Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Siebzehntes Kapitel.

Von dem Leben der Kloster- und Ordensleute.

Noch in vielen Dingen mußt du deinen Eigensinn brechen lernen / wenn du in Frieden und Eintracht mit andern leben willst. Es ist nichts Kleines / in Klöstern oder andern Gemeinschaften ohne Widerrede und Klage zu leben und darin bis zum Tod auszuhalten / ohne sich selbst untreu zu werden. Wohl dem / der in irgend einem Kloster heilig lebt und sein Leben selig endet! Willst du im Guten festen Fuß fassen und immer vorwärts wandeln / so mußt du dich stets als einen Fremdling / als einen Pilger auf Erden ansehen. Willst du ein gottseliges Leben führen / so mußt du um Christi willen es leiden können / daß man dich für einen Toren halte.

Denn das Ordenskleid und die Tonsur tun es nicht. Aber Sinn und Wandel geändert und alle bösen Neigungen in sich getötet zu haben / das macht den wahren Ordensmann aus. Wer in Klöstern etwas anderes sucht als Gott allein und das Heil seiner Seele / der wird nichts finden als Plage und Herzeleid. Es kann auch mit deinem Frieden keinen Bestand haben / wenn du dich nicht mit der untersten Stelle begnügen und für den Geringsten kannst ansehen lassen.

Zu dienen bist du gekommen / nicht zu herrschen. Überleg es doch einmal / leiden und arbeiten ist dein Beruf / nicht Müßiggang und törichtes Geplauder. Das Klosterleben ist eigentlich ein Glutofen / darin der Mensch / wie das Gold im Feuer / geprüft wird. Wer nicht aus Liebe zu Gott von ganzem Herzen sich demütigen kann / der wird nicht lange darin aushalten.


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