Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zwanzigste Predigt.
Was soll und kann der einzelne für den Monismus tun?


Ehe wir uns an die Beantwortung dieser allgemeinen Frage wenden, müssen wir uns darüber klar werden, in welchem Gebiete der Monist überhaupt an Betätigung seiner Gesamtanschauung denken kann. Wir werden vor allen Dingen uns sagen müssen, daß wir Monisten durchaus entfernt sind von der religiösen Vorstellung, als wenn es unsere Pflicht wäre, unsere eigne Weltanschauung so schnell wie möglich und mit allen Mitteln, selbst denen des Zwanges, bei den andern Menschen zur Geltung zu bringen, um diese vor ewigen Höllenstrafen zu retten. Wir werden uns vielmehr sagen, daß gemäß dem energetischen Imperativ, dem gemäß wir zu leben entschlossen sind, weil er den einzigen Weg zum Glück darstellt, wir keine Energie daran vergeuden werden, solchen Menschen unsere Anschauungen beizubringen, welche nicht den Wunsch haben, sich diese Anschauungen anzueignen und welche daher nur zwangsweise zu einer äußerlichen Annahme derselben gebracht werden könnten. Also eine Missionstätigkeit, die in irgendeiner Weise mit Zwang, ja nur einigermaßen mit dringender Ueberredung verknüpft wäre, würden und müßten wir durchaus von uns ablehnen. Die einzige Art der Propaganda, die wir treiben können, ist die der Aufklärung, ist der Hinweis darauf, daß unsere Denkweise sich fortlaufend den Ergebnissen und Forderungen der Wissenschaft anschließt (denn in diesem Sinne ist sie ja von vornherein entwickelt worden), und daß sie die Eigenschaft hat, denjenigen, der von ihr erfüllt ist und sie zur Richtschnur seines praktischen Lebens gemacht hat, nicht nur glücklich, sondern auch erfolgreich zu machen. Da wir ferner keinerlei übernatürliche Sicherheit für die Richtigkeit unserer Behauptungen in Anspruch nehmen, erwächst uns allen andern Menschen gegenüber die Pflicht, an uns selbst und durch unser Leben zu beweisen, daß die monistische Weltanschauung wirklich die behauptete glück- und erfolgbringende Eigenschaft hat. Eine derartige Propaganda des objektiven Beweises wird auf die Dauer bei weitem wirksamer und erfolgreicher sein, als jedes andere Mittel, Gesinnungsgenossen zu werben.

Demgemäß wird die erste Pflicht des Monisten sein, sich selbst leistungsfähiger zu machen. Der Monist ist den konfessionellen Druck und die Sorge um seine Zukunft in einem geheimnisvollen Jenseits los, für welches er sich hier auf Erden vorbereiten soll. Er hat infolgedessen sehr viel größere Energiemengen frei, um bereits in dieser Welt sich zu einem tüchtigen und leistungsfähigen Menschen zu machen, da er keinen Anteil seiner Energie für die Vorbereitung auf jene behauptete, aber noch niemals bewiesene Welt im Jenseits zu vergeuden braucht. Ich stelle bewußt diese Erwägung in den Vordergrund und stelle sie insbesondre auch allen unseren Gegnern zur Verfügung, einerseits damit diese sich überzeugen, ob dem Monismus wirklich die eben geschilderte Eigenschaft innewohnt, andrerseits aber um uns Monisten beständig in das Bewußtsein zurückzurufen, daß wir durch unsere Weltanschauung eben auch die Verpflichtung haben, ihr gemäß uns zu betätigen und der übrigen Welt ihre günstigen Folgen an dem zweifellosen Beispiel, das jeder von uns zur Verfügung hat, nämlich an der eigenen Person zu beweisen.

