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Achte Predigt.
Entwicklung.


Wodurch ist es uns gelungen, tausendjährige Irrtümer, welche unzähligen Generationen das Leben erschwert und das Denken verbaut haben, als solche zu erkennen und durch richtigere Anschauungen zu ersetzen? Die Antwort lautet, wenn wir im Geiste die Überlegungen der früheren Predigten an uns vorüberziehen lassen, daß es der Gedanke der Entwicklung gewesen ist, durch den wir alsbald überall in der Hauptsache den richtigen Standpunkt haben finden können. Wenn wir nun aber das erfreuliche Ergebnis vor uns haben und damit das Vertrauen gewinnen, durch das gleiche Denkmittel uns eine klare Ansicht auch in vielen anderen Fragen schaffen zu können, so wollen wir doch als Leute, die das wissenschaftliche Verfahren grundsätzlich anzuwenden sich bemühen, uns auch im wissenschaftlichen Sinne fragen, wieso der Gedanke der Entwicklung diese berichtigende und aufklärende Kraft hat.

Er hat sie zunächst dadurch, daß er selbst ein richtiger Gedanke ist, d. h. ein solcher, welcher nicht nur das Vorhandene und Gewesene zusammenfaßt, sondern auch das Künftige voraussehen und vorausregeln läßt. Die Gedanken haben ja kein eigenes Leben, sondern sie entstehen durch die Einwirkung unserer Erlebnisse auf unser Denkorgan. Sie stellen also Reaktions- und Anpassungserscheinungen dar, welche durch und für die Wechselwirkung zwischen Denken und Erleben entstanden sind. Daher müssen sie auch untereinander übereinstimmen, derart daß, wenn wir mehrere Gedanken an dasselbe Geschehen knüpfen, indem wir verschiedene Seiten davon ins Auge fassen, diese Gedanken sich untereinander nicht widersprechen dürfen. Denn dann würden sie ja nicht dasselbe Geschehen darstellen, sondern verschiedene. So haben wir, falls wir irgendwie einen solchen Widerspruch einmal entdeckt haben, alsbald das Bedürfnis, die Anpassung der Gedanken an die Erlebnisse solange zu verbessern, bis alle Widersprüche beseitigt sind.

Hierbei werden die Gedanken ganz verschiedene Sicherheit zeigen. Finden wir beispielsweise, daß ein neuer Gedanke, den wir uns gemacht haben, mit einem alten, dessen Brauchbarkeit wir bereits vielfach erprobt und bewährt gefunden hatten, in Widerspruch steht, so werden wir zunächst den neuen in Verdacht haben, daß er falsch ist. Allerdings dürfen wir hierbei auch nie vergessen, daß ebenso das Umgekehrte möglich ist; lehrt uns doch die Geschichte des menschlichen Geistes hundertfältig, daß neue und richtige Gedanken deshalb lange unterdrückt wurden, weil sie im Widerspruch mit alten, als richtig angesehenen standen, während doch schließlich gerade die alten sich als unrichtig erwiesen haben. Man wird deshalb, falls ein solcher Widerspruch auftaucht, zunächst nachzusehen haben, wie sich die besondere Stelle des Widerspruches, wo die beiden Gedanken verschiedene Resultate geben, zur Erfahrung verhält. Zuweilen findet man, daß für solche Stellen überhaupt keine Erfahrung zugänglich ist. Dann muß man schließen, daß beide Gedanken über das Ziel, nämlich die Darstellung der Wirklichkeit, hinausgeschossen haben, und daß es einerlei ist, welchen von beiden man als richtig anerkennt, weil beide nicht an einer wesentlichen Stelle verschieden sind. Oder man kann durch die Erfahrung zwischen den verschiedenen Folgen beider Gedanken in einem bestimmten Sinne entscheiden. Dann wird man sagen, daß der Gedanke mit dem falschen Ergebnis eben insofern falsch ist, als er zu diesem Ergebnis führt. In anderer Beziehung kann er dabei immer noch richtig sein, denn alle solche Gedanken sind zusammengesetzt aus sehr verschiedenen Stücken. Dann werden wir ihn so einschränken und umbilden, bis er sich der Wirklichkeit, soweit wir sie kennen, vollständig angepaßt hat.

