Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Solange das Erdreich noch weich war, brach Isak Steine und Wurzelstöcke heraus und richtete sein Land fürs nächste Jahr, und als dann der Boden gefror, ging er in den Wald und fällte große Mengen Klafterholz.
Was willst du mit all dem Holz? konnte Inger fragen. – Das weiß ich nicht so genau, antwortete Isak; aber er wußte es recht wohl. Der alte düstere Urwald stand noch zu dicht ans Haus heran und versperrte jede Erweiterung des Wiesenlandes, außerdem wollte er das Klafterholz während des Winters auf irgendeine Weise ins Dorf hinunterschaffen und es an Leute verkaufen, die kein Brennholz hatten. Isak war überzeugt, daß das ein sehr guter Gedanke sei, deshalb fällte er fleißig Bäume und hieb sie zu Klafterholz zurecht. Inger kam oft heraus und sah ihm zu, er tat zwar, als sei ihm das gleichgültig und als sei das gar nicht notwendig von ihr, aber sie fühlte doch, daß sie ihm dadurch wohltat.
Manchmal fielen dabei merkwürdige Worte zwischen ihnen. Hast du nichts anderes zu tun, als hier herauszulaufen und dich zu Tode zu frieren? sagte Isak. – Ich friere nicht, antwortete Inger, aber du wirst dich noch krank schaffen. – Jetzt ziehst du gleich meine Jacke an, die dort drüben liegt. – Das fiele mir gerade noch ein, ich kann doch nicht hier bleiben, wenn Goldhorn eben am Kalben ist. – Ach so, Goldhorn ist am Kalben? – Hast du das nicht gewußt? Und was meinst du, sollen wir das Kalb aufziehen? – Das machst du, wie du willst, ich weiß es nicht. – Aber wir können doch das Kalb nicht aufessen, so viel ist gewiß. Denn dann hätten wir immer wieder nur eine einzige Kuh. – Und ich bin auch fest überzeugt, du möchtest gar nicht, daß wir das Kalb aufäßen, sagte Isak.
Diese einsamen Menschen, so ungeschlacht und zu sehr ihren Trieben ergeben, aber voller Güte gegeneinander, gegen das Vieh und gegen die Erde!
Dann brachte Goldhorn ein Kalb zur Welt. Das war ein bedeutungsvoller Tag im Ödland, eine überaus große Freude und ein großes Glück. Goldhorn bekam guten Mehltrank, und Isak sagte: Spar nicht am Mehl! obgleich er es auf seinem Rücken heraufgetragen hatte. Da lag nun ein hübsches Kalb, eine Schönheit von einem Kalb, rosig war es auch, sonderbar verwirrt nach dem Wunder, das es durchgemacht hatte. In ein paar Jahren würde es selbst Mutter sein. Dieses Kalb wird eine prachtvolle Kuh werden, sagte Inger, und ich weiß gar nicht, wie es heißen soll, sagte sie. Inger war etwas kindisch und hatte für so etwas nur eine schlechte Erfindungsgabe. – Heißen? sagte Isak. Du kannst keinen passenderen Namen finden als Silberhorn.
Nun fiel der erste Schnee, und sobald der Schnee fest und tragfähig war, zog Isak hinunter ins Dorf. Er tat geheimnisvoll wie immer und wollte Inger nicht sagen, was er im Sinn hatte. Und er kehrte zurück, zur größten Überraschung – mit Pferd und Schlitten. Ich glaube, du treibst deinen Scherz, sagte Inger, und du hast doch wohl das Pferd nicht genommen? – Ich, das Pferd genommen! – Gefunden, meine ich! Ach, wenn Isak jetzt hätte sagen können: mein Pferd, unser Pferd! Aber er hatte es nur für einige Zeit leihweise bekommen, er wollte sein Klafterholz mit ihm hinunterführen.
Isak fuhr Klafterholz ins Dorf und brachte dafür allerlei Eßwaren und Mehl und Heringe mit herauf. Und einmal kam er mit einem jungen Stier auf dem Schlitten, er hatte ihn unglaublich billig bekommen, weil im Dorf bereits Futtermangel herrschte. Mager und zottig war der Stier, und er konnte nicht so recht brüllen, aber er war keine Mißgeburt und würde sich bei guter Pflege bald herausmachen, er war eben zweijährig. Inger sagte: Du bringst doch alles mit.