Im engen Zusammenhange mit dieser Seite der monistischen Betätigung steht die zweite, daß jeder von uns an sich selbst und in seiner ganzen Umgebung das Glücksempfinden pflegt, daß jeder von uns sich mit der Ueberzeugung durchdringt, daß jeder Moment der Verdrießlichkeit, des Mißmutes, der Niedergedrücktheit, der Verstimmung, welchen er sich ohne Widerstand hingibt, ein Raub an sich und seiner Umgebung ist, daß er ein Stück jener »Sünde wider den heiligen Geist« darstellt, als welche wir die vermeidbare Verletzung des energetischen Imperativs erkannt haben. Dies gilt zunächst für die eigene Person jedes Monisten, dies gilt aber auch für den Einfluß, den jeder einzelne auf einen größern oder geringern Kreis ausübt. Denn es ist niemand so gering, daß nicht eine Anzahl andrer Menschen von ihm abhängig wären und in ihrem Wohl und Wehe, wenn auch nicht ganz, so doch mehr oder weniger durch ihn bestimmt sind. Jeder von uns hat demgemäß auch die Verpflichtung, nicht nur sich selbst heiter und glücklich zu halten, sondern in seiner Umgebung Heiterkeit und Glück nach Möglichkeit zu pflegen, Streit und gegenseitige Kränkung dagegen so vollständig, wie er nur irgend kann, auszuschließen. Diese Aufgabe ist nahezu unbegrenzt, denn gegen diesen Grundsatz wird außerordentlich viel häufiger gesündigt, als man es glauben sollte. Tut man die Augen auf und schaut sich im wirklichen Leben um, so erkennt man sehr bald, wie viele unnütze üble Laune, Schmerz und Mißbehagen der einzelne auf seine Umgebung ausbreitet und wie viel mehr Glück und Freude in der Welt heimisch gemacht werden könnten, wenn ein jeder sich selbst immer wieder sagte: jeder Augenblick Mißbehagen und Trübsinn, den ich bei mir oder in meiner Umgebung gestatte, ist ein Vergehen, dessen ich mich schuldig mache und das ich vermeiden müßte, denn es ist ein Vergehen gegen den energetischen Imperativ!

Welches ist nun aber der Weg, sich selbst und andere glücklich zu machen?

Man kann die Augen schließen gegen die üblen Seiten des Lebens und kann in einer gedachten, phantasierten Welt ein gedachtes, phantasiertes Glück empfinden. Das ist die Art und Weise, wie der Poet sich über die Schwierigkeiten des Lebens hinweghilft, das ist aber nicht die Art und Weise, die für den Monisten charakteristisch sein soll. Gelegentlich nützt ein solches Verhalten, namentlich, wenn es sich um Ereignisse handelt, wie schlechtes Wetter und ähnliches, wo der einzelne eben nicht viel dazu oder davon tun kann und wo die Aufgabe vorliegt, das gegebene Übel mit einem möglichst geringen Verlust von freier Energie zu überwinden.

Einen viel größern Einfluß auf unseren allgemeinen Zustand haben die wirklichen Ereignisse, insofern sie von uns oder unsern Nebenmenschen abhängen. Hier werden wir sagen müssen: das größte Glück empfindet derjenige, der in jedem Augenblick seine Handlungen möglichst gemäß dem eignen Willen ausführen kann. Um also das höchste Glück in solchem Sinne sich und andern zu ermöglichen, muß der eigne Wille so eingestellt sein, daß er sich so frei wie möglich betätigen kann. Dies geschieht am sichersten, wenn der eigne Wille so wenig wie möglich in Widerspruch und Konflikte mit dem Willen der Nebenmenschen gerät. Also soziales Denken und Empfinden bei sich und bei seiner ganzen Umgebung zu entwickeln, ist das grundlegende Mittel, um auch ein Maximum von Glück bei sich und seiner Umgebung zu entwickeln. Sich selbst und seine Umgebung so zu beeinflussen, daß die sämtlichen Betätigungen möglichst gemäß dem eignen und dem Gesamtwillen erfolgen, ist danach das einfache und allgemeine Rezept zur Ausführung dieser Aufgabe.

Hier sehen wir den Begriff der Freiheit mit dem der sozialen Gebundenheit oder vielmehr der sozialen Harmonie auf das engste zusammen treffen. Jeder weiß, daß Freiheit Glück bedeutet und jeder weiß andrerseits, daß die Freiheit des einzelnen im allgemeinen eine Gefahr für die Freiheit des andern ist. Es liegt also hier das Problem vor, die persönliche Freiheit zu betätigen, ohne daß die der andern dadurch geschädigt wird. Eine besonders erfolgreiche und ausgezeichnete Lösung des Problems wird dadurch erreicht, daß die Betätigung der persönlichen Freiheit nicht nur die freiheitliche Betätigung der andern nicht hindert, sondern wo möglich noch steigert. In einzelnen Gebieten höchster sozialer Arbeit sind wir bereits auf diesen Standpunkt gelangt, z B. in der Wissenschaft, wo jeder einzelne, je freier und fruchtbarer er sich in seinem Forschungsgebiete betätigt, um so erfolgreichere und bessere Hilfsmittel für die anderen beschafft, damit auch sie in ihren Wissensgebieten Besseres und Höheres leisten können.