So ist der Entwicklungsgedanke auch ein solcher späterer Gedanke, der sich in Widerspruch mit älteren anerkannten gesetzt und diese gezwungen hat, sich besser der Wirklichkeit anzupassen. Durch den großen Betrag an Richtigkeit, der in ihm ist, kann er seitdem dazu dienen, andere Gedanken ihrerseits zu berichtigen. Bei dieser Tätigkeit haben wir ihn beobachtet.

Wenn das menschliche Denken sich aus seinen ersten Anfängen entwickelt, so setzen sich die Ideen zunächst an dem fest, was sich möglichst gleichartig immer wieder in dem Erleben vorfindet. Dies ist eine notwendige Folge jener allgemeinen Eigenschaft der lebenden Wesen, des Gedächtnisses im weitesten Sinne, wie wir das bereits einmal andeutungsweise gesehen haben, und wie es später eingehend erörtert werden soll. Daher wird die Grundlage alles Denkens durch solche dauernde Dinge, die wir etwa Substanzen nennen können (ohne damit mehr zu sagen, als daß es durch längere Zeiten immer gleichartig wiederholte Erfahrungen sind), gebildet und wiederum vermöge der Erinnerung oder Gewöhnung, (was dasselbe bedeutet) treten wir allen neuen Erfahrungen mit der Annahme gegenüber, daß sie sich auch wie Substanzen verhalten werden. Finden wir bei einigen Wiederholungen, daß das einigermaßen der Fall ist, so sind wir beruhigt und bereichern unseren Denkschatz mit solchen neuen »Substanzen«.

Viel später erst entsteht der Begriff der Veränderung eines Vorhandenen. Allerdings kennen wir seit den ersten Gedankenbildungen Verschiedenes, aber dieses hängt unter einander noch nicht zusammen, sondern die verschiedenen Substanzen bestehen alle selbständig nebeneinander in unserem Bewußtsein. Erst langsam dämmert die Erkenntnis, daß Gleichheit und Verschiedenheit keine absoluten Gegensätze, sondern auf irgendeine Weise verbunden sind, das, was eben noch gleich war, erscheint nach einiger Zeit verschieden. Hier tritt nun die neue Begriffsbildung der Veränderung ein, die Gleichheit und Verschiedenheit derart verbindet, daß eine vorhandene Gleichheit zweier Dinge allmählich oder auch schnell aufhören und in eine Verschiedenheit übergehen kann, oder umgekehrt.

Im Lichte dieser allgemeinen Betrachtungen verstehen wir alsbald, wie z. B. in der Auffassung der tierischen und pflanzlichen Geschlechter zunächst die Substanz-Vorstellung ganz und gar vorherrschte. Eine Eiche erzeugt immer wieder nur andere Eichen, und von einem Hunde stammt nie eine Katze ab. Also wurden die Geschlechter der Lebewesen als unveränderlich betrachtet und diese Auffassung drängte sich der unmittelbaren oder »natürlichen« Betrachtung mit ebensogroßer Unwiderstehlichkeit auf, wie die vom Laufe der Sonne um die Erde oder die vom goldenen Zeitalter, das in der letzten fernen Vergangenheit liegt. In der Geschichte von Noahs Arche ist diese Theorie von der Konstanz der Arten zum praktischen Ausdruck gebracht. Das gleiche gilt für die leblosen Dinge der Natur; Berge, Flüsse, Wälder usw. erscheinen dem, der nur über eine kurze Zeitperspektive verfügt, als völlig unveränderlich, und es gehört bereits eine erhebliche Entwicklung des Erfahrungswesens dazu, die tatsächlich vorhandene Veränderlichkeit als solche zu erkennen. Noch bei den griechischen Naturphilosophen war diese Erkenntnis so neu und wirkte deshalb so stark, daß sie wie in allen derartigen Fällen möglichst weit ausgedehnt wurde. Das dem Heraklit zugeschriebene Wort: Alles fließt, drückt noch sehr deutlich den überwältigenden Eindruck der Erkenntnis der tatsächlichen Veränderlichkeit vieler bislang als unveränderlich angesehener Dinge aus.

