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55.
Wer der Arzneikunst sich nimmt an
Und doch kein Siechtum heilen kann,
Der ist ein guter Gaukelmann. Der Holzschnitt wurde in der Originalausgabe vertauscht; vgl. Anm. 1 zu Kap. 38.

Von närrischer Arzneikunst

Der geht wohl heim mit andern Narrn,
Wer dem Todkranken beschaut den Harn
Und spricht: »Wart, bis ich dir verkünde,
Was ich in meinen Büchern finde!«
Dieweil er geht zu den Büchern heim,
Fährt der Sieche hin gen Totenheim.
Viel maßen sich der Arztkunst an,
Von denen keiner etwas kann,
Als was das Kräuterbüchlein lehrt
Und man von alten Weibern hört.
Die treiben Kunst, die ist so gut,
Daß sie all Bresten heilen tut,
Und ist kein Unterschied dabei,
Ob jung, alt, Kind, Mann, Frau es sei,
Ob feucht, ob trocken, heiß und kalt. Aufzählung der vier Elemente, die für die Grundlage der vier Temperamente gehalten wurden. Diese spielten in der Arzneikunst bis ins 17. Jh. hinein eine bedeutende Rolle.
Ein Kraut hat solch Kraft und Gewalt,
Gleichwie die Salbe im Alabaster,
Daraus der Scherer macht sein Pflaster
Und alle Wunden heilt damit,
Es sei Geschwür, Stich, Bruch und Schnitt:
Herr Kukulus Lat. cuculus = Kuckuck, Gauch, Narr. verläßt sie nit.
Wer zu der Heilung nur ein Unguent Salbe (lat. unguentum).
Für Augen rot, blind, triefig kennt,
Purgieren will ohn Wasserglas,
Der ist ein Narr, wie Zuohsta Vermutlich der Name eines Quacksalbers jener Zeit. was.
Dem gleichet wohl ein Advokat,
Der in keiner Sache gibt uns Rat;
Ein Beichtvater gleicht dem sicherlich,
Der nicht kann unterrichten sich,
Was denn bei jeder Art von Sünden
Und Übeln Mittel sei'n zu finden, Die geistlichen Bußbestimmungen in den sog. libri poenitentiales waren damals ebenso vielfältig und kasuistisch differenziert wie die juristischen Strafgesetze.
Und ohne Vernunft geht um den Brei.
Durch Narren wird gar mancher verführt,
Der eher verdirbt, als er es spürt.


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