Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Wie einer ist, so ist sein Gott, hat der Dichter gesagt, und hat noch ein böses Wort hinzugefügt, das ich nicht wiederholen will. Wie so oft, spricht auch hier das Dichterwort in kurzer aphoristischer Form eine allgemeine, wissenschaftlich begründete Wahrheit aus. Immer hat die Menschheit sich bemüht, dasjenige, was sie einerseits als Ideal angesehen hat, das andererseits, wohin sie ihre Sorgen, Wünsche oder Ängste gerichtet hat, unter einen gemeinsamen Begriff zu bringen und es dann Gott mit den verschiedensten Sondernamen zu nennen. Als Grundlage dieser ganzen Begriffsbildung werden wir sachgemäß das Urgrauen anzusehen haben, das wir ja als Grundlage aller menschlichen Empfindungen und somit Gedanken erkannten. Die Natur zeigt dem Menschen von jeher ein doppeltes Gesicht. Einerseits gewährt, ja schenkt sie ihm das, was zu seiner Existenz und hernach zu seinem Glücke erforderlich ist, andererseits erweist sie sich als eine grausame und unerbittliche Feindin des Menschen oder vielmehr als seine rücksichtslose Tyrannin, die in ihrem Verhalten in keiner Weise auf sein Wohl, seine Wünsche und seine Bestrebungen Rücksicht nimmt, sondern über ihn dahinschreitet, wenn es sich um die Verwirklichung irgendwelcher »natürlicher« Geschehnisse handelt. Dieses Verhalten der Natur dem einzelnen gegenüber hat der Mensch dann personifiziert, d. h. er hat es als durch menschenähnliche Wesen bewirkt angesehen. Es handelt sich hier um die ersten unvollkommensten Betätigungen der Kausalitätsbeziehung beim Menschen. Wir wissen ja, daß Denken die Tatsache der Erinnerung zur Grundlage hat, d. h. die Tatsache, daß ein jedes Erlebnis in dem Lebewesen eine Veränderung hinterläßt, durch welche ein analoges Erlebnis anders wirkt, als es zum ersten Male gewirkt hatte. Die entsprechenden Vorgänge vollziehen sich bei der Wiederholung leichter und schneller; der Organismus »erinnert« sich eben dieses Vorgangs. Durch diesen allgemeinen Prozeß sondern sich dann aus dem Chaos des täglichen Erlebens die übereinstimmenden Anteile heraus und prägen sich dann als etwas wieder Erkennbares, d. h. als etwas, woran man sich wieder erinnert, dem Gedächtnis ein. Treten verschiedene derartige Dinge in irgendwelchen nahen zeitlichen Beziehungen miteinander auf, folgt beispielsweise der Donner regelmäßig auf den Blitz, so stellt sich als nächster geistiger Fortschritt die Aufeinanderbeziehung zweier derartiger Ereignisse heraus, welche dann die allerprimitivsten Formen des Kausalgedankens darstellen, desselben Gedankens, der in höherer Entwicklung identisch ist mit dem Gedanken der Naturgesetzmäßigkeit. Gleichzeitig bedingt die Erinnerungsfunktion, daß man Erlebnisse so ähnlich wie möglich deutet, weil eben der noch unkräftige und unentwickelte Geist gar keine andern Denkmittel zur Verfügung hat, möglichst unveränderte Anwendung der wenigen von ihm inzwischen gebildeten Begriffe.