Innerhalb dieser geistigen Bewegung sind wir nun noch heute. Wir haben uns bereits mehrfach überzeugt, wie die Vorstellung von etwas absolut Beständigem störend, weil mit der breiteren und tieferen Erfahrung nicht in Einklang zu bringen, sich noch an vielen Stellen geltend macht, wo nur die Einsicht in die tatsächliche Veränderlichkeit das Verständnis der Wirklichkeit ermöglicht.

Nun belehrt uns die Wissenschaft allerdings, daß die Veränderlichkeit eine weit allgemeinere Eigenschaft ist, als die Beständigkeit. Von den Dingen, die früher als »Substanzen« angesehen worden waren, hat eines nach dem anderen seinen Anspruch auf unbedingte oder absolute Beständigkeit aufgeben müssen. Eigentlich gibt es für die heutige Wissenschaft, nachdem die neuere Chemie und Physik die Transmutation einiger Elemente und die Abhängigkeit der Masse der Elektronen von der Geschwindigkeit kennen gelehrt hat, nur noch ein Ding, dessen vollkommene Beständigkeit wir noch annehmen, weil wir noch keinen Grund gefunden haben, an ihr zu zweifeln. Dies ist die Menge der Energie. Dieses Gesetz von der Erhaltung der Energiemenge ist tatsächlich schließlich das einzige Erhaltungsgesetz geblieben, das sich mit unseren gegenwärtig so ungeheuer ins weiteste wie engste ausgedehnten Erfahrungen vereinigen läßt. Dabei ist zu betonen, daß die Energie selbst mit ihren Eigenschaften nichts weniger als unveränderlich ist; sie ändert sich vielmehr beständig und darin liegt in letzter Analyse der Inhalt alles Geschehens. Nur ihre in bestimmten Weise gemessene Menge ist das, was bei allen diesen Veränderungen unverändert bleibt, und auf diese einzige Größe beschränkt sich jenes große Gesetz von der Erhaltung der Energie.

Wir können hier nicht auf eine nähere Kennzeichnung des Wesens der Energie eingehen; dies wird den Gegenstand besonderer Betrachtungen ausmachen. Es erschien nur notwendig, bereits an dieser Stelle, wo von der Erhaltung der Dinge die Rede war, auf die ganz besondere Stellung hinzuweisen, welche der Energie auch in dieser grundlegenden Beziehung zukommt.

Alles andere verändert sich, d. h. die Dinge, welche wir wegen des stetigen Zusammenhanges ihrer gegenwärtigen Existenz mit der früheren als »dieselben« zu bezeichnen gewohnt sind, bleiben immer nur in einigen Beziehungen und auch hier nur angenähert dieselben, d. h. von ihrer früheren Beschaffenheit nicht unterscheidbar; in vielen anderen Beziehungen erweisen sie sich dagegen veränderlich. Die langsamer oder weniger veränderlichen Anteile der Dinge hat man demgemäß als die wahren oder eigentlichen Dinge oder Substanzen angesehen und die anderen Seiten an ihnen, wo die Veränderlichkeit augenfällig war, als deren »Formen«, »Eigenschaften« bezeichnet oder wie man sonst solche als weniger wichtig betrachtete Verhältnisse nennen mochte. Aber in solcher Betrachtung bleibt gemäß dem eben Gesagten auch als Substanz im strengsten Sinne nichts übrig, als die Energiemenge.

Nun müssen wir aber noch einen weiteren Schritt tun. Wir wissen, daß die Dinge veränderlich sind. Veränderung aber nennt man noch nicht Entwicklung; dieses Wort wendet man vielmehr erst an, wenn die Veränderung in bestimmtem Sinne vor sich geht, derart, daß die späteren Zustände des Dinges in irgendeiner Weise höher, besser, schöner, allgemein gesteigert gegenüber dem früheren Zustande von uns eingeschätzt werden. Das allmähliche Zutalfallen der Gesteine eines Berges ist sicherlich eine bestimmte, sogar eine in einseitiger Weise gerichtete, nicht umkehrbare Veränderung. Man wird sie aber nicht eine Entwicklung zu nennen geneigt sein.