Ja, Isak brachte alles; er brachte Planken und Bretter, die er für Klafterholz eingetauscht hatte, er brachte einen Schleifstein, ein Waffeleisen, Handwerkszeug, alles für Klafterholz eingetauscht. Inger schwoll vor Reichtum, und sie sagte jedesmal: Bringst du noch mehr? Jetzt haben wir einen Stier und alles, was wir uns nur denken können! – Und eines Tages antwortete Isak: Nein, jetzt bringe ich übrigens nichts mehr.
Sie hatten jetzt genug für lange Zeit und waren wohlgeborgene Leute. Was würde sich Isak nun im Frühjahr vornehmen? An die hundertmal hatte er es sich ausgedacht, wenn er hinter seiner Holzfuhre hergeschritten war: er wollte auf der Halde weiter umroden, wollte den Boden urbar machen, Klafterholz zurecht machen, es im Sommer trocknen lassen und im nächsten Winter noch einmal so viel hinunterfahren. Die Rechnung stimmte, es war kein Fehler darin. Und an die hundertmal hatte Isak auch an etwas anderes gedacht, nämlich an die Kuh Goldhorn. Woher kam sie, wem gehörte sie? So eine Frau wie Inger gab es nicht mehr, o sie war ein tolles Mädchen, und sie wollte alles, was er von ihr wollte und war zufrieden damit. Aber eines schönen Tages konnte jemand kommen und Goldhorn zurückverlangen und sie an einem Strick davonführen. Und viel Schlimmeres konnte daraus erwachsen. Du hast doch wohl das Pferd nicht genommen oder es gefunden? hatte Inger gesagt. Das war ihr erster Gedanke gewesen, man konnte ihr wohl nicht so recht glauben, und was sollte er tun? Daran hatte er gedacht. Hatte er nicht auch einen Stier für Goldhorn, vielleicht für eine gestohlene Kuh erstanden?
Und nun mußte das Pferd zurückgegeben werden. Das war schade, denn das Pferd war klein und rund und sehr zutraulich geworden. O ja, aber du hast schon sehr Großes damit geleistet, sagte Inger tröstend. – Aber im Frühjahr sollte ich eben das Pferd haben, da würde ich es so notwendig brauchen! versetzte Isak.
Im Morgendämmern fuhr er mit seiner letzten Holzladung langsam von zu Hause fort und blieb zwei volle Tage weg. Als er wieder zu Fuß heimwärts wanderte, hörte er vor dem Hause einen sonderbaren Ton. Was konnte das sein? Er blieb lauschend stehen. Kindergeschrei – ach ja, Herrgott im Himmel, es war nicht anders, aber es war schrecklich und sonderbar, und Inger hatte nichts gesagt.
Er trat ein und sah zuerst die Kiste, die vielbesprochene Kiste, die er auf seiner Brust heraufgetragen hatte! Sie hing nun an zwei Stricken vom Dachfirst herunter und war eine Wiege und eine Schaukel für das Kind. Inger ging halbangekleidet umher, ja, sie hatte wahrhaftig auch die Kuh und die Ziegen gemolken!
Als das Kind schwieg, fragte Isak: Hast du das alles schon getan? – Ja, jetzt ist es getan. – So. – Es kam an dem Tag, an dem du wegfuhrst, am Abend. – So. – Ich mußte mich nur noch recken, um die Kiste aufzuhängen, dann war alles vorbereitet; aber das konnte ich nicht ertragen, es wurde mir übel danach. – Warum hast du mir nichts davon gesagt? – Konnte ich denn die Zeit so genau wissen? Es ist ein Junge. – Ach so, es ist ein Junge. – Und wenn ich jetzt nur wüßte, wie er heißen soll! sagte Inger.
Isak durfte das kleine rote Gesicht sehen; es war wohlgeformt und hatte keine Hasenscharte, und es hatte dichtes Haar auf dem Kopf. Ein hübscher kleiner Kerl war er, seinem Stand und seiner Stellung nach, wie er da in seiner Kiste lag. Isak war es ganz seltsam zumute, und er fühlte sich ordentlich schwach; der Mühlengeist stand vor dem Wunder; es war einmal in einem heiligen Nebel entstanden, es zeigte sich im Leben mit einem kleinen Gesicht wie ein Sinnbild. Tage und Jahre würden das Wunder zu einem Menschen machen.
Komm und iß etwas, sagte Inger ...
