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Achtzehntes Kapitel

Dämmerung. Am Hauptmast; Starbuck steht daran angelehnt:

»Meine Seele ist nicht besiegt; sie ist viel mehr als das; sie ist zu Boden gedrückt, und noch dazu von einem Wahnsinnigen! Es ist nicht zu ertragen, daß gesunde Vernunft in solchem Fall die Waffen streckt. Aber er hat es mir gründlich gegeben und alle Vernunft aus mir weggeblasen! Ich habe sein schändliches Ende wohl vor Augen, und fühle, daß ich ihm dabei noch behilflich sein muß. Ob ich nun will oder nicht will: das Unaussprechliche hat mich mit ihm verbunden, und ich hänge wie an einem Kabel, von dem ich mich nicht losschneiden kann.

Ich habe mein erbärmliches Amt vor Augen. Gehorchen und Rebellieren! Und noch übler ist es, wenn der Haß an Mitleid grenzt. In seinen Augen las ich ein düsteres Leid, das mich verzehren würde, wenn ich es hätte. Und doch ist Hoffnung vorhanden. Die Zeit nimmt wie die Flut einen langen Weg. Der verhaßte Wal muß in der runden Wasserwelt herumschwimmen, wie der kleine Goldfisch in der Glaskugel.

Gott kann ihn von seinem Ziel, das eine Beleidigung des Himmels ist, abbringen. Ich wollte, daß mir das Herz leichter würde, aber es ist schwer wie Blei. Das ganze Uhrwerk meines Innern zieht nach unten. Das Herz ist das Kontrollgewicht. Mir fehlt der Schlüssel, um es wieder aufzuziehen.

(Man hört von der Vorderkajüte festliches Gelage.)

Ach Gott, daß man mit solcher Mannschaft von Heiden, die kaum mit einer Menschenmutter in Berührung gekommen sind, fahren muß! Mit solchen, die von der Haiennatur des Meeres geboren sind! Der weiße Wal ist ihr Stammvater! Sieh da, das Höllengelage! Es ist vorn, und am Achterdeck ist unablässige Stille! Genau so scheint mir das Leben zu sein. Am vordersten Ende schießt der lustige Bug mit kecken Sprüngen durch das schäumende Meer und zieht den finsteren Ahab hinter sich her; in der Kajüte am Heck über dem toten Kielwasser und darüber brütet er vor sich hin und wird von den Wolfslauten des gurgelnden Wassers gejagt!

Das ewige Geheul ist entsetzlich! Ruhe, Ruhe, ihr da vom Festgelage! Und Wachen aufgestellt! Eine Stunde wie diese ist das Leben selbst, wo die Seele zu Boden geschlagen ist und Weisheit sammelt, so, wie wilde Dinge ohne Halt dazu gezwungen werden, als Nahrungsstoff zu dienen. Nun spüre ich den geheimen Schrecken, der in dir ist, Leben! Aber der Schrecken ist außer mir. Und mit dem Gefühl der Menschlichkeit will ich es versuchen und gegen die entsetzlichen Phantome der Zukunft ankämpfen! Ihr heiligen Mächte steht mir bei, haltet mich und gebt mir Kraft dazu!«


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