Das Wort Entwicklung gibt uns als solches hierbei keine Auskunft. Es ist ein grobmechanisches Bild, demzufolge die früheren Zustände um die späteren gelegt sind, wie das Papier um das Butterbrot, das zutage tritt, wenn man es auswickelt oder entwickelt. Es ist, ebenso wie das Wort »Sonnen aufgang« der sprachliche Überrest einer bestimmten, sicherlich falschen Naturauffassung, nach welcher etwa bei den Keimen der Lebewesen das zukünftige ausgebildete Wesen bereits ganz und gar im Keim vorhanden sein sollte, nur sehr klein, so daß es nur »ausgewickelt« zu werden brauchte (dieses Wort ist früher häufig dort gebraucht worden, wo wir jetzt mit großer Sorgfalt Entwickelung sagen), um in die Wirklichkeit einzutreten. Voltaire hat in einer seiner geistsprühenden Schriften auf die Absurdität dieser Ansicht hingewiesen, nach welcher auch die Keime, die ein solcher noch im Keim befindlicher Organismus später hervorbringt, vorgebildet in diesem Keim enthalten sein müßte, und ebenso die Keime der Keime und so fort bis ins Unbegrenzte. Gegenwärtig denken wir uns derartiges nicht beim Worte, sondern bezeichnen damit nur, daß es sich um Vorgänge handelt, bei denen aus einfacheren Gebilden gesetzmäßig höhere oder zusammengesetztere entstehen.

Daß solche Vorgänge überall in der Natur der Lebewesen stattfinden, lehrt die Erfahrung immer wieder. Die vertiefte und erweiterte Erfahrung unserer Zeit hat aber auch gelehrt, daß gleiche Vorgänge nicht nur die einzelnen Lebewesen treffen, sondern auch die Arten, daß mit anderen Worten auch diese früher einfachere, niedriger stehende Einzelwesen enthielten und daß deren Beschaffenheit sich im Sinne der Erhöhung oder Steigerung im Laufe langer Zeiten geändert hat. Am stärksten ist diese Artentwicklung beim Menschen zu beobachten, wo namentlich der kultivierteste Teil eine Fähigkeit der Entwicklung, d. h. Steigerung gewisser als besonders wertvoll betrachteter Eigenschaften zeigt, wie sie kein anderes Geschlecht von Lebewesen je besessen hat. Was ein seiner Zeit so ungeheuer überlegener Forscher, wie Pythagoras, mit dem ganzen Aufwand seines Geistes entdeckt hatte, lernt heute jeder Mittelschüler ohne besondere Anstrengung, wenn ihm die Sache nicht etwa von seinem Lehrer schwieriger dargestellt wird, als sie ist. Das ist das Ergebnis der Anpassung an wissenschaftliches Denken, welche die Kulturmenschheit insbesondere seit einigen Jahrhunderten mit allem Nachdruck durchzuführen begonnen hat. Es ist dieselbe Aufgabe, die sich der Monistenbund in erster Linie gestellt hat.

Diese allgemeine Tendenz aller Lebewesen nach Vervollkommnung nun braucht nicht mehr als rohe, unverstandene Tatsache hingenommen zu werden, sondern auch sie ist einer Zurückführung auf viel allgemeinere Verhältnisse fähig, welche nicht nur ihr Vorhandensein und ihre Richtung erklären, sondern welche auch den noch ziemlich unbestimmt gelassenen Begriff der Vervollkommnung genau, ja zahlenmäßig und meßbar zu bestimmen gestatten. Der Weg der Wissenschaft zu diesem hohen Ziel ist ein sehr langer gewesen und ein Blick von dem Wege auf den unmittelbaren Zugang zum Ziele ist erst vor wenigen Jahren gewonnen worden. So kann erst später daran gegangen werden, die Grundlagen und den Weg für das allgemeine Verständnis der Tatsache der Entwicklung genauer zu schildern. Es muß hier genug damit sein, daß die Gewißheit besteht: auch dieses große Problem ist der exakten Wissenschaft zugänglich geworden und wir dürfen den Entwicklungsbegriff anwenden, ohne Sorge haben zu müssen, mit Rechenpfennigen statt mit echtem Gold zu zahlen.

