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96.
Der ist ein Narr, der klaget an
Das, was er nicht mehr ändern kann;
Ihn reut auch, daß von ihm geschehn
Dem Gutes, ders nicht kann verstehn.

Schenken und Bereuen

Der ist ein Narr, der schenket Gut
Und es nicht gibt mit frohem Mut
Und dazu sauer und böse sieht,
Daß keinem Liebes damit geschieht;
Denn der verliert wohl Dank wie Gabe,
Wer so bedauert verschenkte Habe.
So ist auch der, der etwas schenkt,
Dabei an Gottes Willen denkt,
Und doch hat Reu und Leid davon,
Wenn Gott ihm nicht gleich gibt den Lohn.
Wer will mit Ehren Geschenke machen,
Der tu's als guter Geselle mit Lachen
Und sprech nicht: »Zwar, ich tu's nicht gern!«
Will er nicht Dank und Lohn entbehrn.
Denn Gott sieht dessen Gab nicht an,
Der nicht mit Freuden schenken kann;
Das Seine mag jeder behalten wohl,
Zum Schenken man niemand zwingen soll;
Allein aus freiem Herzen kommt
Geschenk, das einem jeden frommt.
Der Dank gar selten verlorengeht;
Wenn er zuweilen auch kommt spät,
So pflegt sich alles doch zu schlichten
Und nach der Ordnung einzurichten. So würt es doch gewonlich schlächt (schlicht) / Dann zwen umb eyn / ist faden recht (ist nach der Schnur, wie es sich gehört). Der Ursprung dieser Redensart ist ungeklärt.
Mag einer keinen Dank auch sagen,
So find't man gegen solch Betragen
Bald einen dankbar weisen Mann,
Der alles wohl vergelten kann.
Doch wer vorhält wer schenck verwissen duot: es ist nicht an ein Ablehnen und Zurückweisen des Geschenkes (durch den Beschenkten) gedacht, sondern an ein taktloses Erinnern und Unter-die-Nase-Reiben durch den Schenkenden, dem der dankende Händedruck nicht gut genug war (mhd. verwîzen = vorwerfen, vorhalten). geschenkte Gaben,
Der will den Händedruck nicht haben
Und will nicht warten aufs Vergelten;
Geschenk vorrücken muß man schelten.
Den sieht man über die Achseln an,
Wer seine Wohltat vorhalten kann:
Er selbst gewinnt nicht mehr daran.


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