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65.
Viel Aberglauben man jetzt braut;
Aus Sternen man die Zukunft schaut;
Ein jeder Narr fest darauf baut.

Von Beobachtung des Gestirns

Der ist ein Narr, der mehr verheißt,
Als er in seinen Kräften weiß
Oder er je vollbringen kann.
Verheißen steht den Ärzten an,
Doch ein Narr verspricht an einem Tag
Mehr, als die Welt je leisten mag.
Das Künftge füllt jetzt jedes Hirn,
Was Firmament sowie Gestirn
Und der Planeten Lauf uns sage
Oder Gott in seinem Rat anschlage.
Man meinet, daß man wissen solle,
Was Gott all mit uns wirken wolle,
Als ob Gestirn Notwendiges bringe
Und ihm nachgingen alle Dinge
Und Gott nicht Herr und Meister war,
Der eines leicht macht, andres schwer,
Und schafft, daß manch Saturnuskind Das Gestirn des Saturnus galt als unheilvoll.
Doch fromm-gerecht sein Heil gewinnt,
Dagegen Sonn' und Jupiter Jupiter und die Sonne sollten den in ihren Zeichen geborenen Kindern Glück bringen.
Oft böse Kinder haben mehr.
Einem Christenmenschen nicht zusteht,
Daß er mit Heidenkunst umgeht
Und merkt auf der Planeten Lauf,
Ob dieser Tag sei gut zum Kauf,
Zum Bauen, Kriegen, Eheschließen,
Zur Freundschaft und was ähnlich diesen.
All unser Wort, Werk, Tun und Lassen
Soll sein aus Gott und Gott umfassen.
Darum auch der Gott nicht vertraut,
Wer so auf die Gestirne baut,
Daß Stunden, Monde, Tag und Jahre
So glücklich seien, daß man wahre
Sich vor und nach und läßt das sein,
Was nicht zu dieser Zeit kann sein,
Daß es nur nicht geschehen mag
An einem unglücksvollen Tag. verworffen tag, lat. dies nefastus, der unter einer unheilvollen Konstellation steht.
Denn wer nicht etwas Neues bringt
Und um das Neujahr geht und singt
Und Tannengrün steckt an sein Haus,
Der meint, er leb' das Jahr nicht aus;
Das hielt Ägypten Die Ägypter galten als besonders abergläubisch. schon für wahr!
Desgleichen, wem zum neuen Jahr
Von anderen nichts wird geschenkt,
Der meint, daß schlecht das Jahr anfängt.
So gibts Unglauben allerlei
Mit Wahrsagung und Vogelschrei,
Mit Formeln, Segen, Träumenbuche,
Und daß man bei dem Mondschein suche Mitt caracter / sägen / treümerbuoch / Und das man by dem mondschyn suoch, vgl. Anm. 5 zu Kap. 38.
Oder der schwarzen Kunst nachjage;
Nichts gibt es, dem man nicht nachfrage.
Ein jeder schwört, es fehl ihm nit,
Doch fehlts um einen Bauernschritt. Mitt caracter / sägen / treümerbuoch / Und das man by dem mondschyn suoch, vgl. Anm. 5 zu Kap. 38.
Nicht daß der Sterne Lauf allein
Sie deuten – jedes Ding so klein,
Das Allerkleinste im Fliegenhirn
Will man jetzt lesen aus dem Gestirn,
Und was man reden, raten werde,
Wie einer Glück hab – die Gebärde
Und Absicht, Unfall, Kränklichkeit
Wird frevelnd aus Gestirn prophezeit.
In Narrheit ist die Welt ertaubt D. h. unsinnig, toll geworden.
Und jedem Narren man jetzt glaubt.
Viel Praktik So nannte man die Kalenderregeln und Wetterprophezeiungen. und Weissagekunst
Verbreitet jetzt der Drucker Gunst;
Die drucken alles, was man bringt
Und was man schändlich sagt und singt.
Da schaut nun niemand strafend drein,
Die Welt, die will betrogen sein!
Wenn man die Kunst jetzt trieb und lehrte
Und nicht so sehr zur Bosheit kehrte
Und was sonst Schaden bringt der Seel,
Die Moses trieb und Daniel,
So wärs nicht eine böse Kunst,
Sie wäre Ruhmes wert und Gunst.
Jetzt weissagt man, das Vieh werd sterben,
Oder wie Korn und Wein verderben,
Wann es geb Regen oder Schnee,
Wann schön es sei, der Wind wohl weh'.
Die Bauern fragen nach solcher Schrift,
Dieweil es ihren Gewinn betrifft,
Daß sie Korn hinter sich und Wein
Behalten, bis die teurer sei'n.
Als Abraham las in solchem Buche,
In Chaldäa auf der Sternensuche, Vgl. 1. Mose 15.
Entbehrte Licht und Trost er sehr,
Die sandt in Kanaan ihm der Herr.
Mit ernstem Sinn verträgt sichs nicht,
Wenn man von solchen Dingen spricht,
Als wollte man Gott damit zwingen,
Sie so, nicht anders zu vollbringen.
Erloschen ist Gottes Lieb und Gunst,
Drum sucht man jetzt des Teufels Kunst.
Als König Saul verlassen war
Von Gott, rief er des Teufels Schar. rüfft er den tüfel an, vgl. 1. Samuel 28, 5 ff.


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