Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Sechzehntes Kapitel.

Gott allein ist unser Trost.

Was immer ich an wahrem / vollständigem Troste wünschen kann / das erwarte ich nicht hier in diesem Leben / sondern in dem kommenden. Hätte ich auch alle Tröstungen dieser Welt / alle Freuden dieses Lebens ganz allein zu genießen / so wüßte ich doch gewiß / daß dieser Genuß keinen Bestand haben könnte. Darum / liebe Seele / kannst du keinen vollständigen Trost / keine vollkommene Erquickung finden außer in Gott allein / der die Armen tröstet und die Demütigen erquickt. Warte noch eine Weile / meine Seele / harre nur noch eine kurze Zeit auf die Erfüllung der göttlichen Verheißungen / und es wird die Fülle aller wahren Güter im Himmel dein sein. Wenn du aber den gegenwärtigen Gütern zu hitzig und mit ungeordneter Liebe nachjagst / so verlierst du die himmlischen und ewigen Güter. Was der Zeit unterworfen ist / das brauche du / was ewig ist / danach strebe du. Es kann doch kein zeitliches Gut dich sättigen; denn sieh / du bist nicht geschaffen / das Zeitliche zu genießen.

Und wenn du alle erschaffenen Güter hättest / so würdest du doch keine volle Ruhe / keine Seligkeit darin finden. Denn in Gott / der alle Dinge erschaffen hat / nur in Gott ist volle Ruhe und die ganze Seligkeit zu finden. Diese Seligkeit ist ganz anders beschaffen als die / welche von den törichten Freunden der Welt gekannt und hoch gerühmt wird. Diese Seligkeit ist eben jene / welche die edeln Freunde Christi erwarten / und wovon nur die reinen Seelen / die nach dem Geiste leben / hie und da einen Vorgeschmack bekommen / indem ihr Wandel im Himmel ist. Alles / was menschlicher Trost heißt / währt nicht lange und ist im Grunde eitel. Wahrer / seliger Trost ist nur der / den wir von der Wahrheit in unserm Innersten empfangen. Wer die wahre Andacht in sich hat / der trägt seinen Tröster / Jesus / immer und überall mit sich umher und spricht zu ihm: Hilf mir / Herr Jesus / an jedem Orte und zu jeder Zeit. Das sei mein Trost / gern allen menschlichen Trost entbehren zu wollen. Und wenn auch deine göttliche Tröstung sich mir entziehen sollte / so sei dein Wille und die gerechte Prüfung / die von deinem Willen kommt / mein höchster Trost. Denn du zürnst nicht immer und drohst nicht ewig.


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