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siehe Bildunterschrift

Gemeines Springkraut, Impátiens Noli tángere L.

Impátiens noli tángere! Rühre die Empfindliche nicht an! So heißt die Pflanze nach den Schoten, die im Reifezustande bei leisester Berührung aufspringen und die Samen davonschleudern. Die Wände der fünfblättrigen Fruchtkapsel bestehen aus stark gequollenen und straff gespannten Zellschichten, bei denen die leiseste Berührung, das Kitzeln mit einem Grashalm, hinreicht, um sie von einander zu trennen. Sie rollen sich dann vom Grunde nach der Spitze hin schraubenförmig auf und schleudern dem Berührenden die Samen entgegen. Ein Teil derselben mag im Pelz oder Federkleid der Tiere hängen bleiben und nach andern Orten hin verschleppt werden, ein anderer entfernt sich immerhin etwas von der Mutterpflanze und findet vielleicht ein noch unbesetztes Stück Waldboden zur Ansiedelung. Im Vergleiche zur Ausbreitung durch den Wind ist die Schleudervorrichtung freilich nicht als vorzüglich zu bezeichnen. Sie findet sich daher auch nur bei wenigen Pflanzen und zwar meistens bei solchen, die wie das Springkraut an windgeschützten Waldstellen oder kletternd am Waldrande gedeihen, wie die Wald-Platterbse und der Sumpf-Storchschnabel.

Aber auch in anderer Hinsicht ist das Kräutlein Rührmichnichtan interessant. Das ganze Pflänzchen mit dem hellgrünen, an den Gelenken geschwollenen Stengel und den grobgezähnten, eiförmigen Blättern strotzt fast immer von Saft, fängt aber bei etwas anhaltender Dürre leicht an zu welken, da die dünnen, zarten, ausgebreiteten Laubflächen viel Wasser verdunsten. Es besitzt zur Herbeischaffung der nötigen Flüssigkeit auffallend viele und lange schlauchförmige Saugzellen an den Wurzeln und hält sich fast nur an feuchten Waldstellen, schattigen Quellen, Gräben und Flußufern auf. Die citronengelbe, mit rot punktiertem Saftmal versehene Blüte steht im Knospenzustande über der Fläche des rinnigen Laubblattes, aus dessen Achsel sie entsprossen ist. Wenn sie größer wird und ihr Stiel sich verlängert, gleitet dieser neben dem Stiel des Laubblatts abwärts, so daß die Knospe unter das Blatt gelangt. Hier entfaltet die Blüte sich und ist durch die glatte Laubblattfläche, von der die Regentropfen abrollen, gegen Benetzung der Antheren geschützt. Diese springen sofort nach dem Aufblühen der gespornten Blume auf und bilden über der noch unreifen Narbe eine Kappe. Später, wenn der Pollen von Insekten abgeholt ist, lösen sich die Antherenträger ab und die Staubblätter fallen aus der Blüte zu Boden. Nun steht die inzwischen bestäubungsfähig gewordene Narbe frei in der Mitte der Blüte. Als Lockmittel dient der honigführende Sporn.

Neben den großblütigen Stöcken des Springkrauts kommen auch Pflanzen mit kleinen, geschlossen bleibenden und sich selbst bestäubenden (kleistogamen) Blüten vor. Man findet sogar Stöcke, an denen die beiden Blütenarten und als Zwischenform halboffene Blüten mit verkümmerten Blumenkronen vertreten sind. Kleistogam blühende Pflanzen finden sich besonders an offenen, sandigen Stellen. Sät man aber die Samen dieser Pflanzen an schattigen Orten in gute Erde, so zeigen sich schon nach der ersten Aussaat unter den ausgehenden Stöcken auch solche mit großen, geöffneten, gelben Blüten. Die Kleistogamie scheint also eine Anpassung an abweichende Lebensbedingungen zu sein.

Balsaminengewächse, Balsaminaceen. Kl. V. einjährig. Juli, August. H. 0,30 – 0,60 m.

 


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