1842. Die Fragmente des Pisander u. Panyasis b. F. Dübner Hesiodi, aliorum carmina P. 1840., nur daß unter den Logographen vorzüglich Pherekydes, von den halb philosophisch halb historisch gebildeten Schriftstellern zur Zeit des Sokrates Herodor aus dem pontischen HerakleiaFragm. Hist. Gr. ed. C. Müller 2, 27 sqq. noch manche weniger bekannte Sagen der örtlichen Ueberlieferung und allerlei eigenthümliche Erklärungen hinzugefügt haben.
Wieder in anderer Hinsicht hat das Theater und die Philosophie auf die Vorstellungen und die Traditionen vom Herakles eingewirkt, die Tragödie indem sie die Sagen der Leidenschaft und des Verhängnisses, die Komödie und das Satyrdrama indem sie die volkstümlich komischen und zur Parodie geeigneten Elemente pflegte, wie sie in vielen örtlichen Traditionen und märchenhaften Erzählungen gegeben waren. Endlich der Philosophie verdankt man jenes ethisch-didaktische Bild des Herakles am Scheidewege, wie ihn zuerst der bekannte Sophist und Moralphilosoph Prodikos von Keos, ein Zeitgenosse des Sokrates, in einer allegorischen Erzählung geschildert hatte, welche in ihrer Art Epoche machte.
Zuletzt beschäftigten sich mehrere Dichter der alexandrinischen Periode mit der Heraklessage im GanzenSo Rhianos von Kreta, s. Meineke Anal. Alex. 176 sqq. oder mit einzelnen Abschnitten derselben, darunter besonders Theokrit und Moschos, deren kleinere Gedichte solches Inhaltes zu dem Besten gehören, was die mythologische Poesie der späteren Zeit darbietet. 177