Isak fällt Bäume und schichtet Klafterholz. Er ist jetzt weiter gekommen, als er war. Er hat eine Säge. Er sägt Brennholz, und die Klafterbeugen werden gewaltig groß, er macht eine Straße aus ihnen, ein ganzes Dorf. Inger ist jetzt mehr ans Haus gebunden und kann den Mann nicht bei seiner Arbeit besuchen, aber dafür macht Isak kleine Abstecher zu ihr. Putzig mit so einem winzigen Kerl in einer Kiste! Es konnte Isak nicht einfallen, sich um ihn zu kümmern, und außerdem war es ja nur ein kleiner Wurm, mochte er da liegen bleiben! Aber man war doch ein Mensch und konnte das Geschrei nicht teilnahmslos mit anhören, so ein kleines Geschrei.
Nein, faß ihn nicht an! sagte Inger. Denn du hast gewiß Harz an den Händen, sagt sie. – Ich, Harz an den Händen? Du bist wohl verrückt! erwiderte Isak. Seit das Haus fertig geworden ist, habe ich kein Harz mehr an den Händen gehabt. Gib den Jungen her, dann will ich ihn in Schlaf wiegen! – Nein, jetzt ist er gleich still ...
Im Mai kommt eine fremde Frauensperson übers Gebirge zu der einsamen Ansiedlung; sie ist eine Verwandte von Inger und wird gut aufgenommen. Sie sagt: Ich wollte nur sehen, wie es Goldhorn geht, seit sie von uns fortgekommen ist! – Die Leute fragen nicht viel nach dir, nach so einem kleinen Kerl, flüstert Inger betrübt dem Kinde zu. – Ach, er – nun das seh ich ja, wie es ihm geht. Es ist ein prächtiger Junge, das seh ich! Und wenn mir jemand das vor einem Jahr gesagt hätte, daß ich dich hier wiederfinden würde, Inger, mit Mann und Kind und Haus und allem übrigen! – Von mir sollst du nicht reden, das ist nicht der Mühe wert. Aber da ist nun er, der mich so genommen hat wie ich war! – Seid ihr getraut? So, ihr seid noch nicht getraut? – Aber wir werden jetzt sehen, wenn der Kleine getauft wird, sagt Inger. Wir haben uns schon trauen lassen wollen, aber es hat sich nicht einrichten lassen. Was sagst du dazu, Isak? – Ja, trauen lassen – versteht sich. – Kannst du nicht nach der Heuernte hierherkommen, Oline, und das Vieh versorgen, während wir die Reise machen? fragte Inger. – O doch, das versprach der Besuch. – Wir werden dich dafür schadlos halten. – Ja, das wisse sie wohl ... Und nun wollt ihr noch weiter bauen, sehe ich. Was baut ihr denn? Habt ihr noch nicht genug? – Inger schüttelt den Kopf und sagt: Ja, frag du ihn, ich bekomme es nicht zu wissen. – Was ich baue? sagt Isak, es ist nicht der Rede wert. Einen kleinen Schuppen, für den Fall, daß ich einen brauche. Aber du hast ja nach Goldhorn gefragt, willst du sie sehen? fragt er den Gast.
Sie gehen in den Stall, Kuh und Kalb werden gezeigt. Der Stier ist ein prächtiges Stück Vieh, der Gast nickt wohlgefällig über das Vieh und den Stall, sagt, sie seien von bester Art, und die ausgesuchte Reinlichkeit, die sei großartig. Ich stehe bei Inger für alles ein, was gute und erfahrene Behandlung der Tiere betrifft, sagte die Verwandte.
Isak fragt: So, also die Kuh Goldhorn ist vorher bei dir gewesen? – Ja, von ihrer Geburt an! Ja, nicht gerade bei mir, sondern bei meinem Sohn; aber das ist dasselbe. Wir haben sogar noch ihre Mutter in unserm Stall!
Isak hatte seit langer Zeit keine angenehmere Botschaft gehört, und ein Stein fiel ihm vom Herzen, jetzt war Goldhorn mit Recht seine und Ingers Kuh. Um die Wahrheit zu sagen, so hatte er sich halb und halb den traurigen Ausweg aus seiner Ungewißheit ausgedacht gehabt, Goldhorn im Herbst zu schlachten, die Haare von der Haut zu schaben, die Hörner in der Erde zu vergraben und so jegliche Spur von der Kuh Goldhorn zu vertilgen. Jetzt war dies unnötig. Er wurde so stolz auf Inger, daß er sagte: Reinlich? Ja, so wie sie gibt es keine mehr. Es muß mir wahrhaftig vorher bestimmt gewesen sein, daß ich eine vermögliche Frau bekommen sollte! – Das war nicht anders zu erwarten! sagt die Verwandte.