So gewinnen wir eine Andeutung, wie diese große Kraft in den Gedanken der Entwicklung hineingekommen ist, daß man mit seiner Hilfe sich in den größten und schwierigsten Problemen zurechtfinden kann, welche die Menschheit bisher beunruhigt haben. Es handelt sich in der Tat um Grundbegriffe des Denkens und um »Urphänomene« des Geschehens, die sich am allgemeinsten und durchgreifendsten in der Tatsache der Veränderung im allgemeinen und der Entwicklung im besonderen betätigen. Nur wenn das Denken um diese Grundlagen richtig orientiert worden ist, vermag es weiterhin richtige Ergebnisse zu liefern. Darum, weil der Begriff der Entwicklung verkannt und in sein Gegenteil verkehrt war, hat die Auffassung von dem in der Vergangenheit liegenden goldenen Zeitalter zu lebenswidrigen, pessimistischen Anschauungen geführt, die das Leben unzähliger Generationen verdüstert haben. Und darum fühlen wir alle die Befreiung durch das monistisch-wissenschaftliche Denken so tief, weil wir nunmehr geistig sicher auf unsere Füße gestellt sind, statt vergebliche Versuche machen zu sollen, auf dem Kopfe zu gehen oder im leeren Raume zu schweben.

Noch ein wesentlicher Begriff ist dem der Veränderung und Entwicklung hervorzuheben. Es ist der der Stetigkeit. Alle Veränderung erfolgt in kleinen Schritten, denn selbst dort, wo uns ein plötzlicher Vorgang erschreckt, wie etwa bei einem Blitz, handelt es sich nur um eine in eine sehr kurze Zeit zusammengedrängte stetige Veränderung. Wäre unser empfindungsmäßiges Zeitmaß etwa tausendmal kleiner, so würde uns ein Blitz nicht weniger stetig erscheinen, als etwa das Abfließen des Wassers aus einem geöffneten Hahn.

Mit diesem allgemeinen Rüstzeug erkennen wir nun die Wirksamkeit des Veränderungs- und Entwicklungsgedankens. Die Eigentümlichkeiten des stetigen Überganges eines Zustandes in den anderen, und die beständige Höhersteigung bei den Lebewesen Es gibt gewisse Vorgänge, die als Ausnahmen von diesem Steigerungsgesetz erscheinen. Sie erweisen sich als Anpassungen an andere Verhältnisse und sind diesen gegenüber gleichfalls Vervollkommnungen im allgemeinen, energetischen Sinne. gewähren uns tausendfältige Einsichten in die Beziehungen gegenwärtiger Gebilde. Die Aufweisung einer Entwicklungsreihe bedeutet nämlich nach dem Gesagten ebensoviel, wie die Auseinanderlegung der einzelnen Teile und Einrichtungen gemäß ihrer zeitlichen Entstehung und gemäß ihrer sachlichen Vervollkommnung. Wie wir die Einrichtung einer Uhr oder eines Automobils sehr viel besser begreifen, wenn das verwickelte Ding vor unseren Augen zusammengestellt wird, so begreifen wir die Besonderheiten eines Lebewesens sehr viel besser, wenn wir seine Entwicklungsreihe vor Augen haben.

Es ist uns allen bekannt, in welchem ungeheuren Maße orientierend jenes Resultat der Entwicklungslehre gewirkt hat, welches den Menschen in einen regelmäßigen Zusammenhang mit allen anderen Lebewesen gebracht, und insbesondere in den Menschenaffen seine nächsten Geschlechtsverwandten nachgewiesen hat: eine Verwandtschaft, die neuerdings sogar auf dem chemischen Wege, durch die spezifische Eiweißreaktion erwiesen worden ist. Alle Mystik, die bis dahin dem Menschen eine gegensätzliche Stellung der ganzen übrigen Natur gegenüber angewiesen hatte, wurde hierdurch begrifflich vernichtet, womit allerdings ihre reale Existenz in den Köpfen der Menschen noch nicht aufgehoben war, denn nicht alle Köpfe erkennen die Logik als oberste Instanz ihrer Urteile an. Aber es war doch die Grundlage zu nachdrücklicher Arbeit im Sinne des richtigen Denkens gewonnen worden, und wer sich die vielen und großen Siege, welche die Wissenschaft im Laufe ihrer verhältnismäßig kurzen Herrschaft bereits errungen hat, sachgemäß vergegenwärtigt, der wird auch von dem Siege des wissenschaftlichen Denkens in den Anwendungsgebieten des Entwicklungsbegriffes überzeugt sein.


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