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«Hansli Jowäger wohnte zu Gutmütigen» heißt es in Gotthelfs Erzählung. Ohne Gutmütigkeit hätte er eine «Regänte» wie Annebäbi nicht ertragen. Seine Diplomatie bestand darin, daß er auf eine ungeheuerliche Behauptung, einen faustgroben Anwurf Annebäbis zuerst «Jo wäger» sagte und dann vielleicht langsam sein «Aber» hervorbrösmete. Annebäbi brauchte solch einen gutmütigen Mann, sonst hätte es alle Augenblicke Blitz und Donner gegeben. Denn sie war eine konsequente Neinsagerin, ihre Lust und Freude, ihr Bedürfnis war das Andrer-Meinung-sein.
Aber was sagte eigentlich Hansli mit seinem «Jo wäger»? Das Wort «wäger» ist schwäbisch-alemannisch, in die Schriftsprache ist es nicht eingedrungen. Es ist eine Steigerungsform von dem alten Eigenschaftswort «wäge», das in der verneinenden Form «unwage» schon Notker von St. Gallen gebraucht hat und das dort erklärt wird als «vacua totius ponderis», also gewichtslos. Somit heißt «wäge» gewichtig, die Waagschale zum Neigen bringend, geneigt; daher bildlich: zugeneigt, freundlich. Im Nibelungenlied steht von der freudigen Ueberraschung Siegfrieds
daß im diu was sô waege,
die er im herzen truoc
(daß ihm Krimhild, die er im Herzen getragen, geneigt war). Sehr häufig wurde die Steigerungsform «wäger» gebraucht: mir wäre wäger der Tod (mir wäre besser zu sterben), nämlich als so weiter zu leben. Allein der Vergleich konnte auch wegfallen, und dann hieß «wäger» so viel wie «gut». So wurde «wäger» zu einem bloßen 156 Ausdruck der Bekräftigung; das Gefühl für seine Komparativbedeutung verlor sich, und man brauchte es wie «wahrlich, sicher, gewiß», «Jo wäger» also im Sinn von Ja gewiß, wahrhaftig!
An die Herkunft und Grundbedeutung werden wir noch erinnert durch die im Schweizerdeutschen fortlebende Formel «die Wägsten und die Besten», wo man an die Gewiegtesten denkt, deren Person und Wort Gewicht hat.
Daß ein Wort in Komparativform durch beziehungslosen Gebrauch seinen komparativischen Sinn verlieren kann, beweist z.B. «leider», eigentlich Steigerungsform von «leid», aber heute, ohne Vergleich gebraucht, ein adverbieller Ausdruck der Trauer: Leider, leider, auch Leider Gottes! Man denke auch an «minder» = gering, gemein, ursprünglich «minner»: kleiner, geringer, dann mit eingeschaltetem d wie in franz. moindre aus lat. minor. Oder man denke an den heutigen Gebrauch von «ehnder» und «ander» in Sätzen wie: «Das git de en anderi Büez, die Stöck da usez’mache!» oder «Dä het ihm anders d’Meinig gseit, potz nu!» (anders als was? als wer?). «Die Sach wird mer ehnder z’dumm, i wott hei!» (wird mir nachgerade zu dumm). «Es isch ehnder e Blamaasch gsi für ne» (eher als was?).