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Einundfünfzigstes Kapitel

Es kommt manchmal in unserem Leben vor, daß, wenn die Günstlinge des Schicksals dicht neben uns segeln, wir trotz aller Verzagtheit etwas von der rauschenden Brise mitbekommen und zu unserer Freude wahrnehmen, wie unsere schwellenden Segel damit angefüllt werden. So schien es auch beim »Pequod« der Fall zu sein. Am nächsten Tage wurden Wale gesichtet und vier davon getötet. Einer davon von Ahab selbst.

Es war spät am Nachmittag. Als die Speerwürfe des karmoisinroten Kampfes getan waren, und in dem lieblichen Abendsonnenschein Sonne und Wal friedlich nebeneinander untergingen, da stiegen bei der allgemeinen süßen und traurigen Stimmung solche engverschlungenen »Ave Marias« in der rosigen Luft auf, daß es schien, als ob aus den Klostertälern der Manilainseln mit ihrem tiefen Grün die spanischen Landbrisen in ihrer Ausgelassenheit Matrosen geworden, zur See gegangen wären und die Abendhymnen als Fracht mitbekommen hätten.

Ahab war wieder beruhigt, aber nur, um bald einer um so tieferen Schwermut zu verfallen. Er hatte sich von dem Wal heckwärts losgemacht und saß da, um seine letzten Zuckungen vom ruhigen Boot aus zu beobachten. Das merkwürdige Schauspiel, das man bei allen sterbenden Pottwalen beobachten kann, wie er den Kopf der Sonne zuwendet und so den letzten Atem aushaucht. Dies Schauspiel, das Ahab an einem ruhigen Abend ansah, versetzte ihn in eine wunderbare Stimmung, die er vorher nicht gekannt hatte.

»Er wendet sich um und wendet sich ihr zu. Welche bedächtigen und welche ehrfurchtsvollen Bewegungen macht er mit seiner flehenden Stirn in den letzten Todeszuckungen. Er ist auch ein Feueranbeter. Er ist ein getreuer, ergebener Vasall der Sonne! Wenn doch meine Augen die ergebenen Seufzer des Wales sehen könnten. Er ist in der ganzen Weite vom Wasser eingeschlossen. Er befindet sich fern von allem lauten menschlichen Glück und Leid. In diesen unberührten und unparteiischen Meeren, wo die Felsen der Überlieferung keine Tafeln liefern. Wo in den langen Zeiträumen die Wellen gerollt haben, ohne daß von ihnen die Rede war. So wie Sterne über der unbekannten Quelle des Niger leuchten. Hier endet ein Leben und ist im Glauben der Sonne zugerichtet. Aber siehe, es ist nicht früher zu Ende, bis der Tod den Leichnam herumwirbelt und ihm eine andere Richtung gibt.

Du andere Hälfte der Natur, die du dunkel wie ein Hindu bist, und die du aus versunkenem Gebein irgendwo mitten in diesen Meeren, die nicht mit frischem Grün bedeckt sind, deinen Thron für dich aufgebaut hast, du bist, obgleich Königin, eine Verräterin! Und du redest mit mir in dem Taifun, der weit und breit Verheerungen anrichtet und in den nachfolgenden Kalmen, wo wir in furchtbarer Ruhe die Opfer bestatten.

Auch hat dein Wal sich mit seinem sterbenden Haupte nicht der Sonne zugewandt und dann wieder umgedreht, ohne mir eine Lehre gegeben zu haben.

Furchtbarer und mächtiger Leib, der du dreifach umgürtet und geschmiedet bist! Und du in die Höhe strebende Fontäne, die du wie ein Regenbogen dastehst! Der erste strebt in die Höhe und die letztere macht durch die Spritzer alles wieder zunichte! Du suchst vergeblich Verbindung mit der alles belebenden Sonne darüber, die das Leben selbst hervorruft, aber es niemals ein zweites Mal hergibt. Und doch verleihst du, dunkle Seite der Natur, mir einen stolzeren, wenn auch dunkleren Glauben. Alles, was sich miteinander verbunden hat und wofür es keinen Namen gibt, treibt hier unter mir.

Ich werde von dem Atem der Dinge gehoben, die einstmals lebendig waren; was mal als Luft ausgeatmet wurde, ist nun Wasser geworden.

Sei darum gegrüßt, für immer gegrüßt, du Meer, in dessen ewigen Brandungen die wilden Vögel ihre einzige Ruhestätte finden. Aus Erde geboren, aber vom Meer gestillt, wenn auch Berg und Tal mich gewiegt haben, so bin ich doch, ihr Wellen, euer Stiefbruder!«


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