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»Da war die Schweißspur der Schweden und Geaten Bei der Männer Wuthkampf weithin sichtbar, Als da die Fehde die Völker entschieden. Aufbrach der Alte mit den Angehörigen |
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5 | Vieljammernd der biedre, ob eine Burg er fände. Ongentheow eilte, der Earl, der Höhe zu: Er hatte Hygelaks Heersturm erfahren, Der Starken Streitkraft: ihm zu stehn getraut' er nicht, Daß er die Seemänner besiegen könnte |
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10 | Und den Heergängern den Hort verwehren, Die Frau und Söhne. Da floh der Greis Hinter den Erdwall. Ungewinn hatten Die Schwedenleute: der Sieg war Hygelaks. Wieder flohn sie fürder zu friedlichem Felde, |
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15 | Als die Hredlinge ins Gehege drangen. Dort ward Ongentheow, der altergraue, Mit blankem Schwert zum Bleiben gestellt, Daß sich der Volksfürst fügen muste Eofurs Willen. Ingrimmig traf ihn |
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20 | Wulf der Wonreding mit der Waffenschärfe, Daß der Schweiß aus den Adern von dem Schlag ihm sprang Unter den Locken fort. Doch ließ nicht furchtsam Der greise Schilfing: er vergalt schleunig Mit schlimmerm Schlage den schrecklichen Streich. |
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25 | Als sich gegen ihn kehrte der König des Volks, Da konnte der schnelle Sohn des Wonred Nicht entgegen schlagen dem greisen Helden: Der hatt ihm den Helm am Haupt schon gespaltet, Daß er blutbegoßen sich beugen muste |
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30 | Zur Erde stürzend. Doch starb er nicht, Nur schwer verwundet wälzt' er sich am Boden. Da ließ Eofur, Hygelaks beherzter Degen, Die breite Waffe, als sein Bruder lag, Das alte Riesenschwert, ihm den Riesenhelm |
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35 | Ueberm Schildrand brechen: da beugte sich der König Zum Tode getroffen, der Trost seines Volkes. Da fanden sich Viele, die den Freund zu verbinden |
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40 | Dieweil beraubte Ein Recke den andern: Sie nahmen dem Ongentheow die eiserne Brünne, Das harte Hilzschwert und den Helm zumal, Des Haargrauen Heergeräth Hygelak zu bringen. Der empfieng den Schmuck und freundlich verhieß er |
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45 | Den Leuten zu lohnen: das leistet' er so: Jenen Kampfsturm vergalt der Geatenkönig, Hredels Erbe, als er zur Heimat kam Dem Wulf und Eofur mit überreichem Schatz: Die Tapfern lohnt' er mit hunderttausenden Lands |
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50 | Und geflochtner Ringe: kein Vorwurf durfte sie Um die Gabe treffen, die so tüchtig erkämpft war. Dem Eofur gab er die einzige Tochter Zur Heimsteuer, seiner Huld zu Pfande. »Das ist die Fehde, die Feindschaft der Männer, |
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55 | Ihr tödtlicher Haß. Darum trag ich Sorge, Daß mit dem Heer uns hier die Schweden heimsuchen, Wenn sie erfahren, daß unser Fürst und Gebieter Das Leben verließ, der so lange wider Die Haßer behauptet Hort und Reich |
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60 | Und nach der Könige Fall die kühnen Schildinge; Der unser Volksrecht festigte und vielfach noch Eorlschaft übte. »Nun ist Eile gut, |
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65 | Und rasch ihn bringen, der uns die Ringe gab, Zur Scheiterburg. Nicht zu schmelzen braucht Mit dem Kühnen unser Gut: der Kleinode Hort ist da, Unermeßliches Gold: wir entgalten es bitter, Und zuletzt mit dem Leben des lieben Königs |
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70 | Bezahlten wir die Zierden. Die verzehre der Brand, Verhülle die Glut. Die Goldringe trage Kein Mann zur Erinnerung, kein Mägdlein soll sie Am Halse haben zu holder Zierde. Grammüthig wird nun, des Goldes beraubt, |