Von allen diesen Begriffen ist nun der des Mitmenschen der früheste und geläufigste, weil er der verständlichste ist. Auf Grund seiner eigenen innern Erfahrungen und Erlebnisse vermag der Mensch das wechselnde Verhalten anderer Menschen leichter zu deuten, d. h. im Zusammenhange zu begreifen, als das Verhalten irgendwelcher andrer natürlichen Dinge. So kann er gar nicht anders denken, als indem er alle andern Dinge und Vorgänge unter dem Begriff des Menschen sich begreiflich zu machen sucht, so daß er die ganze Natur mit menschenähnlichen Wesen erfüllt, die wie die wirklichen Menschen ihm teilweise freundlich, teilweise feindlich gesinnt sind. Ich will hier nicht in den Streit über die verschiedenen Stufen der religiösen Anschauungen eingreifen. Die sachgemäße Auffassung dürfte wohl dahin gehen, daß je nach der Beschaffenheit der Umgebung und den sonstigen Daseins- und Entwicklungsbedingungen der verschiedenen Stämme auch ziemlich verschiedene Entwicklungslinien für ihre religiösen Vorstellungen sich geltend gemacht haben. Maßgebend ist eben nur jener allgemeine intellektuelle Entwicklungsgang, wonach dem werdenden Verstande der Mensch zunächst das bei weitem Begreiflichste ist und er deshalb dieses Denkmittel und die Erfahrungen, die er am Menschen gemacht hat, zum Begreifen aller andern Erscheinungen und Tatsachen anwenden muß. Diesen Betrachtungen gemäß liegt es in der Natur der Sache, daß diejenige Gruppe innerhalb der Horde oder des Volkes, welche sich besonders mit der Auffassung und Überlieferung solcher zusammenfassender Beziehungen befaßt, als Priesterschaft alsbald die geistige Herrschaft über die anderen erlangt. Sie pflegt gleichzeitig die Idee der Gottheit oder der Gottheiten, sowie die Gesamtheit der bis dahin erfaßten (ob richtig oder falsch erfaßten, tut noch nicht viel zur Sache) kausalen Beziehungen. So verwaltet eine solche Priesterschaft die Summe alles Wissens und übernimmt die Verpflichtung, für alle neu auftretenden Probleme die Antwort bereit zu halten. Die große Bedeutung, welche aufgesammeltes Wissen für alle praktischen, Dinge, Wundheilung oder Verwaltung oder irgendwelche andern fundamentalen Bedürfnisse der werdenden Völker hat, bedingt sachgemäß den bekannten großen Einfluß jeder Priesterschaft; sie nimmt daher die Herrschaft über die andern mehr oder weniger unmittelbar an sich und übt sie zunächst wohl vorwiegend zum Wohle der Völker aus.
Zu solcher Zeit kann man von einem durchgängigen Monismus im gesamten geistigen Leben der betreffenden Völker reden. Denn diese animistische oder menschenmäßige Auffassung aller Naturgeschehnisse brachte eine große Einheit in die gesamte Naturbetrachtung und Naturerfahrung, wie in die praktische Betätigung bezüglich der Kenntnis und Gestaltung der Zukunft hinein. Die Priesterschaft verwaltete alle diese Bedürfnisse gleichmäßig und sammelte bei sich alles das auf, was es an solchen Fortschritten überhaupt gab.
So hat sich dann ganz entsprechend der langsamen Entwicklung der menschlichen Gesellschaft auch der Begriff Gott entwickelt. Je größer die Gruppen wurden und je wichtiger ihre Zusammenfassung unter einem Führer war, um so bestimmter sonderte sich aus der ursprünglich unbegrenzten Menge der guten und bösen Götter ein bestimmter Obergott heraus, der das genaue Abbild des obersten Führers oder Herrschers in der staatlichen Organisation war. Es ist schon bei früherer Gelegenheit darauf hingewiesen worden, mit welcher photographischen Treue z. B. der Gott des Alten Testamentes, insbesondere der Bücher Mosis die Züge des Wüstenscheichs mit seinen besondern Charaktereigentümlichkeiten des Zornes, der Heftigkeit, der Rachsucht und Eifersucht trägt. Im Laufe der Entwicklung macht sich mehr und mehr der Grundgedanke geltend, daß die Herrschaft dem Besten unter allen, d. h. dem Mutigsten, dem Kräftigsten, dem Weitschauendsten, wohl auch dem Freigebigsten und Gastfreiesten zuzufallen hat. Diese nötigen oder erwünschten Eigenschaften reflektieren sich dann in vollkommener Weise wieder auf den Gottesbegriff zurück. Insbesondre nachdem der neue Typus des guten, d. h. des pflegsamen, sorgfältig-väterlich die Untertanen behandelnden Herrschers aufgetreten war, wurden diese überraschend beglückenden Eigenschaften auch als Eigenschaften auf den Gott übertragen, so daß um den Beginn unserer gegenwärtigen Zeitrechnung, um die Zeit des Auftretens von Jesus bereits der Begriff des liebenden Gottes oder des Gottes als konzentrierte, verpersönlichte Liebe schon an mehreren Stellen unabhängig entstanden war und durch diese ethische Bewegung dann allgemein gemacht worden ist.
