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71.
Gar oft die Hechel der empfind't,
Wer immer zanket wie ein Kind
Und machen will die Wahrheit blind.

Zanken und vor Gericht gehn

Von solchen Narrn will ich auch sagen,
Die in jeder Sache wollen tagen D.h. einen Gerichtstag anberaumen, prozessieren.
Und nicht mit Güte sich vergleichen,
Um einem Zank gar auszuweichen;
Damit die Sache lang sich ziehe,
Man der Gerechtigkeit entfliehe,
Lassen sie bitten sich, treiben, mahnen,
Ächten, ausläuten und verbannen, Die Ächtung erfolgte durch das weltliche Gericht, die Verbannung durch das geistliche. Der Kirchenbann wurde durch Glockengeläut bekanntgegeben.
Versteifen sich drauf, daß sie das Recht
Wohl biegen, daß es nicht bleib schlecht, D.h. schlicht, gerade.
Als ob es wär eine wächserne Nase.
Sie denken nicht, daß sie der Hase,
Der in der Schreiber Soße schwimmt.
Vogt, Advokat, wer sonst noch stimmt
Und hat Gewalt, Der vogt / gwalthaber / und fürmundt / Und advocat: der erstere bezeichnet den Richter, während zwischen dem Bevollmächtigten, dem Fürsprecher und dem Advokaten kein wesentlicher Unterschied besteht. will auf dem Tisch
Auch haben einen Zuber Fisch.
Die können dann die Sache breiten,
Ihr Garn wohl nach dem Wildbret spreiten,
So daß ein Sächlein wird zur Sache,
Ein kleines Rinnsal wird zum Bache.
Man muß jetzt teure Redner dingen
Und sie von fernen Landen bringen,
Daß sie die Sache wohl verklügen D.h. durch spitzfindige Reden drehen und wenden.
Und mit Geschwätz die Richter trügen.
Dann muß man viele Tag' anstellen,
Damit der Tagsold mög' anschwellen
Und werd verritten und verzehrt,
Mehr, als die Sache selbst ist wert.
In Petterle In Petersilie; aber mit Anspielung auf die lat. Wendung in petitorio = in Sachen des Klägers. verzehrt mancher mehr,
Als der Prozeß ihm bringt nachher,
Und meint die Wahrheit doch zu blenden,
Wenn er die Sach nicht bald läßt enden.
Ich wollt, wem wohl mit Zanken wär,
Daß der am Arsch trüg Hecheln schwer!


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