Hier nun erkennen wir auch den Grund, weshalb der einzelne Monist das monistische Denken in dem Kreise verbreiten muß, den er zu beeinflussen vermag. Das gilt nicht nur für den Vater oder die Mutter den Kindern gegenüber, für den Freund dem Freunde gegenüber, sondern auch für den Lehrer gegenüber seinen Schülern, für den Vorgesetzten gegenüber seinen Beamten, kurz und gut für jede mögliche Beziehung, die zwischen einem Menschen und andern stattfindet. In all diesen Gebieten soll monistisches Handeln nach Möglichkeit gepflegt werden, weil dadurch, daß diese Auffassungsweise des Lebens sich verbreitet, die Reibungen und Widerstände, die Kämpfe und gegenseitigen Beeinträchtigungen vermieden werden. Die Erlebnisse der letzten Zeit haben uns gezeigt, wie sehr diese dem energetischen Imperativ angepaßte Denkweise sich schon durch die praktischen Erfahrungen verbreitet hat. Es ist sicher, daß die Vorsitzenden der Tarifgemeinschaft der Buchdrucker unmittelbar nichts vom energetischen Imperativ gewußt haben. Sie haben aber, als vor einigen Wochen ein Bruch der Tarifgemeinschaft seitens einzelner Arbeiter und die Unterstützung dieses Bruches seitens einer Anzahl anderer entstand, sofort alles dafür getan, um dem Einheitsgedanken alsbald wieder zum Siege zu verhelfen. Das geschah aus der einfachen Einsicht, daß ein Streik unverhältnismäßig mehr Opfer kostet, als eine friedliche Einigung, und daß somit für die sämtlichen Beteiligten, sowohl die Arbeitnehmer wie die Arbeitgeber der zweite Weg bei weitem der rationellere ist. Was hier die Gewalt der Tatsachen in dieser gutorganisierten Gewerkschaft zur Geltung gebracht hat, würde von vornherein als der einzig mögliche und richtige Weg erkannt worden sein, wenn sämtliche Beteiligten an monistisches Denken gewöhnt gewesen wären, d. h. wenn sie gewöhnt gewesen wären, jeder Handlung gegenüber zu fragen: vergeude ich hierbei Energie oder nicht und gibt es vielleicht einen andern Weg, auf welchem ich größere Mengen von nutzbarer Energie erzielen kann? Somit können wir hier an der nüchternen, harten Tatsache erkennen, daß sich monistisches Denken und Handeln mit organischer Notwendigkeit im tätigen Leben durchsetzt.

Kann somit auf solchem Wege jedem werktätigen Menschen das beste Glück versprochen werden, das er anstrebt und das ihm erreichbar ist, so darf doch nicht in Abrede gestellt werden, daß es noch eine andere Form des Glückes gibt, nämlich das Glück des sich Unabhängigmachens von den Einflüssen des Lebens. Denn wir wollen nicht verneinen, daß auch intensiv religiös empfindende Gemüter ganz unabhängig vom rationellen monistischen Denken sich zu sehr hohen Glücksempfindungen emporarbeiten können; die Berichte der Mystiker aller Religionen geben einen unwiderleglichen Beweis dafür. Aber eben diese Berichte zeigen, daß derartige Persönlichkeiten die hohen Glücksempfindungen nur für sich allein und nur für beschränkte Zeit erreichen, daß sie also eine unsoziale Art des Glückes in sich entwickeln, die man den Betreffenden ganz wohl persönlich gönnen mag, die aber allgemein zu fördern nicht im Sinne und Interesse des sozialen Körpers, einer Gemeinde, eines Volkes und schließlich der Menschheit liegen kann. Nur der monistische Gedanke hat die Eigenschaft, daß er das Glück auf sozialem Gebiete, in der harmonischen Gesamtbetätigung immer größerer Gruppen, zuletzt der Menschheit sucht, nur der monistische Gedanke hat also die Fähigkeit, den Bedürfnissen nicht nur des einzelnen, sondern gleichzeitig denen der Gesamtheit entgegenzukommen und nur der monistische Gedanke hat deshalb Anspruch darauf, von der Gesamtheit gefördert zu werden.