Diese Frau von jenseits des Gebirges, eine freundliche Person mit wohlgesetzter Rede, ein verständiges Menschenkind namens Oline, sie blieb nun ein paar Tage da und schlief in der Kammer nebenan. Als sie wieder fortging, bekam sie etwas Wolle von Ingers Schafen, die sie jedoch, einerlei aus welchem Grunde, vor Isak verbarg.
Das Kind, Isak und die Frau – die Welt wurde dann wieder dieselbe, tägliche Arbeit, viele kleine und große Freuden, Goldhorn gab reichlich Milch, die Ziegen hatten junge Zicklein und gaben auch reichlich Milch, Inger verfertigte eine Reihe weißer und roter Käse und stellte sie zum Reifen auf. Ihr Plan war, so viele Käslaibe herzustellen, daß sie sich einen Webstuhl dafür kaufen konnte – o diese Inger, sie konnte weben!
Und Isak baute einen Schuppen, auch er hatte wohl einen Plan. Er errichtete den neuen Anbau an die Gamme mit einer doppelten Bretterwand, machte eine Tür hinein und ein nettes kleines Fenster mit vier Scheiben; dann legte er vorläufig ein Notdach darauf, und wartete mit der Birkenrinde, bis der Boden auftauen würde und er Wasen ausstechen könnte. Nur das Notwendigste wurde gemacht, kein Bretterboden, keine gehobelten Wände, aber Isak zimmerte einen Stand wie für ein Pferd und machte eine Krippe.
Es war schon Ende Mai, als die Sonne die Hügel aufgetaut hatte und Isak seinen Schuppen mit Vasen decken konnte; nun war das neue Gebäude fertig. Dann eines Morgens aß er eine Mahlzeit, die einen Tag ausreichen konnte, nahm außerdem noch Mundvorrat mit, legte Hacke und Spaten über die Schulter und ging ins Dorf.
Kannst du vier Ellen Zitz mitbringen? rief ihm Inger nach. – Was willst du damit? versetzte Isak.
Es sah aus, als wollte er für immer fortbleiben. Inger sah jeden Tag nach dem Wetter, nach der Windrichtung, als erwarte sie ein Schiff, ging in der Nacht hinaus und lauschte, sie dachte daran, das Kind auf den Arm zu nehmen und ihm nachzulaufen. Endlich kehrte er zurück mit Pferd und Wagen. Ptro! sagte Isak laut vor der Tür, und obgleich das Pferd ruhig und fromm dastand und wiedererkennend nach der Hütte wieherte, rief Isak ins Haus hinein: Kannst du herauskommen und das Pferd ein wenig halten!
Inger kam heraus. Was ist das? rief sie. Sag, hast du es wirklich wieder entlehnen können? Wo bist du denn die ganze Zeit gewesen? Heut ist der siebente Tag. – Wo sollte ich gewesen sein? Ich mußte an vielen Stellen erst den Weg bahnen, um mit meinem Wagen durchzukommen. Halt das Pferd ein wenig, hab ich gesagt! – Mit deinem Wagen? Du hast doch, soviel ich weiß, den Wagen nicht gekauft?
Isak blieb stumm, ganz geschwollen vor Stummheit. Er fängt an, den Karren abzuladen; Pflug und Egge, die er sich angeschafft hat, Nägel, Eßwaren, einen Spaten, einen Sack voll Saatkorn. Wie geht es dem Kinde? fragt er.
Das Kind leidet keine Not. Hast du den Karren gekauft? frage ich. Und ich quäle und quäle mich um einen Webstuhl ab, sagt sie richtig scherzhaft, so froh war sie, daß er wieder daheim war.
Isak schwieg wieder eine lange Weile und war mit sich selbst beschäftigt. Er überlegte und schaute sich um, wo er alle die Waren und die Geräte unterbringen sollte. Es schien gar nicht so leicht, auf dem Hofe Platz für alles zu finden. Aber als Inger es aufgab, noch weiter zu fragen und statt dessen mit dem Pferde plauderte, brach Isak das Schweigen und sagte: Hast du schon einen Hof ohne Pferd und Wagen und Pflug und Egge und alles, was noch dazu gehört, gesehen? Und da du es wissen willst, ja, ich habe das Pferd und den Karren und alles, was darauf ist, gekauft. – Danach konnte Inger nur den Kopf schütteln und sagen: Um alles in der Welt!
