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Es muß daran erinnert werden, daß der riesige Kopf eines Pottwals die ganze Zeit dem »Pequod« an der Seite hing. Aber wir müssen ihn noch eine Weile hängen lassen, bis wir eine günstige Gelegenheit haben, ihn zurechtzumachen. Augenblicklich sind andere Dinge wichtiger, und wir können nichts Besseres für den Kopf tun, als den Himmel bitten, daß die Flaschenzüge halten.
In der vergangenen Nacht und am Vormittag war der »Pequod« langsam in ein Meer getrieben, in dem gelegentlich vorkommendes gelbes Brit darauf hinwies, daß gewöhnliche Wale in der Nähe waren. Obwohl jedermann den Fang dieser gewöhnlichen Geschöpfe verabscheute, und obwohl der »Pequod« nicht beauftragt war, sie überhaupt aufzuspüren, und obwohl man bei den Crozetts-Inseln Scharen von ihnen begegnet war, ohne ein Boot herabzulassen, wurde nun mit einem Male, wo ein Pottwal an die Längsseite gebracht und enthauptet war, der Befehl bekanntgegeben, daß ein gewöhnlicher Wal gefangen werden sollte, wenn sich die Gelegenheit dazu böte. Man brauchte nicht lange zu warten. An der Leeseite sah man große Fontänen. Und so wurden denn zwei Boote, das von Stubb und das von Flask, auf die Verfolgung geschickt. Sie ruderten immer weiter weg, bis sie schließlich für die Leute oben am Mast unsichtbar wurden. Aber plötzlich sahen sie in der Ferne weißes Wasser hoch aufwirbeln, und bald darauf kam die Meldung von oben, daß eins der Boote festsaß. Eine kurze Zeit verging. Da waren die Boote wieder deutlich zu sehen, und man bemerkte, wie sie von dem angetäuten Wal gerade in der Richtung des Schiffes gezogen wurden. Das Ungeheuer kam so dicht an den Schiffsrumpf heran, daß es schien, als ob es etwas Böses beabsichtigte. Aber mit einemmal ging es in einem Maelstrom unter und verschwand drei Ruten vor den Planken, als ob es unter den Kiel getaucht wäre.
»Abschneiden, abschneiden!« rief man vom Schiff aus den Booten zu, die in einem Augenblick nahe daran waren, an der Seite des Schiffes tödlich anzuprallen. Aber da sie noch sehr viel Seil in der Trommel hatten, und der Wal nicht sehr schnell tauchte, konnten sie ziemlich viel abwickeln, und so ruderten sie gleichzeitig mit aller Macht, um vorn vors Schiff zu kommen. Einige Minuten lang war der Kampf sehr kritisch, denn während sie die Leine in einer Richtung abwickelten und das Ruder in einer anderen Richtung handhabten, drohte die verschiedene Richtung ihnen gefährlich zu werden. Aber sie suchten nur einen Abstand von einigen Fuß zu gewinnen, und sie strengten sich so an, daß es ihnen schließlich gelang. Da spürte man mit einemmal ein heftiges schnelles Zittern, als ob der Blitz unter den Kiel geraten wäre. Die angespannte Leine unter dem Schiff wurde mit einem Male am Bug sichtbar und zitterte so stark, daß die herabfallenden Wassertropfen wie zerbrochene Glasscherben auf das Wasser fielen. Indessen wurde der Wal an der anderen Seite auch wieder sichtbar, und so wurden denn die Boote noch einmal in den Stand gesetzt, die Verfolgung aufzunehmen. Aber der erschöpfte Wal verlangsamte die Geschwindigkeit, änderte wahllos die Richtung und ging um das Heck des Schiffes herum, wobei er die beiden Boote hinter sich herzog, so daß sie einen richtigen Bogen bildeten.
Inzwischen zogen sie ihre Leinen immer mehr ein, so daß sie von zwei Seiten ihm dicht in der Flanke waren. Stubb stieß den Wal mit Flask abwechselnd mit der Lanze, und so ging rings um den »Pequod« der Kampf los. Während die Herden der Haie bisher um den Körper des Pottwales herumgeschwommen waren, stürzten sie sich nun auf das frische Blut und tranken es durstig mit jedem Strahl, so wie die gierigen Juden in der Wüste den neuen Quell ausschlürften, der aus dem Felsen, gegen den Moses geschlagen hatte, herausströmte. Schließlich wurde die Fontäne ganz dick, und der Wal legte sich mit einem schrecklichen Wälzen und Seufzen auf den Rücken und war bald eine Leiche. Als die beiden Scharfrichter damit beschäftigt waren, die Seile um die Schwanzflossen anzulegen, und auf besondere Art die Masse zum Antäuen bereitzumachen, entwickelte sich zwischen den beiden folgendes Gespräch:
»Ich möchte bloß mal wissen, was der Alte mit diesem faulen Speck will«, sagte Stubb mit einem gewissen Abscheu und dachte daran, daß er es mit einem unwürdigen Walfisch zu tun hatte.