Wenn man sich in Europa einer Stadt oder einem Dorfe nähert, so ist dasjenige Gebäude, was schon von ferne auffällt, meist die Kirche mit ihrem Turm. In sachgemäßer Erkenntnis des großen Einflusses, welchen derartige äußere Kennzeichen und Betätigungen auf die durchschnittliche Menschheit ausüben, hat die christliche Kirche von jeher dafür Sorge getragen, sowohl optisch wie akustisch, nämlich durch den Turm wie durch das Geläut, ihr Dasein allen Menschen immer wieder aufs deutlichste zum Bewußtsein zu bringen. Vergleicht man diese äußere Beanspruchung der Aufmerksamkeit mit der innern Leistung, so muß man gegenwärtig einen tiefgehenden Widerspruch konstatieren. Die Kirchen werden, namentlich in protestantischen Ländern, fast nur während weniger Stunden des Sonntags und außerdem sicherlich nicht von dem hervorragendsten Teil der Bürgerschaft benutzt. Ich sehe eine Zeit vor mir, welche ich allerdings nicht erleben werde, wo, wenn auch nicht so auffallend, aber nicht weniger allgemein, in jeder Siedelung ein Monistenheim vorhanden sein wird, in welcher jeder, der da will, Einkehr halten und sich der dort dargebotenen geistigen Schätze erfreuen kann. Man kann ja sonntäglich auch Zusammenkünfte mit Reden und Besprechungen halten. Wichtiger aber wird sein, daß ein Lesezimmer, eine Bibliothek und womöglich ein älterer erfahrener, im monistischen Denken geübter Mensch jedem, der da kommt, zur Verfügung steht. In früheren Zeiten war nicht selten der Geistliche auf dem Dorfe nicht nur derjenige, welcher Taufe und Trauung und die sonntägliche Predigt vollzieht, also die Religion sozusagen von außen ordiniert, sondern auch der geistige Berater und Gehülfe, der kulturelle Führer der Gemeinde. Diese Funktionen haben gegenwärtig zum größten Teil aufgehört; weder der evangelische Pastor noch der katholische Priester hat mehr diese unmittelbare Beeinflussung der Gemüter der Gemeinde. Und wie sich dieses Verhältnis gegenwärtig entwickelt, ist es weiter als je davon entfernt, auf den frühern Stand wieder zurückzukommen. Demgemäß sollte es die Aufgabe der monistischen Vereinigungen sein, an jeden derartigen Ort einen Mann hinzusetzen, den ich als den Volksrat bezeichnen möchte, einen Mann mit reicher Lebenserfahrung und ausgiebigem Wohlwollen, welcher teils aus eigener Kenntnis und Erfahrung, teils unter rationeller Benutzung der vorhandenen Bibliothek jeden, der mit irgendwelchen Sorgen des inneren oder äußeren Lebens zu ihm kommt, beratet, der entstehende Zwistigkeiten schlichtet, kurz der die praktische Betätigung des energetischen Imperativs in den breitesten Schichten des Volkes zu einer feststehenden Gewohnheit macht.