Eine besondre Schwierigkeit hat die Entwicklung des Gottesbegriffes in dem Umstande zu überwinden, daß die Naturmächte sich nur teilweise als gut und liebevoll gegen den Menschen erweisen, zum andern Teil dagegen als boshaft, wohl auch abstoßend bis schrecklich. Zur Zeit, wo noch nicht ein einzelner Gott die Herrschaft über alle andern angenommen hat, verteilen sich diese verschiedenen Eigenschaften der umgebenden Natur auch auf entsprechend verschiedene Gottheiten. Diese haben dann je nach ihrer Funktion ein verschiedenartiges Gemisch von guten und bösen Eigenschaften, von denen entweder die einen oder die andern zu überwiegen pflegen. In dem Maße aber, wie der Monotheismus sich entwickelt, macht sich auch die Schwierigkeit geltend, die tatsächlich vorhandenen bösen Eigenschaften der Natur sachgemäß zu verpersönlichen. Am reinsten ist dies in der persischen Religion geschehen, bei welcher die Gesamtheit der guten Erscheinungen einerseits, der bösen andrerseits in zwei gesonderten Persönlichkeiten zusammengefaßt worden ist, die seit dem Anfang aller Dinge in einem ewigen Streite liegen, der erst am Ende aller Dinge, d. h. niemals seinen Austrag finden kann. In den andern Religionen, von denen wir Kunde haben, ist die Scheidung nicht so präzis und logisch durchgeführt worden. Insbesondre sehen wir, daß der jüdische Gott bei seinem ersten Auftreten noch eine große Anzahl von Eigenschaften hat, die wir gegenwärtig durchaus als böse bezeichnen müssen, weil das soziale Denken und Empfinden zu der Zeit, wo diese Vorstellungen und Begriffe fixiert wurden, noch überaus unentwickelt war. Im Laufe der Zeit verliert nun der jüdische Gott eine von diesen Eigenschaften nach der andern und diese sammeln sich ihrerseits bei der dem persischen Prinzip des Bösen entsprechenden Persönlichkeit, die als Satan oder Teufel eine um so wichtigere Rolle spielt, je mehr es sich darum handelt, die ursprünglich noch an dem Gottesbegriff haftenden bösen Eigenschaften auf diesen zweiten Träger abzustreifen. Darum wird der Teufel um so notwendiger und um so schlimmer, je besser der gute Gott wird.
Solange ist immer noch der Monismus einigermaßen in der Gesamtauffassung der Welt durchführbar. Und so sehen wir ihn nicht nur durch die jüdische Epoche unserer Religionsentwicklung hindurch erhalten bleiben, sondern auch noch durch das ganze Mittelalter hindurch die christliche Kirche begleiten, trotz der schnell zunehmenden Mannigfaltigkeit und Schwierigkeit der Gebiete, welche sie zu beherrschen und zu verwalten hatte.
Eine Spaltung dieses Monismus tritt erst mit dem Beginne der neuen Zeit deutlich in die Erscheinung und ist ganz und gar bedingt durch das Auftreten der Wissenschaft als solcher. Während nämlich früher die Priesterschaft sämtliches menschliche Wissen unter ihre Verwaltung genommen und gepflegt hatte, sonderten sich entsprechend der zunehmenden Mannigfaltigkeit und Schwierigkeit dieses Gesamtwissens allmählich einzelne Zweige ab. Es entstanden neben den Priestern, die früher die Funktionen der Ärzte und der Richter gleichzeitig versehen hatten, besondre Stände von Ärzten und Richtern, die dann auch ihre eigene Wissenschaft in erster Linie pflegten und sich unwillkürlich und unwiderstehlich mehr und mehr von der ursprünglichen Herrschaft der Priester unabhängig machten. Das war ein äußerst langsamer Vorgang, welcher wirksam erst in die Erscheinung trat, als die Wissenschaften aufhörten, angewandte Wissenschaften oder Techniken zu sein. Mit dem Beginn der Neuzeit und dem Wiederauftreten der Philosophie fand das abstrakte oder theoretische Wissen wieder seine ersten Vertreter und Pfleger. Wir können nun sehr deutlich beobachten, wie die bereits durch anderthalb Jahrtausende in der Menschenbehandlung geschulte katholische Kirche diese neue Richtung mit dem größten Mißtrauen beobachtete und sie sofort auf das härteste verfolgte. Die Schicksale, welche die ersten Pioniere des unabhängigen, freien Wissens, der Wissenschaft im modernen Sinne, welche Galilei, Bruno, Servet u. a. erlebten, lassen uns ja erkennen, mit welcher Sicherheit die damalige Kirche, und zwar nicht nur die katholische, sondern auch die des Reformators Kalvin die neue Gefahr für den »wahren« Glauben erkannte. Luther hat in den allerabschreckendsten Ausdrücken seiner bilderreichen Sprache die Wissenschaft geschmäht und die Gläubigen auf das allerdringendste vor ihr gewarnt. Hier lag wohl auch der größte Gegensatz zwischen ihm und seinem Mitarbeiter Melanchthon, der seinerseits etwas mehr von dem neuen Geiste angesteckt war, als dem eifrigen Reformator sicher und gut erschien.