»Will?« sagte Flask und wickelte die übrige Leine im Bug des Bootes zusammen. »Haben Sie denn niemals gehört, daß das Schiff, das schon einen Pottwalkopf an der Steuerbordseite aufgezogen hat, zu gleicher Zeit auch einen gewöhnlichen Walkopf an der Backbordseite haben muß? Haben Sie denn nie gehört, Stubb, daß solch ein Schiff niemals später kentern kann?«
»Warum denn nicht?«
»Ich weiß es nicht, aber ich hörte mal, daß der Kambodschageist von Fedallah es sagte, und der scheint sich auf den Schiffszauber zu verstehen. Aber manchmal kommt es mir so vor, als ob er für das Schiff nichts Gutes bedeutete. Ich mag den Kerl nicht so recht, Stubb. Haben Sie schon mal bemerkt, Stubb, daß sein Schneidezahn wie bei einem Schlangenkopf eingesetzt ist?«
»Der soll versaufen! Ich sehe ihn überhaupt nicht an. Aber wenn ich ihn zufällig in einer dunklen Nacht sehe, wenn er bei dem Schiffsgerüst steht und keiner bei ihm ist, dann sehen Sie mal her, Flask«, – und damit wies er in die See, mit einer charakteristischen Bewegung der beiden Hände. »Ja, das tue ich, Flask! Ich glaube, daß der Fedallah ein vermummter Teufel ist. Glauben Sie an das Ammenmärchen, daß er an Bord des Schiffes verstaut worden ist? Er ist der Teufel selbst! Daß Sie seinen Schwanz nicht sehen, liegt daran, daß er ihn verborgen aufgewickelt hat. Ich glaube, er hat ihn in der Tasche zusammengerollt. Nun, wo ich an ihn denke, fällt mir ein, daß er immer Werg nötig hat, um die Zehen in den Stiefeln auszustopfen.«
»Dann schläft er wohl in Stiefeln? Er hat keine Hängematte. Aber ich habe ihn nächtelang in einem Haufen zusammengelegter Taue liegen sehen.«
»Kein Wunder. Das ist ja wegen seines verdammten Schwanzes. Sie sehen also, daß er ihn in dem Takelwerk zusammenrollt.«
»Weshalb der Alte sich nur soviel mit ihm einläßt?«
»Müssen wohl etwas miteinander vorhaben.«
»Aber was denn?«
»Nun, Sie wissen ja, daß der Alte hinter dem weißen Wal her ist, und daß der Teufel da an ihn ranzukommen sucht, um ihm die silberne Uhr oder sogar die Seele oder sonst etwas abzunehmen und dafür den Moby-Dick auszuliefern!«
»Aber Stubb, was reden Sie da für dummes Zeug! Wie kann Fedallah so etwas tun?«
»Ich weiß es nicht, Flask. Aber der Teufel ist ein merkwürdiger Vertreter und dazu ein ganz gemeiner Schuft.« – – –
Man rief den Booten zu, sie sollten den Wal an die Backbordseite ziehen, wo die Ketten um die Schwanzflossen und andere notwendige Geräte schon bereitlägen, um den Wal zu bergen.
»Habe ich's Ihnen nicht gesagt?« sagte Flask. »Sie werden sehen, daß der Kopf des gewöhnlichen Wales gegenüber dem Kopf des Pottwales aufgezogen wird.«
In entsprechender Zeit stellte sich die Vermutung von Flask als wahr heraus. Da der »Pequod« sich unter dem Gewicht des Pottwalkopfes herüberlegte, so bekam er nun durch das Gleichgewicht der beiden Köpfe die rechte Lage des Kieles wieder, wenn er auch gehörig angespannt wurde. Und so verhält es sich auch auf philosophischem Gebiete: Wenn man auf der einen Seite den Kopf Lockes heraufzieht, fällt man nach dieser Seite. Wenn man aber auf der anderen Seite den Kopf Kants heraufzieht, so kommt man wieder ins richtige Gleichgewicht, aber man fühlt sich nicht wohl dabei.