Man wird diese Wünsche und Hoffnungen für außerordentlich utopisch halten und dagegen einwenden, daß alle solche Sachen immer sehr viel Geld kosten, welches zwar der Kirche, zum Teil sogar reichlich, zu Gebote steht, welches aber bei uns Monisten nur in geringer Menge verfügbar ist. Demgegenüber muß darauf hingewiesen werden, daß jede Gemeinde, welche Neues und Wichtiges in die Welt bringt, von ihren Mitgliedern Opfer verlangt. Und Geldopfer sind wahrlich nicht die schwersten, die zu bringen sind. Wir Monisten sollten uns viel stärker, als das bisher geschah, eine Selbstbesteuerung zur Förderung unserer Ueberzeugung auferlegen; denn diese unsere Ueberzeugung bedarf noch einer sehr kräftigen und mannigfaltigen Förderung, für die das Geld das universelle Hilfsmittel ist. Denn Geld bedeutet das Symbol der konzentrierten beweglichen Energie, die vorhanden sein muß, wenn man irgend etwas in dieser Welt ausführen will. So sollte schon bei Lebzeiten jeder von uns entsprechend seinem Können reichlich bemessene persönliche Opfer für derartige Arbeiten bringen. Insbesondere aber sollte jeder seinem Testament eine Bestimmung einfügen, durch welche ein Teil des von ihm zu hinterlassenden Gutes der monistischen Arbeit zur Verfügung gestellt wird. Wir haben vor Jahr und Tag mit Entrüstung davon Kenntnis genommen, daß eine mit dem Volksempfinden in Widerspruch stehende Majorität unseres Reichstages die gerechteste aller Steuern, nämlich die Erbschaftssteuer abgelehnt hat. Ueber die Gründe dieser Ablehnung, die zum Teil wohlbekannt und wenig achtbar sind, soll an dieser Stelle nicht geredet werden. Wohl aber soll jeder Monist hiermit aufgefordert werden, praktisch dagegen Stellung zu nehmen, indem er einen bestimmten Teil seines Gutes der monistischen Bewegung testamentarisch zur Verfügung stellt. Gegenwärtig, wo die Monisten in Deutschland die Rechte eines eingetragenen Vereins noch nicht haben, würde ein derartiges Testat formell gewisse Schwierigkeiten mit sich bringen. Es ist vielleicht, solange diese Verhältnisse sich nicht ändern, besser, die Zuwendung nicht etwa dem Monistenbunde als solchem, sondern irgendeiner Persönlichkeit innerhalb des Monistenbundes, sagen wir beispielsweise dem Kassaführer, zu vermachen. Um diesem die persönliche Verantwortlichkeit für die erhaltenen Vermögensobjekte zu erleichtern und um gleichzeitig jede Möglichkeit einer Verleumdung, als würde solches persönlich testierte Gut dem allgemeinen Zweck entzogen, auszuschließen, wäre es nötig, daß der Testator von dem Geschehenen sowohl dem jeweiligen ersten Vorsitzenden des Monistenbundes, wie auch der Geschäftsstelle desselben unabhängig Mitteilung macht. Derartige Nachrichten würden dann gleichzeitig an beiden Stellen registriert werden und es wäre unmöglich, der einen oder der andern Stelle später den Vorwurf zu machen, daß irgendwelche derart in ihre Hände gelangten Kapitalien verheimlicht oder ihrem Hauptzwecke entzogen seien.

Auf solche Weise würde in unsere allgemeinen Geldverhältnisse wieder ein wenig Vernunft und Gerechtigkeit gebracht werden, welche unter dem Einfluß des römischen Rechtes in so unglaublicher Weise verloren gegangen sind. Während beispielsweise die allerpersönlichste Leistung, die der Mensch heute zu vollführen vermag, die künstlerische, wissenschaftliche, literarische, allgemein die geistige Arbeit von der Allgemeinheit ihrem Schöpfer als Eigentum nur während seiner Lebenszeit und seinen Erben dreißig Jahre nach seinem Tode geschützt bleibt, und hernach der gesamten Kulturwelt zu freier Verfügung steht, ist der Besitz von Geld und Geldeswert nicht nur jedem Inhaber bei Lebzeiten geschützt, sondern auch seinen Erben bis in ganz unbegrenzte Zeiten. Während auf allen andern Gebieten der einzelne Mensch nur soviel Gewalt hat, als eben sein Einfluß reicht und als sich die andern diesen Einfluß gefallen lassen, ist auf dem Gebiete des Vermögensrechts jeder von uns berechtigt, allen nachkommenden Geschlechtern bestimmte Vorschriften über die Verwaltung und Verwendung eines Stückes Eigentum aufzuerlegen, das sich zufällig in diesem Augenblick in seinen Händen befindet. Eine derartig unerhörte Bindung aller künftigen Geschlechter ist gewiß ein solcher Unsinn, daß nur die dauernde Gewohnheit uns den Widerspruch zwischen dem, was Recht ist und dem, was Recht sein sollte, nicht empfinden läßt. Eine kleine Lockerung dieser wahnwitzigen Übertreibung des vermögensrechtlichen Eigentumsbegriffs kann der Monist dadurch bewirken, daß er eben dasjenige Eigentum, über das er zu Lebzeiten verfügt, zu einem möglichst großen Teil hernach der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Und da er häufig niemanden angeben könnte, der mehr in seinem Sinne darüber verfügen würde, als eben die Gesamtheit der Monisten, so gebührt es sich, daß er dieser Gesamtheit auch die Verfügung innerhalb des Rahmens des gegenwärtigen Rechtes überträgt.


 << zurück weiter >>