Es braucht nicht erst dargelegt zu werden, daß gerade dasselbe Kausalitätsbedürfnis, welches ursprünglich Gottheiten und Priesterschaft entstehen ließ, hier die alte Form, in welcher es zunächst befriedigt worden war, gesprengt hatte, um neue bessere Formen zu seiner Befriedigung zu suchen. So tritt mit dem Aufblühen der Wissenschaften namentlich in der Neuzeit an die Stelle des kirchlichen Monismus zunächst ein Dualismus, welcher bis auf unsere Tage dauert. Während die Kirche langsam und nur gezwungen Schritt für Schritt vor den Anforderungen, Erklärungen und Behauptungen der Wissenschaft zurückgewichen ist, hat die Wissenschaft ihrerseits mit immer größerer Wucht und mit immer größerem Erfolg sich des Denkens der Menschheit bemächtigt und es nach ihren Ergebnissen und Forderungen umgeformt. So sind die letzten vier Jahrhunderte durchaus erfüllt von dem Kampfe zwischen dem höhern, entwickeltern, gereiften Kausalitätsbedürfnis, welches in der Wissenschaft seinen Ausdruck findet, und den alten rückständigen, zur Entwicklungslosigkeit verurteilten Formen der Befriedigung der ersten kindlichen Regungen desselben, welche sich in der Kirche fixiert hatten.
In dem Maße, wie die Wissenschaft sich der einzelnen Tatsachen und Ereignisse bemächtigt und sie in ihrer Weise erklärt hat, ist nun auch das persönliche und unmittelbare Eingreifen Gottes in diese Dinge überflüssig geworden. Während der Gott des ältern Glaubens durch unaufhörliches Treiben und Eingreifen die Natur in Ordnung halten mußte, etwa wie der fleißige und gewissenhafte Hausherr die Arbeit seiner Hausangehörigen, wird er nun durch die stetig fortschreitende Naturwissenschaft aus einer Funktion nach der andern verdrängt, weil man deren gesetzmäßigen Ablauf erkennt. Denn aus diesem gesetzmäßigen Ablauf muß man schließen, daß diese Geschehnisse ohne Eingreifen irgendeines willkürlichen Faktors erfolgen, da sie eben sonst nicht so regelmäßig erfolgen könnten. In dem gleichen Maße wird der Gottesbegriff immer abstrakter und abstrakter, indem in ihm nur in ganz allgemeiner, unbestimmter und unpersönlicher Gestalt das Wünschenswerte, das Erstrebte, das als Ideal Angesehene übrig bleibt. So haben wir in dem Gottesbegriff der gegenwärtigen liberalen Theologie nur mehr eine Sammlung von verschiedenen Begriffen, die tatsächlich von einander unabhängig sind, da sie durch keinen gemeinsamen Oberbegriff mehr zusammengehalten werden, sondern nur noch durch das Wort Gott, welches jetzt nur einen Namen ohne bestimmten Inhalt darstellt. Man braucht beispielsweise nur die Äußerungen des Pfarrers Jatho zu prüfen, welche bei Gelegenheit der letzten mit seiner Person verknüpften Ereignisse wiederholt veröffentlicht worden sind, um sich von der Richtigkeit dieser Beschreibung zu überzeugen.