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75 | Bald mehr als Eine das Elend betreten, Da des Landes Trost das Lachen aufgab, Scherz und Spiel. Mancher Sper wird wohl Frühkalt hinfort mit der Faust umschloßen, In der Hand erhoben. Kein Harfenklang |
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80 | Wird den Weigand wecken, sondern der wilde Rabe Der Gefallnen froh Vieles reden, Dem Adler zu sagen wie ihm die Atzung glückte, Als er mit dem Wolf das Walfeld beraubte.« Also sagte da der schnelle Recke |
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85 | Die leide Märe: er log nicht viel An Wort noch Weise. Das Wehrvolk erhob sich Und eilte unfroh dem Adlerfels zu Mit wallenden Zähren, das Wunder zu schauen. Da sahn sie ihn am Sande der Seele beraubt |
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90 | Auf dem Ruhbett rasten, der Ringe vordem Den Geaten gegeben. Jetzt war der Endetag Dem Kühnen gekommen, der kriegerische Fürst, Der Walter der Wedern wunderbar erlegen. Dort sahen sie auch einen seltsamen Anblick: |
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95 | Den Wurm der Wüste wider ihn gekehrt, Den leiden, liegen. Der Lohdrache war Zu grimmem Graus von Gluten verschwält. Volle funfzig der Füße maß er Auf dem Lager an Länge. Seine Luftwonne hatt er |
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100 | Nächtlich gehalten: nieder dann war er Zur Tenne gesunken; der Tod hielt ihn nun: Er hatte der Erdhöhlen zu Ende genoßen. Neben ihm stunden Näpfe und Krüge, Teller lagen und theure Schwerter |
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105 | Vom Rost durchfreßen, da sie im Felsengrund Tausend der Winter träge gerastet. Es war das Erbe, das überreiche Der Vorzeit-Zierden, mit Zauber gebunden: Untrüglich bestimmten bis zum Tag des Gerichts40, 109–113. Diese Zeilen stehen im Original zwischen 41, 12 und 13; es war sehr gewagt, daß ich ihnen eine andere Stelle angewiesen habe. Schon jetzt erregt mir Bedenken, daß der in ihnen enthaltene Satz im alten Glauben wohlbegründet ist, wonach das Gold den unterweltlichen Mächten gehört, die es sich nicht ungestraft entreißen laßen, wie auch Sigurd nach der Edda den Besitz des Horts mit dem Tode büßt. Doch könnte der letzte Dichter jenen Satz so gewandt haben, daß die Ausnahme, welche die ihm in der neuen Stellung folgenden Zeilen 115 ff. aussprechen, Beowulf zu Gute käme. Denn nach dem Vorausgegangenen nähmen wir doch ungerne an, daß er ein fluchwürdiges, nur durch den Tod zu sühnendes Verbrechen begangen habe, indem er des Hortes willen mit dem Drachen in den Kampf gieng. Mag ihn dieß wirklich bestimmt haben, wie es 37, 48. 9 und 38, 22 angedeutet ist und Beowulf 34, 47 selber sagt, während die andere Auffaßung, wonach es zur Abwehr der Verheerungen des Drachen geschah, einem spätern Dichter gehören wird (vgl. Ztschr. XI. 427): das letzte Motiv steht jetzt einmal im Vordergrund, und wenn, wie nicht unwahrscheinlich, derselbe Dichter, der es erfand, auch die Zeilen 40, 115 ff. dichtete, welche dem mächtigen Gott vorbehalten, seinen Günstlingen den Hort zu erschließen, so müste es verwundern, wenn er unsern Zeilen 109–113 nicht schon selbst die Stellung zugedacht hätte, welche wir ihnen bestimmten. |
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110 | Die hehren Herscher, die den Hort verbergen sahn, Der Mann wäre der Meinthat schuldig, Heilthumsverwiesen, in Höllebanden Zu harten Strafen, der die Schätze raube; Daher an den Ringsaal nicht rühren mochte |
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115 | Der Männer Einer, wenn der mächtige Gott Der wahre Siegkönig, es nicht selber gönnte (Er ist den Menschen hold) den Hort zu erschließen Eben solchem Manne, der gemäß ihn deuchte. |