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111.
Leicht wär's mit Narrheit sich befassen,
Könnt man auch leicht von Narrheit lassen,
Doch wenn dies einer auch beginne,
Wird er gar vieler Hindrung inne.

Entschuldigung des Dichters

Der ist ein Narr und großer Tor,
Wer einen Werkmann lohnt zuvor,
Denn der gar oft die Sorgfalt spart, Im Original: Der macht nit werschafft uff dem merckt, d. h., der bietet keine Garantie für den Wert seiner Waren und hat kein Vertrauen auf dem Markt.
Wer nicht auf künftgen Lohn mehr harrt.
Gar wenig wird für Geld getan,
Das schon verzehrt ist und vertan,
Und dem Werk bald der Stillstand droht,
Wo man zuvor schon aß das Brot.
Drum, hätte man mir wollen lohnen,
Daß ich der Narren sollte schonen,
Ich hätt mich wenig dran gekehrt,
Auch war das Geld jetzt doch verzehrt,
Hätt nicht mehr Sicherheit gewährt, Nämlich daß der Dichter die Narren schonen würde.
Weil alles, was da ist auf Erden,
Für Torheit muß geachtet werden.
Hätt ich dies Buch um Geld gemacht,
Nur wenig Lohn hätt ich gesehn
Und hätt es längst wohl lassen stehn,
Aber dieweil es ist geschehn
Zu Gottes Ehr und Nutz der Welt,
So hab ich weder Gunst noch Geld
Noch ander Gut gesehen an,
Was Gott mir wohl bezeugen kann,
Und weiß doch, daß ich nicht kann bleiben
Ganz ungetadelt in meinem Schreiben.
Von Guten will ich das hinnehmen,
Mich ihres Einspruchs nimmer schämen;
Denn Gott ruf ich zum Zeugen an:
Wenn man hier Lügen finden kann,
Oder etwas wider Gottes Lehre,
Der Seelen Heil, Vernunft und Ehre,
So will ich Tadel gern erdulden;
Am Glauben möcht ich nichts verschulden
Und bitte hiermit jedermann,
Daß man für gut es nehme an
Und leg es nicht zum Argen aus
Noch ziehe Ärgernis daraus.
Denn darum hab ichs nicht gemacht!
Aber ich weiß, mir wirds verdacht
Gleichwie der Blume, die schön blüht,
Aus der das Bienlein Honig zieht,
Doch kommen dann darauf die Spinnen,
So suchen sie Gift draus zu gewinnen.
Das wird auch hierbei nicht gespart,
Ein jeder tut nach seiner Art,
Und wo nichts Gutes ist im Haus,
Trägt man auch Gutes nicht hinaus.
Wer nicht gern hört von Weisheit sagen,
Wird über mich gar oftmals klagen,
Doch hört man seinen Worten an,
Was er sei für ein Gaukelmann.
Ich hab gesehen manchen Tor,
Der sich gehoben stolz empor,
Wie auf dem Libanon die Zeder,
In Narrheit höher als ein jeder,
Doch als geharrt ich kurze Frist,
Das Prahlen ihm vergangen ist,
Man könnt auch finden nicht die Statt,
Wo dieser Narr gewohnet hat. Vgl. Psalm 37, 35. 36.
Wer Ohren hat, der hör' und lerne!
Ich schweig, der Wolf ist mir nicht ferne! Eine Anspielung auf das bekannte Sprichwort: Wenn man vom Wolfe spricht, so ist er nicht weit; hier auf die Narren bezogen.
Ein Narr tadelt manchen vor der Zeit,
Er kennt nicht dessen Freud noch Leid,
Müßt jeder sein des andern Rücken,
So wüßt er, was den täte drücken.
Wer will, der les' dies Narrenbuch,
Ich weiß wohl, wo mich drückt der Schuch,
Darum, wenn man will schelten mich
Und sprechen: »Arzt, heil selber dich, Lukas 4, 23; vgl. Kap. 21.
Denn du bist auch in unsrer Rott!«
So weiß ich und bekenn es Gott,
Daß ich viel Torheit hab begangen
Und muß im Narrenorden prangen,
Wie sehr ich mag die Kappe rütteln,
Ganz kann ich sie vom Kopf nicht schütteln.
Doch hab ich Ernst verwandt und Fleiß,
So daß ich, wie nun jeder weiß,
Der Narren Arten kenne viel
Und Lust hab, wenn es Gott nur will,
Zu bessern mich in künftger Zeit,
Sofern Gott Gnade mir verleiht.
Ein jeder achte nur auf dies,
Daß ihm nicht bleib' der Narrenspieß, der narren sträl, eigentlich Kamm, wohl als Werkzeug des Durchhechelns genannt.
Daß nicht veralt' in seiner Hand
Der Kolben – des sei er ermahnt!
So schließt Sebastianus Brant,
Der jedem zu der Weisheit rät,
Wer er auch sei und wo er steht:
Kein guter Werkmann kommt zu spät!


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