Übersieht man die ganze Entwicklung, welche in dieser Weise der Gottesbegriff genommen hat, so erkennt man, daß wir aus dem Dualismus, in dem wir seit etwa vier Jahrhunderten befindlich sind, endlich wieder einem Monismus zustreben können. Und zwar muß an die Stelle des frühern religiösen Monismus gegenwärtig der wissenschaftliche Monismus treten. Es handelt sich nicht mehr um den alten Monismus auf animistischer, anthropomorpher, priesterlich geregelter Grundlage, sondern um einen neuen Monismus auf Grundlage der allerhöchsten geistigen Leistungen, zu welchen unser weit über den früheren Zustand entwickeltes Gehirn fähig ist.
Betrachten wir so die Entwicklung des menschlichen Denkens in diesen großen Zusammenhängen, so werden wir uns der Frage nicht verschließen können, welche Zukunft denn unserm gegenwärtig beginnenden, dem wissenschaftlichen Monismus bevorsteht. Wird es ihm nicht ebenso gehen, wie es früher dem priesterlichen Monismus gegangen ist, der durch die unwiderstehliche Entwicklung, welche der Kausalitätsbegriff genommen hat, seines ursprünglichen Inhaltes mehr und mehr entkleidet worden ist und sich in unsern Tagen in eine Abstraktion nicht nur, sondern in einen Namen ohne bestimmten Begriff verflüchtigt hat? Es ist natürlich nicht wohl möglich, über viele Jahrtausende hinaus zu prophezeien, zumal das Tempo der Entwicklung in unserer Zeit so sehr viel schneller geworden ist, als es früher war. Aber von der weitern Ausgestaltung des Kausalitätsbegriffs droht jedenfalls unserm neuen oder wissenschaftlichen Monismus keinerlei erkennbare Gefahr. Denn er hat ja diesen Begriff als wesentlichen Bestandteil in sich selbst aufgenommen, er ist ihm eigen, er ist ein Teil der monistischen gedanklichen Organisation geworden und kann deshalb dasselbe Gebilde, von dem er den Hauptteil bildet, nicht wieder zerstören, sondern nur es erhalten und stärken. Und allgemein können wir sagen: Der Begriff und die Tatsache der Entwicklung war eine Gefahr und zwar eine tödliche Gefahr für jene frühere Begriffsbildung, welche diesen Begriff nicht enthielt; sie mußte durch diesen Begriff zerstört werden. Da wir den Begriff der Entwicklung in unsern Monismus aufgenommen haben, so ist auch von dieser Seite eine Zerstörung nicht zu befürchten, sondern nur eine Vertiefung und Ausgestaltung, Bereicherung und Verschönerung unsers ganzen Begriffslebens, das ja wesentlich auf diesen Grundlagen aufgebaut ist. Man darf natürlich nicht behaupten, daß nicht ein anderer Denkfaktor, dessen Bedeutung wir gegenwärtig noch in keiner Weise übersehen und beurteilen können, wenn er auch schon in unserer gegenwärtigen Begriffsbildung enthalten ist, seiner Zeit auf dieselbe Weise umgestaltend auf unseren wissenschaftlichen Monismus wirken wird. Hierzu dürfen wir aber sagen: Es kann sich hierbei nur um eine friedliche und regelmäßige Umgestaltung handeln, und nicht um eine Zerstörung. Denn eine Zerstörung ist nur dort möglich, wo sich die vorhandenen Begriffe ihrer weitern Ausgestaltung und Anpassung an die immer neu auftretenden Bedürfnisse der Menschheit widersetzen. Dadurch, daß die Entwicklung selbst in die Begriffsarbeit aufgenommen ist, ist auch die Ursache der Zerstörung, die Spannung zwischen der Begriffswelt und der tätigen Arbeit der Menschheit aufgehoben. Soweit also unsre gegenwärtigen Urteilsmöglichkeiten reichen, ist für die Zukunft, nachdem der allgemeine Begriff des wissenschaftlichen Monismus zur Geltung gelangt sein wird, die Zeit des Kampfes vorüber und es ist nur eine Zeit der friedlichen Arbeit, des geregelten Wachstums zu erwarten.