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Daß ein «Näppel» ein Napoleon ist, das heißt ein goldenes Zwanzigfrankenstück (mit oder ohne kaiserliches Bildnis), weiß in der Schweiz, so selten die Sache geworden ist, ein jeder. Aber daß der «Näpper» einen Bohrer bedeutet, also ein Werkzeug, mit dem jedermann zu tun hat, ist heute nur noch wenigen bekannt. Das Wort, durch das entsprechende schriftdeutsche verdrängt und im Aussterben begriffen, hat eine lange und merkwürdige Geschichte und verdient deshalb ein Denkmal.
In der Schweiz kommt es in mannigfachen Spielarten vor. Neben «Näpper» (im Mittelland) hört man z.B. auch «Ne-uwer» (Äschi), «Näjer» (Emmental), «Neiber» (Saanen). Die ältesten sind wohl die aus dem Wallis und aus Graubünden bezeugten «Nägwer» oder «Näggwer»; allein man muß auf das Altdeutsche zurückgreifen, um die Bestandteile, aus denen das Wort zusammengesetzt ist, zu erkennen; nämlich auf mittelhochdeutsches nabegêr und althochdeutsches nabugêr, aus denen sich Nabe und Ger herausschälen lasten. Nabe oder deutlicher Radnabe ist bekanntlich das Mittelstück des Rades mit dem runden Loch für die Radachse. Und Ger, der germanische Wurfspieß, in vielen Eigennamen fortlebend, wie Gerhart, Gerbert, Gertrud, konnte auch ein der Wurfspießklinge ähnliches Werkzeug bezeichnen oder wurde bildlich auf spitze Bergformen (Gerenhorn, Gerihorn) und Felder von dreieckig zugespitzter Form (Gerendorf, Gerental) übertragen. Nabugêr war demnach ursprünglich das schneidende Werkzeug zum Ausbohren der Nabe. Zuletzt bezeichnete es den Bohrer schlechthin.
Allein Nabeger kann sich nicht ohne weiteres zu Näpper gewandelt haben. Es muß eine Umstellung der Laute vorausgegangen sein. In der Tat steht im Mittelhochdeutschen neben nabe-gêr auch nage-ber, nege-ber, woraus durch Ausfall des unbetonten e und Angleichung von g an b ein neper geworden, ist. Solche Umstellungen finden wir viele in unsrer wie in andern Mundarten: blitzge aus blickezen, Lätzge aus Lektion, Fäkte aus Fätche (Fittich), 117 stürchle aus struuchle (straucheln), Gschlav aus Sklav und alle die Verbindungen von Präpositionen mit persönlichen Pronomen: imene aus in-eme, bimene Haar aus bi-n-eme Haar, zumene Rock aus zu-n-eme Rock, amenen Abe aus an-emen Abe.
Noch bekannter sind die Angleichungen und der Ausfall von Konsonanten, die der Aussprache Schwierigkeiten bereiten; man denke an Haußet aus Hanfsaat, Mammert aus Mannwerch, Pfemmert aus Pfenningwert, nimmeh aus nit meh, oder zum Beispiel an englisches women (sprich uimen), aus wîf-man, handkerchief aus hand-cover-chief und dergleichen.
Wir können bei Nabe und Achse noch daran erinnern, daß beide eine wohlbekannte Ableitung mit -el aufweisen: Nabel und Achsel. In beiden Fällen hat die Ähnlichkeit von Werkzeug und Körperteil eine Bedeutungsübertragung verursacht. Der Nabel ist wie die Nabe ein Mittelpunkt, dazu ein Loch. Als Mittelpunkt heißt auch der Schildbuckel etwa Nabel (z.B. bei Voß) und in der Baukunstsprache das Schlußstück einer Kuppel; berühmte Orakelstätten des Altertums und Weltstädte der Neuzeit nahmen die Ehre in Anspruch, Nabel der Erde zu sein. Die Achsel aber, als die Stelle unseres Leibes, wo sich der Arm im Kreise drehen kann wie das Rad um die Achse, erklärt sich von selbst aus seinem Stammwort.