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Ich will wider mich selbst ein Zeugnis ablegen / will mein Unrecht gestehen / will meine Schwachheit vor dir / o Gott / bekennen. Oft ist es eine Kleinigkeit / die mich mutlos und traurig macht. Jetzt fasse ich den Entschluß / tapfer mich zu wehren wider alles Böse / aber sieh / gleich darauf tritt eine geringe Versuchung heran / und ich bin schon in großer Bedrängnis. Oft ist es ein schlechtes / nichtswürdiges Ding / woraus eine heftige Anfechtung für mich entsteht. Und wenn ich ein wenig mich sicher glaube / so rauscht / ehe ich dessen mich verseh / ein leichter Windstoß daher und wirft mich samt all meiner Sicherheit zu Boden.
So sieh denn / o Herr / auf meine Niedrigkeit und Gebrechlichkeit / die dir noch besser als mir selbst bekannt sind / mit Erbarmung herab. Erbarme dich meiner und reiß mich heraus aus dem Schlamme / daß ich nicht noch tiefer hineinsinke und vollends darin versinke. Ach / das ist es eben / was mich so oft vor deinen Augen zuschanden macht und tief verwundet / daß ich gar so gebrechlich bin / so ohnmächtig / den bösen Neigungen Widerstand zu leisten. Und wenn ich auch dem Anreiz zum Bösen die volle Zustimmung meines Willens versage / so ist es für mich doch lästig und peinlich / daß der Reiz zum Bösen mich immer und immer verfolgt und in die Enge treibt. Es ist doch verdrießlich / täglich in lauter Zank und Streit leben zu müssen mit mir selbst und wider mich selbst. Auch dadurch offenbart sich mir meine Schwachheit / daß die schändlichen Vorstellungen von verbotener Lust viel leichter in meine Einbildungskraft eindringen / als sie daraus sich wieder vertreiben lassen.
Gott Israels / du starker / du heiliger Freund aller Seelen / die mit treuer Liebe dir anhangen! Ach / daß du heruntersähest auf die Arbeiten und Kämpfe deines Knechtes und ihm in allem / was er unternimmt / zur Seite stündest! Salbe mich mit himmlischer Kraft / damit der alte Mensch / das Fleisch / das der Geist noch nicht vollkommen unters Joch gebracht hat / nicht wieder die Oberherrschaft erlange / das Fleisch / gegen das mein Kampf nicht früher aufhören darf / als mein Aufenthalt in diesem Lande des Jammers währt. Was ist doch das für ein Leben / wo es nimmer an Trübsal und Elend fehlt / wo überall Schlingen und Feinde genug auf unsern Untergang lauern? Denn wenn eine Trübsal oder Versuchung fortgeht / so zieht schon wieder eine andere auf den Kampfplatz; und oft / indem wir noch mit einer im heftigen Streit liegen / fallen schon mehrere andere uns heimtückisch in den Rücken / ehe wir dessen uns versehen konnten.
Und wie ist es möglich / ein Leben lieb zu haben / das mit so viel Bitterkeit / Trübsal und Jammer uns überschüttet? Wie kann man auch ein Leben / das so mancherlei Seuchen und Tod und wieder Tod erzeugt / ein Leben nennen? Und doch verlieben so viele Menschen sich in dieses Leben und suchen ihre ganze Freude darin. Zwar fehlt es nicht an Menschen / die die Welt tapfer schmähen / daß sie voll Lug und Trug sei. Allein ihr Herz bleibt doch an der lug- und trugvollen Welt hängen / weil es die herrschenden Lüste des Fleisches so fest daran ketten. Es treibt nämlich etwas anderes sie zur Weltliebe / und wieder etwas anderes zur Weltverachtung. Zur Weltliebe treiben sie Fleischeslust / Augenlust und Hoffart des Lebens. Der Jammer aber und die Strafen / womit die Weltliebe ihre Freunde nach dem Gesetz der Gerechtigkeit züchtigt / treiben sie zum Haß der Welt und zum Überdruß an der Welt. Eine geringe Lust söhnt ein Herz / das im Grunde doch an der Welt hängt / wieder mit der Welt aus / und es findet ein Vergnügen darin / sein Ruhebett wieder über den Dornen zu lagern / weil es die Süßigkeit / die Gott seinen Freunden gewährt / noch nie gekostet und in die innere Schönheit der Tugend noch nie erblickt hat. Die aber die vergänglichen Dinge vollkommen verschmähen und in heiliger Zucht ihrem Gott allein zu leben suchen / diese kennen die innere Süßigkeit des göttlichen Friedens / welcher der wahren Selbstverleugnung verheißen ist / aus Erfahrung / diese sehen es heller als andere ein / wie schrecklich die Täuschungen der Welt und wie mannigfaltig ihre Blendungen sind.