Und nun war Isak nicht klein und verzagt, es war, als habe er wie ein großer Herr für Goldhorn bezahlt: Bitte – in runder Summe meinerseits ein Pferd! Er war so muskelstark, daß er den Pflug noch einmal aufnahm, ihn mit einer Hand an die Hauswand trug und da aufstellte. So ein Herrscher war er! Und dann trug er die Egge, den Spaten, eine neue Heugabel, die er gekauft hatte, alle die teueren landwirtschaftlichen Geräte, die Kleinode, in den Neubau. Großartig, o volle Ausrüstung, jetzt fehlte nichts mehr!
Hm. Und es wird wohl auch zu einem Webstuhl reichen, sagte er, vorausgesetzt, daß ich gesund bleibe. Da ist der Zitz, sie hatten nichts anderes als diesen blauen Kattun.
Er war grundlos und schöpfte immer mehr. So war's immer, wenn er vom Dorf kam.
Inger sagte: Es war recht schade, daß die Oline nicht das alles zu sehen bekam, solange sie hier war.
Lauter Getue und Eitelkeit von seiten des Weibes, und der Mann lächelte verächtlich über ihre Worte. O, aber er hätte gewiß nichts dagegen gehabt, wenn Oline diese ganze Herrlichkeit gesehen hätte.
Das Kind weinte.
Geh wieder zu dem Jungen hinein, sagte Isak. Denn nun hat sich das Pferd beruhigt.
Er spannt aus und führt das Pferd in den Stall hinein – stellte sein Pferd in den Stall. Er füttert und striegelt es und liebkost es. Was er für Pferd und Karren schuldig war? Alles, die ganze Summe, eine sehr große Schuld, aber sie sollte nicht älter werden, als bis Ende des Sommers. Er hatte Klafterholz dafür, etwas getrocknete Birkenrinde zum Bauen vom vorigen Jahr und schließlich noch einige gute Stämme. Aber das hielt nicht vor. Als sich später die Spannkraft und der kecke Mut etwas gelegt hatten, stellte sich manche bittere Stunde der Furcht und Besorgnis ein; jetzt kam alles auf den Sommer und den Herbst an!
Die Tage waren mit Feldarbeit ausgefüllt, mit immer mehr Feldarbeit! Er reinigte neue Strecken von Wurzeln und Steinen, pflügte sie um, düngte, pflügte, hackte, zerkleinerte Klumpen mit den Händen und mit den Absätzen, war überall ein fleißiger Ackermann und machte den Acker so glatt wie Plüsch. Dann wartete er ein paar Tage, und als es nach Regen aussah, säte er Korn.
Seit mehreren hundert Jahren hatten wohl seine Vorfahren Korn gesät. Das war eine Arbeit, die an einem milden, windstillen Abend in Andacht vollbracht wurde, am liebsten bei einem geeigneten feinen Staubregen, so es möglich war, am liebsten gleich wenn die Wildgänse gezogen kamen. Die Kartoffel war eine neue Frucht, da war nichts Geheimnisvolles dabei, nichts Religiöses. Frauen und Kinder konnten beim Legen dabei sein, beim Legen dieser Erdäpfel, die von einem fremden Lande kamen, gerade wie der Kaffee, ein großartiges, herrliches Lebensmittel, aber von der Familie der Rüben. Korn, das war das Brot, Korn oder nicht Korn, das war Leben oder Tod. Isak schritt barhäuptig und in Jesu Namen dahin und säte; er war wie ein Baumstumpf mit Händen, aber innerlich war er wie ein Kind. Auf jeden seiner Samenwürfe verwendete er größte Sorgfalt, er war freundlich und ergeben gestimmt. Seht, jetzt keimt das Korn und wird zu Ähren mit vielen Körnern, und so ist es auf der ganzen Welt, wenn Korn gesät wird. Im Morgenland, in Amerika, im Gudbrandstal – ach, wie groß die Erde ist, und das winzig kleine Feld, auf das Isak säte! Das war der Mittelpunkt von allem. Fächer von Körnern strahlten aus seiner Hand. Der Himmel war bewölkt und günstig, es sah nach einem ganz feinen Staubregen aus.